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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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abgeschoben. Sang- und klanglos, wie eine Kiste mit halbverfaulten Orangen. Tudo acabado! Tudo terminado!“
    „So könnte sich die Sache durchaus abspielen“, gab der Professor zu, „aber Sie haben noch eine zweite Möglichkeit anzubieten? Sonst wären Sie ja nicht hier.“
    „Natürlich. Und diese zweite Möglichkeit hat etwas mit Senhor Tavares und seiner Agentur zu tun.“ Rodrigo Sola setzte sich wieder auf den Stuhl und streckte seine Beine in der weißen Leinenhose in ihrer ganzen Länge von sich. „Sie müssen nämlich wissen, daß diese Agentur nicht nur an fast alle internationalen Zeitungen Pressematerial vermittelt. Sie ist in der ganzen Welt genauso bekannt als Agentur für Publicity jeder Art.“
    „Publicity und Reklame ist so ziemlich das gleiche“, warf der Professor ein, „falls einer der Jungen den Ausdruck nicht kennt.“
    „Kurz und gut“, sagte der Brasilianer in seinem gelben Hemd, „seit gestern abend und besonders natürlich seit heute morgen klingeln bei Senhor Tavares die Telefone. Firmen und Industrien aus allen Himmelsrichtungen fragen nach dem ,blinden Passagier’. Sie wollen ihn unbedingt für ihre Reklame einspannen.“ Rodrigo Sola blinzelte zu Peter Schimmelpfennig hinüber. „Ein vierzehnjähriger Junge, der den Fluggesellschaften durch die Finger rutscht und mutterseelenallein durch die Welt strolcht, rührt die Herzen. Gibt es hier etwas zu trinken?“
    „Anything to drink?“ fragte Jimmy den kaffeebraunen Hotelboy.
    Aber Sergio schüttelte bedauernd den Kopf. „Infelizmente, não tenho nada.“
    „Não tem impotancia!“ meinte Rodrigo Sola und grinste. „Da gibt es eine Fabrik für Kinderspielzeug in San Franzisko. Sie will, daß Herr Schimmelpfennig zu Besuch kommt und sich zusammen mit ihren Artikeln fürs Fernsehen filmen läßt.“ Der schwarzhaarige Brasilianer holte einen Zettel aus der Tasche. „Eine Fahrradfabrik in Frankreich. Eine Firma, die Blue jeans herstellt. Ein Riesenwerk für Schokolade in der Schweiz. Ein Verlag für Jugendbücher. Eine Schallplattenfirma in London.“ Der junge Mann namens Rodrigo Sola steckte den Zettel wieder in seine Hemdtasche zurück. „Sie alle wollen, daß der ,blinde Passagier’ vorerst verschwunden bleibt und erst bei ihnen wieder auftaucht. Mitten unter ihren Fahrrädern oder Schallplatten oder Schokoladetafeln. Natürlich mit Presse, Fernsehen und allem Drum und Dran.“ Herr Sola nahm einen Zug aus seiner Zigarette. „Und das würde bedeuten, daß die Reise irgendwohin weitergeht. Der Ball bliebe also noch eine ganze Weile in der Luft. Auch für dein Abendblatt in Hamburg. Rio wäre dann noch nicht die Endstation. Und an diesem abendblatt liegt dir doch ziemlich viel?“
    Der Brasilianer blickte durch den Rauch seiner Zigarette wieder zu Peter Schimmelpfennig, der immer noch neben dem Professor auf der Bettkante saß.
    „Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, unserem jungen Freund vom Excelsior in groben Zügen zu erklären, worum es geht“, schlug jetzt Jimmys Vater vor, „er hat vermutlich kaum ein Wort verstanden.“
    Und während der Hotelpage Sergio daraufhin von Rodrigo Sola das Wichtigste erfuhr, berieten sich der Professor und Jimmy mit Peter Schimmelpfennig. Sie steckten dabei die Köpfe zusammen und sprachen ziemlich leise.
    „Sie haben doch wohl keine sofortige Entscheidung erwartet?“ fragte der Professor schließlich.
    „Solange er versteckt bleibt und niemand an ihn herankommt, haben wir noch Zeit“, antwortete Rodrigo Sola. „Aber alles ist verloren und vorbei, wenn ihn irgendwelche Reporter hier ausgraben. Dann sind natürlich die Reklameabteilungen dieser Firmen nicht mehr interessiert.“
    „Lassen Sie mir Zeit bis heute abend“, bat Peter Schimmelpfennig.
    „Sagen wir um acht Uhr wieder in der Veloso-Bar?“ schlug der Brasilianer vor.
    „Einverstanden“, sagte Jimmy.
    „Und vielleicht haben Sie bis dahin Ihre Angebote genau fixiert?“ fragte der Professor und kam sich dabei wie ein gerissener Geschäftsmann vor.
    Herr Rodrigo Sola mußte sich wieder seine Augenklappen umbinden und die Sonnenbrille aufsetzen. „Man sollte gewisse Filme und Bücher für die Jugend verbieten“, sagte er dabei, und dann führten ihn die Jungen über die Treppe und durch die Straßen zu seinem verbeulten Straßenkreuzer zurück. Anschließend begleiteten ihn Jimmy und Sergio wieder bis zum Zentrum an der Barata Ribeiro.
    Inzwischen standen der Professor und Peter Schimmelpfennig im Zimmer des

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