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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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man nur abends und nicht etwa zur Arbeit trug -, diese Frisur war zum Irokesenschnitt weiterentwickelt worden. Man trug jetzt auf den ansonsten rasierten Schädeln steife Regenbögen in den abartigsten Farben. Den schwarzen Kids wuchsen Dreadlocks bis auf die Schultern, sie hatten Turnschuhe an und hielten Spazierstöcke in der Hand. Die Frauen trugen Hosen, die bis kurz über die Knöchel gingen, die Typen schwarze Sado-Hosen mit Schlag, Koppelschloß und Reißverschlüssen. In der Gegend gab es unglaublich viele Pinten, besetzte Häuser, Lesben-Bars, Schwulen-Kneipen, Drogenkneipen, Selbsthilfegruppen, Beratungszentren und Büros der verschiedenen radikal-politischen Organisationen. Trotzdem war nicht viel los; massenhaft Typen hingen herum und fragten mich, ob ich schwarzes Hasch wollte; ich wollte schon, aber nicht von ihnen.
    Die Haustür stand offen. Die Schlösser waren herausgeschlagen worden. Ich ging direkt nach oben und überraschte Terry bei einer seltsamen Beschäftigung: Er war in Shorts und T-Shirt, barfuß, und machte seltsame Verrenkungen in einem breiten, gepolsterten Sessel vor dem großen Fenster. Er stemmte eine Hantel, stand auf und setzte sich, stand auf und setzte sich, und konzentrierte sich dabei auf ein Rugbyspiel, das über einen Schwarzweißfernseher flimmerte. Er sah mich überrascht an. Ich suchte nach einer Sitzgelegenheit, einem Stuhl, der noch alle Beine hatte, oder einem Kissen ohne Flecken. Es war eine dreckige Bleibe, und dabei war Terry ein gutverdienender Schauspieler. Bevor ich mich hinsetzen konnte, griff er nach mir und umarmte mich. Er roch gut, nach Schweiß.
    »Hey, du bist’s. Tauchst hier einfach so auf. Wo bist du gewesen?«
    »Wachtmeister Monty«, sagte ich.
    »Wo warst du, Karim? Sag’s mir, wo?«
    »Geld für dich auftreiben.«
    »Was, ehrlich?« sagte Terry. »Soll ich dir das vielleicht glauben?«
    »Du hast es doch so gewollt.«
    »Ja, schon, aber -« Er rollte mit den Augen.
    »Du hast es verlangt. Du hast es mir verdammt noch mal befohlen. Oder vielleicht nicht? Soll das etwa heißen, du kannst dich nicht einmal daran erinnern?«
    »Erinnern? Wie könnte ich den verfluchten Abend vergessen, Karim? Dieses ganze Geld, die Intellektuellen. Diese Klugscheißer. Diese pompösen Mösen. Scheiß drauf. Ein naives Kerlchen wie mich kann das ganz schön durcheinanderbringen.«
    »Sag nicht so was«, spottete ich.
    Er fuchtelte mit den Händen herum und blies die Backen auf. »Aber ich bild mir nicht sehr viel darauf ein.«
    Er machte uns einen Tee, aber es war Tee aus Teebeuteln und die Tasse nicht sauber ausgespült. Ich stellte sie zur Seite und gab ihm Pykes Scheck. Er warf einen Blick darauf und sah mich an. »Verdammt gute Arbeit. Ich dachte, du machst nur Spaß. Fantastisch. Gut gemacht. Kumpel.«
    »Ich brauchte ihn nur zu fragen. Du weißt ja, wie diese Liberalen sind.«
    »Yeah, sie können sich’s leisten, diese Drecksäcke.« Er steckte sich den Scheck in die Tasche. »Hör zu, es gibt ein paar andere Dinge, die du jetzt für die Partei erledigen könntest.«
    Ich sagte: »Ich gehe mit Pyke nach Amerika.«
    »Scheiß drauf. Warum?« Es tat gut, Terry einmal wieder hitzig und aufgeregt zu sehen. »Dieses Land hier ist das Land, um das es geht. Es liegt am Boden. Das siehst du doch, oder nicht?«
    »Klar.«
    »Callaghan wird’s nicht mehr lange machen. Dann sind wir dran.«
    »Amerika ist okay.«
    »Logo. Großartig.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Komm schon.« Ich spürte, daß er mich berühren wollte. Oder küssen. Er sagte: »Ist bloß ein faschistisches, imperialistisches, rassistisches Scheißhaus.«
    »Yeah?«
    »Bestimmt -«
    Ich sagte: »Manchmal kotzt mich deine Unwissenheit einfach an. Deine gottverdammte Blindheit. Amerika. Was glaubst du denn, woher die militante Schwulenbewegung kommt?« Das war vielleicht nicht besonders geschickt. Ich dachte einen Augenblick lang nach. Noch hörte er mir zu, hielt seinen Spott zurück. »Frauenbewegung. Die schwarze Revolution. Warum redest du bloß so einen Scheiß, wenn du von Amerika sprichst, Terry? Das ist idiotisch! Verdammt noch mal!«
    »Schrei mich nicht an. Was ich sagen will? Ich will sagen, daß ich dich vermisse, das ist alles! Und ich will sagen, daß es verdammt gespenstisch ist, wenn ich höre, daß Pyke und du so dicke Freunde seid, nach dem, was er dir angetan hat. Kapiert? Hast du kapiert?«
    »Was hat er mir angetan?« fragte ich.
    »Du weißt schon. Hast es doch selbst

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