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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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ist nur ’n Job, okay? Aber mein Geschenk hier, damit bin ich wirklich nett. Ich sag dir, was, oder besser, wer dein Geschenk ist. Ja, wer. Wer.«
    »Wer?« Wir hörten uns fast wie ein Krähenschwarm an. »Wer ist es?«
    »Marlene.«
    »Deine Frau heißt Marlene, oder nicht?«
    »So ist es. Wenn du sie haben willst, gehört sie dir. Sie ist scharf auf dich.«
    »Auf mich? Ehrlich?«
    »Ja.«
    »Sie ist scharf auf mich? Weshalb denn?«
    »Sie meint, du wärst die Art unschuldiger Junge, hinter der Andrö Gide hergewesen ist. Und ich nehme an, da Gide nicht mehr lebt, wirst du wohl mit ihr vorliebnehmen müssen.«
    Ich fühlte mich nicht geschmeichelt.
    »Matthew«, sagte ich, »ich habe mich in meinem Leben noch nie so geschmeichelt gefühlt. Es ist einfach unglaublich.«
    »Ja?« Er lächelte mich an. »Von Freund zu Freund. Ein Geschenk. Ein Zeichen meiner Zuneigung.«
    Ich wollte nicht undankbar erscheinen, doch ich wußte, daß es dabei nicht bleiben konnte: Das dicke Ende kam erst noch. Andererseits würde es nicht besonders gut aussehen, wenn ich Pykes Geschenk einfach ablehnte. Schauspieler auf der ganzen Welt hätten ihren rechten Arm hergegeben, um nur einmal fünf Minuten mit Pyke sprechen zu können, und hier saß ich und wurde aufgefordert, seine Frau zu vögeln. Ich wußte, welche Auszeichnung das war. Und ich wußte die Qualität seines Angebots zu schätzen. Ich war sehr dankbar, wirklich. Aber ich mußte verdammt vorsichtig sein. Gleichzeitig fand etwas in mir - mein Schwanz, um genau zu sein - dieses Angebot durchaus attraktiv.
    Schließlich sagte ich: »Du mußt wissen, Matthew, daß ich mit Eleanor zusammen bin. Sie bedeutet mir sehr viel. Und ich ihr auch, glaube ich.«
    »Sicher, ich weiß das, Karim. Ich habe Eleanor gesagt, sie soll sich an dich ranmachen.«
    »Ach ja?«
    Er blickte zu mir rüber und nickte.
    »Danke«, sagte ich.
    »Bitte, bitte. Du tust ihr gut. Du beruhigst sie. Sie war lange ziemlich deprimiert, nachdem sich ihr letzter Freund auf so grausame Art abgeseilt hatte.«
    »Ehrlich?«
    »Wärst du’s nicht gewesen?«
    »Ja, Mann, ich glaub schon.«
    »Einfach grauenhaft«, sagte er. »Und was für ein toller Typ er war.«
    »Ich weiß.«
    »Hübsch, talentiert, charmant. Kanntest du ihn?« fragte er. »Nein.«
    »Ich freue mich, daß ihr beiden zusammen seid«, sagte Pyke und lächelte mich an.
    Diese Neuigkeiten über Eleanor machten mich fertig. Ich ließ mir durch den Kopf gehen, was Pyke gerade gesagt hatte, und versuchte es mit dem in Einklang zu bringen, was Eleanor mir von ihrer Vergangenheit erzählt hatte, und was ich von ihr wußte. Hatte sich ihr letzter Freund auf irgendeine entsetzliche Weise umgebracht? Wie genau? Wann war das? Warum hatte sie mir nichts davon gesagt? Warum hatte mir keiner der anderen etwas davon gesagt? Was ging hier vor? Ich wollte Pyke danach fragen, aber dazu war es jetzt zu spät. Pyke würde mich für einen Idioten halten, weil ich ihn angelogen hatte.
    Pyke redete und redete, aber ich hörte nur noch mit halbem Ohr zu. Wir standen mit dem Wagen vor der Underground-Station West Kensington. In Scharen strömten die Pendler aus dem Ausgang und rannten buchstäblich nach Hause. Pyke schrieb etwas in sein Notizbuch.
    »Komm am Samstag mit Eleanor zu Besuch. Wir haben ein paar Leute zum Abendessen eingeladen, es wäre schön, wenn ihr beide kommen würdet. Ich bin mir sicher, daß wir viel miteinander anfangen können.«
    »Bestimmt«, sagte ich.
    Ich kämpfte mich aus dem Wagen, Pykes Adresse in der Hand.
    Als ich nach Hause kam - seit Ted mit der Arbeit angefangen hatte, sah die Wohnung wie ein Bauplatz aus - saß Dad da und schrieb: Er arbeitete an einem Buch über seine Kindheit in Indien. Später am Abend würde er noch eine Meditationsstunde in einem Saal nicht weit von unserer Wohnung abhalten. Eva war nicht da. Manchmal fürchtete ich mich regelrecht davor, Dad zu sehen. Wenn man nicht in der richtigen Stimmung oder nicht in der Lage war, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen, dann konnte er einen mit seinen Eigenheiten ziemlich fertigmachen. Dann kniff er dir in die Wangen oder in die Nase und glaubte, das sei die lustigste Sache der Welt. Oder er zog sich den Pullover hoch und schlug auf dem nackten Bauch eine Melodie und wollte, daß man erriet, ob es sich um »Land of Hope and Glory« oder »The Mighty Quinn« in der Version von Manfred Mann handle. Ich könnte schwören, daß er seine aufgedunsene Wampe mindestens fünfmal am Tag

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