Der Bourne Betrug
al-Jamil blickte von einem Gesicht zum anderen. Er sah kein Stirnrunzeln, kein ablehnendes Kopfschütteln, keine heimlichen Blicke zwischen den sieben.
»Drittens: Wir müssen â und das ist vielleicht am wichtigsten  â Ordnung im eigenen Haus schaffen«, fuhr er fort. »Ich kann die Gerüchte bestätigen, dass der Alte von Verteidigungsminister Halliday und Luther LaValle, seinem Lakaien im Pentagon, angegriffen worden ist. Halliday wusste von dem Maulwurf bei uns, und er wusste auch von dem Virus auf unseren Computern. Ãbrigens hat sich rausgestellt, dass auch der verstorbene Matthew Lerner für Halliday gearbeitet hat.«
Bei den anderen erregte diese Mitteilung einiges Aufsehen. Karim al-Jamil hob seine Hände mit nach vorn gekehrten Handflächen. »Ich weiÃ, ich weiÃ, wir alle haben die Turbulenzen gespürt, die Lerners Versuch, die CI umzuorganisieren, ausgelöst hat. Und jetzt ist klar, weshalb diese Veränderungen uns so fremdartig erschienen sind â sie wurden von Halliday und seinen Schergen in der NSA gefordert.
Lerner ist jetzt tot. Was der Minister an geheimem Einfluss bei uns gehabt haben mag, ist damit eliminiert. Nachdem der Maulwurf erledigt ist, können wir endlich in Angriff nehmen, was wir schon vor Jahren hätten angehen sollen. Wir müssen die CI zu einem Dienst machen, der besser als jeder dafür qualifiziert ist, Krieg gegen den weltweiten Terrorismus zu führen.
Deshalb schlage ich als Erstes vor, die hoch qualifizierten Araber und Muslime wieder einzustellen, die nach dem
11. September von allen möglichen US-Dienststellen geschasst wurden. Wollen wir diesen neuen Krieg gewinnen, müssen wir die Terroristen verstehen, die eine vielfältig strukturierte Allianz gegen uns bilden. Wir müssen aufhören, Araber mit Muslimen, Saudis mit Syrern, Aserbeidschaner mit Afghanen, Sunniten mit Schiiten zu verwechseln.«
»Da kann man kaum widersprechen«, meinte Symes.
»Trotzdem können wir noch über Robs Vorschlag abstimmen«, sagte Karim al-Jamil aalglatt.
Nun sahen alle zum Chef der Operationsabteilung hinüber.
»Nicht nötig«, wehrte Batt ab. »Ich ziehe meinen Vorschlag zugunsten von Martins zurück.«
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Auf dem Boden des Hubschraubers saà Bourne dem saudi-arabischen Arzt mit seiner groÃen, schwarzen Tasche gegenüber. Zwischen ihnen lag der blutige Leib von Martin Lindros. Der Arzt hatte Martin an einen Tropf gehängt und verabreichte ihm weiter intravenös ein Schmerzmittel.
»Mehr befürchte ich, kann ich nicht mehr tun«, hatte der Arzt gesagt, als der Hubschrauber Miran Schah hinter sich lieÃ, »als die Schmerzen so gut wie möglich zu lindern.«
Bourne starrte auf Lindrosâ ruiniertes Gesicht hinunter und versuchte sich vorzustellen, wie sein Freund früher ausgesehen hatte. Aber das gelang ihm nicht ganz. Die Kugel aus Fadis 11,4-mm-Pistole hatte seine rechte Gesichtshälfte gestreift, die Augenhöhle aufgerissen und den Knochen unter seiner Augenbraue zertrümmert. Dem Arzt war es gelungen, die Blutung zum Stillstand zu bringen, aber weil dieser Schuss aus nächster Nähe abgefeuert worden war, waren die Schäden so schwer, dass Martins lebenswichtige Organe nacheinander die Arbeit einstellten. Nach Auskunft des Arztes war dieser Kaskadeneffekt so weit fortgeschritten, dass jeder Versuch, das Leben des Verletzten zu retten, zwecklos war.
Gegenwärtig war Martin in unruhigen Halbschlaf verfallen. Während Bourne ihn beobachtete, empfand er eine Mischung aus Wut und Verzweiflung. Wieso war das Martin zugestoÃen? Warum konnte er ihn nicht am Leben erhalten? Er wusste, dass seine Verzweiflung eine Folge seiner Hilflosigkeit war â wie damals, als er Marie zum letzten Mal gesehen hatte. Hilflosigkeit war das eine Gefühl, das Bourne nicht ertrug. Es setzte ihm zu, bohrte sich in seine Psyche, glich einer juckenden Stelle, die er nicht kratzen konnte, einer höhnischen Stimme, die er nicht zum Schweigen brachte.
Jetzt wandte Bourne sich mit gutturalem Knurren ab. Inzwischen waren sie weit genug aus den Bergen heraus, deshalb klappte er sein Mobiltelefon auf und versuchte, Soraya anzurufen.
Ihr Handy klingelte, was ein gutes Zeichen war. Aber sie meldete sich wieder nicht, was keines war. Diesmal hinterlieà er auf ihrer Mailbox eine Nachricht, in der von Odessa die Rede war. AuÃer Soraya selbst
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