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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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bist? Herzchen, das weiß ich. Ich habe dich und deine kleine Freundin dabei ertappt, wie ihr einen Koffer aufgebrochen habt, nicht wahr?« Ihre länglichen, schräg hochgezogenen Augen wurden plötzlich weit. »Oh, hast du etwa wirklich jemanden umgebracht? Das … das ist aber beeindruckend!«
    »Nein! Nein, wir haben niemand umgebracht. Aber wir kannten den Mann, der umgebracht wurde. Wir sind mit ihm gereist. Dieser weißgesichtige Troll und seine Freunde haben ihn auf dem Gewissen.«
    »Beim Inneren Ring!« Poppi Stechapfel wirkte eher begeistert als erschrocken. Sie findet das aufregend, begriff Theo. Für sie ist das alles ein einziger großer Spaß. »Und jetzt wollen sie dich auch umbringen! Und ich habe dich gerettet.«
    »Ja, ja, das hast du. Aber wenn wir mit dem Zug bis zur Stadt weiterfahren, wird uns das nichts mehr nützen. Sie werden dort auf uns warten.«
    »Dann müßt ihr mit zu mir nach Hause kommen!« Sie beugte sich vor. »Wir haben jede Menge Platz. Papa kümmert sich nicht darum, ob ich jemanden mitbringe. Er merkt es nicht einmal, weil er immer irgendwas arbeitet.«
    Toll, dachte Theo, darauf war ich noch gar nicht gekommen. Klar, wir steigen übers Wochenende einfach im Führerhauptquartier ab. Er schaute ratlos Apfelgriebs an.
    »Hm, ja, das ist sehr freundlich, Jungfer«, sagte die kleine Elfe. Man merkte kaum, daß sie mit den Zähnen knirschte. »Aber wenn wir in der Stadt sind, haben wir wichtige Dinge zu erledigen. Es geht um die Sicherheit des Reiches. Und … und …« Ihr Inspirationsstrom versiegte kurz, doch dann floß er gleich wieder. »Und wir möchten dich nicht derartigen Gefahren aussetzen.«
    »Genau«, pflichtete Theo bei. »Wir wollen dich keinen Gefahren aussetzen. Aber wir brauchen deine Hilfe. Weißt du eine Möglichkeit, wie wir in die Stadt kommen, ohne mit dem Zug zu fahren?«
    Poppi Stechapfel betrachtete ihn nunmehr mit einem Interesse, das über das rein Fleischliche hinausging und fast so etwas wie aufrichtige Faszination war. »O ja«, sagte sie. »Selbstverständlich. Wir können eine Kutsche mieten. Ich habe nicht viel Bargeld bei mir, aber ein dickes Schatzkonto.« Sie hatte ihren letzten Flügelstutzer noch nicht angerührt. Jetzt schob sie ihn beiseite, um ihre kleine schwarze Handtasche auf den Tisch zu legen und darin herumzuwühlen. »Ich habe sogar einen Fahrplan – hier!« Sie zog ein kleines durchscheinendes Rechteck heraus, das der Fahrkarte sehr ähnlich sah, mit der sie Theo zuvor aus der Patsche geholfen hatte. »Oh, wir haben Glück, Sternenlicht liegt derzeit in Hasel. Sonst hätten wir bis Trompetenwindheim weiterfahren müssen.«
    »Das würdest du für uns tun?«
    »Natürlich.« Sie lächelte selig. »Ach, ich sollte mich was schämen! Ich benehme mich wie ein dummes Schulmädchen, und dabei ist dein Freund gerade ums Leben gekommen.« Sie bemühte sich, traurig dreinzuschauen – mit mäßigem Erfolg. »Wie hieß er?«
    Theo zögerte, und Apfelgriebs sprang ein. »Rufinus Kegel-Chrysantheme, Jungfer. Ich nehme an, es wird in den Nachrichten kommen. Er war Theos … Vetter.«
    »Ein seltsamer Name … Theo, meine ich. Ist das die Kurzform von Theodorus oder Theolian oder sonst etwas?«
    »Theodorus, Jungfer«, antwortete Apfelgriebs mit unbewegter Miene. »Theodorus Kegel-Chrysantheme.« Sie beugte sich vor, nachdem sie einen kurzen mitleidigen Blick auf Theo geworfen hatte. »Arm wie eine Kirchenmaus«, wisperte sie vertraulich, »der ganze Zweig der Familie.«
    »Oh«, sagte Poppi. Ihre violetten Augen wichen nicht von Theo. »Tapfer, klug und arm. Wie wunderbar!«
     
    W ährend der Zug durch die Außenbezirke einer offenbar recht ausgedehnten Ortschaft fuhr, gingen sie in Poppis Abteil zurück und zogen wohlweislich die Vorhänge zu. Nach der Einfahrt im Bahnhof warteten sie ein paar Minuten, die Theo jedoch viel länger vorkamen. Als der Schaffner schließlich zum Einsteigen rief, schickten sie Apfelgriebs als Späherin vor und begaben sich dann eilig zum Ende des Wagens – jedenfalls so eilig, wie das mit Poppi Stechapfels ganzem Gepäck möglich war.
    »Ich kann es nicht fassen, daß du keinen Gepäckträger gerufen hast«, meinte sie zu Theo.
    »Der Feuchtling ist nirgends zu sehen«, verkündete Apfelgriebs.
    Sie mischten sich in das Getümmel auf dem Bahnsteig, als gerade die Türen zugingen und der Zug wieder anfuhr. Theo blickte auf und sah im Vorbeihuschen ein weißes, maskenhaftes Gesicht, das sich an das Fenster eines

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