Der Botschafter
die Tatsache, daß mir scheißegal sein kann, was die Geldleute sagen.«
»Was ist mit dem Bestätigungsverfahren?«
»Entschuldigen Sie meinen Kalauer, aber da rauschen Sie mit vollen Segeln durch.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher. Der Senat hat sich seit unserem Ausscheiden ziemlich verändert. Ihre Partei hat eine Horde Jungtürken hineingeschickt, und ich habe den Eindruck, daß sie vorhaben, das Kapital niederzubrennen.«
»Die Jungtürken können Sie mir überlassen.«
»Ich will nicht, daß sie mich in die Mangel nehmen, nur weil ich ein paarmal gekifft habe. Gott, ich bin in den sechziger und siebziger Jahren Universitätsprofessor in New York City gewesen. Da hat jeder gekifft.«
»Ich nicht.«
»Na ja, das erklärt vieles.«
Beckwith lachte. »Mit dem führenden Republikaner im Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten spreche ich persönlich. Ich erkläre ihm klipp und klar, daß ich für Ihre Nominierung die rückhaltlose Zustimmung der Republikaner erwarte. Und die ist Ihnen sicher.«
Cannon tat so, als lasse er sich die Sache sorgfältig durch den Kopf gehen, aber beide Männer wußten, daß er sich längst entschieden hatte. »Ich brauche Bedenkzeit. Ich muß erst mit Elizabeth und Michael reden. Ich habe zwei Enkelkinder. In meinem Alter ist ein Umzug nach London nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen könnte.«
»Lassen Sie sich soviel Zeit, wie Sie brauchen, Douglas.«
Cannon sah sich nach der kleinen Flotte von Booten um, die ihnen über die Gardiners Bay folgte. »Den Küstenwachkutter hätte ich vor ein paar Jahren brauchen können.«
»Ah, ganz recht«, sagte der Präsident. »Ich habe von Ihrer kleinen Havarie vor dem Leuchtturm Montauk gelesen. Wie ein Segler mit Ihrer Erfahrung von schlechtem Wetter überrascht werden konnte, ist mir unbegreiflich.«
»Das ist ein plötzlich aufkommendes Gewitter gewesen!«
»Plötzlich aufkommende Gewitter gibt's nicht. Sie hätten den Himmel beobachten und den Wetterbericht hören sollen. Wo haben Sie überhaupt segeln gelernt?«
»Ich habe den Himmel beobachtet. Das ist eine Böenfront aus heiterem Himmel gewesen.«
»Böenfront, daß ich nicht lache!« sagte der Präsident. »Muß an dem vielen Gras gelegen haben, das Sie in den Sechzigern geraucht haben.«
Beide Männer lachten schallend.
»Ich denke, wir sollten jetzt umkehren«, sagte Cannon. »Klar zum Halsen, Mr. President.«
»Er will, daß ich nach London gehe und Edward Hathaway als Botschafter ablöse«, verkündete Cannon, als er mit einer staubigen Flasche Bordeaux aus dem Weinkeller heraufkam.
Der Präsident und die First Lady waren wieder fort; die Kinder schliefen oben. Michael und Elizabeth saßen gemütlich auf den Couches am Kaminfeuer. Cannon entkorkte die Flasche und schenkte drei Gläser ein.
»Was hast du ihm geantwortet?« fragte Elizabeth.
»Ich habe ihm erklärt, daß ich die Sache mit meiner Familie besprechen muß.«
»Warum du?« erkundigte Michael sich. »James Beckwith und Douglas Cannon sind nie dicke Freunde gewesen.«
Cannon wiederholte die Gründe, die der Präsident angeführt hatte. »Beckwith ha t recht«, meinte Michael. »Du hast alle Seiten wegen ihres Verhaltens angeprangert - die IRA, die paramilitärischen Gruppen der Protestanten und die Briten. Außerdem wirst du als ehemaliger Senator respektiert. Damit bist du im Augenblick der ideale Mann als Vertreter Amerikas am Hof von St. James.«
Elizabeth runzelte die Stirn. »Andererseits ist Daddy auch einundsiebzig, lebt im Ruhestand und hat gerade zwei Enkel bekommen. Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um nach London zu verschwinden und Botschafter zu spielen.«
»Dem Präsidenten kann man nichts abschlagen«, sagte Cannon.
»Das hätte der Präsident bedenken sollen, bevor er dich gefragt hat«, sagte Elizabeth. »Außerdem ist London immer ein politischer Posten gewesen. Soll Beckwith ihn doch mit einem seiner großen Geldgeber besetzen.«
»Blair hat Beckwith gebeten, diesmal keine parteipolitische Wahl zu treffen. Er will einen Berufsdiplomaten oder einen Politiker von Statur - wie deinen Vater«, sagte Cannon etwas in die Defensive gedrängt.
Er trat ans Kaminfeuer und stocherte mit dem Schürhaken in der Glut herum.
»Du hast recht, Elizabeth«, sagte er, während er in die Flammen starrte. »Ich bin einundsiebzig und wahrscheinlich zu alt, um eine so anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen. Aber mein Präsident hat mich darum gebeten, und ich will sie
Weitere Kostenlose Bücher