Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
Freiburg. Er meinte, die Flasche befände sich in derart schlechtem Zustand, weil sich der vorherige Besitzer nicht um sie gekümmert hat.«
Pépé zuckte die Achseln. »Das halte ich für durchaus plausibel. Bis vor kurzem haben viele Wein produzierende Châteaus kein Buch darüber geführt, wohin ihre Weine verkauft wurden, und sie haben auch nicht ihre Arbeitsweise modernisiert wie ihr Amerikaner. Vergiss nicht, bis in die 50er Jahre haben einige Weingüter zum Pflügen noch Rinder eingesetzt.«
Er machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen.
»Woher auch immer die Flasche stammen mag«, sagte er, »es ist eine außergewöhnliche Spende, selbst wenn der Wein umgekippt sein sollte. Derjenige, der sie ersteht, wird eine Erinnerungsflasche besitzen, die in Verbindung mit zwei eurer berühmtesten Gründungsväter steht. Ihr Wert ist unschätzbar.«
»Eine Erinnerungsflasche«, sagte ich. »Den Ausdruck habe ich noch nie gehört.«
»Seit dem Jahr, in dem wir geheiratet haben, tranken deine Großmutter und ich an jedem Hochzeitstag eine Flasche Clos du Vougeot. Den gab es damals bei unserem Hochzeitsempfang. Wir nannten es unsere Erinnerungsflasche.«
»Das hast du uns nie erzählt«, sagte Dominique.
»Ich finde es sehr romantisch«, sagte ich.
»Das war es.« Pépé lächelte. »Und natürlich gibt es eine starke Verbindung zwischen Wein und Erinnerungen. Ich bin sicher, ihr beide wisst das. Der größte Teil dessen, was der Mensch im Wein zu schmecken glaubt, ist in Wirklichkeit das, was er riecht. Weil Geruch der stärkste unserer fünf Sinne ist, kann er eine Erinnerung auslösen, die wir auf andere Weise kaum erleben würden.« Er hob sein Weinglas. »Wer weiß, wann wir wieder zusammenkommen werden, mes enfants ? Ich finde, wir sollten heute Abend unsere eigene Erinnerungsflasche trinken.«
Wir stießen miteinander an. Ich trank, doch ich hatte einen Kloß im Hals. Dominique wischte etwas aus ihrem Augenwinkel. Obwohl er gesund und munter schien, wusste ich, dass dies die vornehme Art meines Großvaters gewesen war, uns daran zu erinnern, dass er nicht immer bei uns bleiben würde.
Ich schloss die Augen und atmete den Geruch meines Weins in dem Wunsch ein, mir eine besondere Erinnerung an diesen Abend zu verschaffen. Als ich die Augen öffnete, sah ich, dass Dominique dasselbe tat. Unsere Blicke trafen sich.
Aus ihrem sprachen genau wie aus meinem Nostalgie und Melancholie.
Als wir nach Hause kamen, ging Pépé sofort ins Bett. Ich hatte ihm das Zimmer gegeben, in dem Dominique gewohnt hatte, als sie sich nach dem Tod meiner Mutter um Mia gekümmert hatte. Nach dem Brand hatte ich die Rechauds mit den Ausmaßen eines Swimmingpools, die Kaffeemaschinen für sechzig Tassen und die türgroßen Servierplatten entfernt, die Dominique dort für ihr Catering-Unternehmen gelagert hatte, und den Raum in ein richtiges Gästezimmer verwandelt.
Das Jefferson-Tagebuch lag offen auf meinem Nachttisch neben Valeries Buch. Ich nahm es und blätterte durch das Vorwort, das sich mit Jeffersons Reise zu Weingütern in Frankreich, Italien und Deutschland beschäftigte sowie einem kurzen Ausflug nach Holland, wobei erklärt wurde, dass seine Reise sowohl dazu diente, seine unersättliche Neugier gegenüber allem zu befriedigen, als auch seiner lebenslangen Leidenschaft für Wein nachzugehen.
Das Tagebuch selbst war eine nahezu enzyklopädische Aufreihung all dessen, was Jefferson sah und tat. Ich wechselte zu dem Abschnitt über Bordeaux. Vom 24. bis 28. Mai 1787 hatte er fünf Tage in der Region verbracht, nachdem er zuvor durch Italien gereist war. Mittlerweile war er auf dem Rückweg nach Paris und fasste die erste seiner beiden Reisen zusammen.
Jefferson schrieb über die Landschaft in Bordeaux und nannte vier Weingüter der Region, die seiner Meinung nach erstklassig waren – Château Haut-Brion, Château Latour, Château Lafite und Château Margaux. Mehr als zweihundert Jahre später war klar, dass Jefferson sein Metier kannte. 1855 führten die Franzosen auf Drängen von Napoleon III. ein Klassifizierungssystem für französischen Wein ein, das noch heute benutzt wird. Die vier Weingüter, die Jefferson in seinem Tagebuch auflistete, wurden mit dem Status eines Premier cru ausgezeichnet, was sie zu Frankreichs Topweinen machte.
Jeffersons letzter Eintrag über Bordeaux handelte von Weinhändlern. Nachdem er die führenden englischen und französischen Händler aufgezählt hatte, schrieb er:
Desgrands,
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