Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
ein bisschen unempfindlicher gemacht, bis er am Ende nichts mehr spürte und nichts anderes mehr tun konnte, als im Dunkeln einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es gab keinen Ausweg für ihn, und Rebekka wusste das. Deshalb hatte sie von einer sonnigen Insel gesprochen. Doch es kam für ihn nicht infrage, die Dunkelheit zu verlassen. Er hatte so viele Jahre in dunklen Labyrinthen zugebracht, dass ihn das Sonnenlicht nur blenden würde. Und diese Erkenntnis hatte sie traurig und melancholisch gemacht. Vielleicht hatte sie sich selbst in ihm wiedererkannt. Oder sie wünschte sich im Gegensatz zu ihm wirklich, auszubrechen und irgendwo neu anzufangen.
»Wir sollten uns wieder hinsetzen«, schlug er vor.
Sie nickte zerstreut. Sie verließen die Toilette und kehrten zu ihren Plätzen zurück. Da sah er Ilan Halevy, den Hut tief ins Gesicht gezogen, in der letzten Reihe der ersten Klasse. Der Babylonier blickte kurz von seiner Financial Times auf, ein grimmiges Lächeln im Gesicht.
14
»Wieso kann ich nicht zu ihr?«
»Sie ist kollabiert, Charles.« Delia schob Thorne mit sanftem Nachdruck aus dem Aufwachraum.
Bestürzt stand er da und sah den Ärzten und Schwestern nach, die an ihm vorbeieilten. Sein Mund war halb geöffnet, und er schien kaum noch atmen zu können. »Was ist passiert, Delia?«
»Ich weiß es nicht.«
»Du warst bei ihr.« Sein ruheloser Blick fixierte sie. »Du musst doch irgendwas wissen.«
»Wir haben geredet, auf einmal ist sie kollabiert. Mehr weiß ich auch nicht.«
»Das Baby.« Er leckte sich über die trockenen Lippen. »Was ist mit dem Baby?«
Delia zuckte zurück. »Ah, jetzt verstehe ich.«
»Wie meinst du das?«
»Warum du hier bist. Jetzt ist mir alles klar. Das Baby macht dir Sorgen.«
Thorne wirkte verwirrt – oder war er erschrocken? »Wovon redest du …?«
»Wenn das Baby stirbt, bist du alle Sorgen los.«
»Was zum Teufel …?«
»Wenn das Baby stirbt, hast du kein Problem mit Ann, stimmt’s? Du brauchst nichts zu erklären, so als hätte das Baby nie existiert. Deine Affäre mit Soraya ist nur noch eine ferne Erinnerung, und du brauchst nicht mehr zu befürchten, von den Medien und Bloggern verfolgt zu werden, die sich auf solche Geschichten stürzen.«
»Du bist verrückt, weißt du das? Soraya ist mir wirklich wichtig. Warum kannst du das nicht akzeptieren?«
»Weil du ein zynischer, egoistischer Mistkerl bist.«
Thorne holte tief Luft und sammelte sich. Er kniff die Augen zusammen. »Und ich hab gedacht, wir könnten Freunde sein.«
»Du dachtest, du kannst mich für deine Zwecke benutzen.« Mit einem harten Lachen fügte sie hinzu: »Scher dich zum Teufel.«
Delia kehrte ihm den Rücken zu, um mit Dr. Santiago zu sprechen, der gerade aus Sorayas Zimmer kam.
»Wie geht’s ihr?«
»Stabil«, sagte Dr. Santiago. »Wir verlegen sie auf die Intensivstation.«
Delia spürte, dass Thorne hinter ihr stand. Sie konnte ihn fast lauschen hören. »Was ist passiert?«, fragte sie.
»Eine leichte Verstopfung an der operierten Stelle. So etwas kommt manchmal vor. Das Problem ist behoben, sie bekommt ein niedrig dosiertes Blutverdünnungsmittel. Wir setzen es so bald wie möglich ab.«
»Für das Baby ist das wahrscheinlich nicht so gut.«
»Miss Moore ist unsere vorrangige Patientin, ihr Leben hat Vorrang. Außerdem hat der Fötus …«
»Ihr Baby«, sagte Delia.
Dr. Santiago betrachtete sie einen Moment lang mit einem rätselhaften Ausdruck. »Ja. Entschuldigen Sie mich.«
Bestürzt sah ihm Delia nach, als er auf dem Gang verschwand.
Thorne seufzte. »Nachdem du so klar gesagt hast, was du denkst, will ich auch ganz offen mit dir reden.«
»Das kannst du dir schenken, es interessiert mich nicht.«
»Ich frage mich, ob Amy das genauso sieht.«
Delia wirbelte zu ihm herum. »Was hast du gesagt?«
»Du hast mich schon richtig verstanden.« Der herausfordernde Ton war nicht zu überhören. »Ich habe Abschriften der Voicemail-Nachrichten, die du mit Amy Brandt ausgetauscht hast.«
»Was?«
»Überrascht? Das ist nicht schwer zu hacken. Wir haben da ein Programm, das die ID eines Anrufers imitiert. So kriegen wir Zugang zu deinem Handy – zu jedem Handy, das uns interessiert.«
»Du hast …«
»Jede Nachricht, die du mit Amy ausgetauscht hast.« Er konnte sich ein höhnisches Grinsen nicht verkneifen. »Manche sind echt heiß.«
Sie schlug ihm so kräftig ins Gesicht, dass er zurückwippte.
»Du schlägst zu wie ein Kerl, weißt du
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