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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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kleine Jungs vertrieb, die sich vor dem Auto angesammelt hatten, um die Haube zu öffnen und - du lieber Gott! - den Motor zu begutachten. Die Menge zerstreute sich bald, als die Vision davonschwebte. »Wichser«, sagten die Jungs verzweifelt, von der Schönheit dieses Ereignisses wie am Boden zerstört. »Scheiß-Wichser!« Wir würden nach Hause zu unseren Müttern gehen, zu unseren Fleischklößchen und Pommes mit Tomatensauce, um französische Vokabeln zu pauken und unsere Fußballsachen für morgen einzupacken. Charlie aber würde mit seinen Musikern Zusammensein. Er würde um ein Uhr morgens in einen Klub gehen. Er würde sich mit Andrew Loog Oldham treffen. Aber dafür war ich im Moment wenigstens mit Helen zusammen.
    »Es tut mir leid, was letztens vor unserem Haus passiert ist«, sagte sie. »Er ist normalerweise ganz freundlich.«
    »Väter haben halt so ihre Launen.«
    »Nein, ich meinte den Hund. Ich mag es nicht, wenn man Menschen nur ihres Körpers wegen benutzt. Du vielleicht?« »Hör zu«, sagte ich und baute mich vor ihr auf. Ich würde einen Rat befolgen, den Charlie mir bezüglich der Behandlung von Frauen gegeben hatte: Mach sie scharf, zeig dich hart. »Ich muß zum Bus. Ich habe keine Lust, hier den ganzen Nachmittag herumzulungern und mich wie ein Idiot auslachen zu lassen. Wo ist der Typ, auf den du gewartet hast?«
    »Du bist der Typ, Dummkopf.«
    »Du wolltest mich abholen?«
    »Ja. Hast du heute nachmittag schon was vor?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Wollen wir also was zusammen machen?«
    »Yeah, war großartig.«
    Sie hängte sich bei mir ein, und wir marschierten zusammen an den Schülern vorbei, die uns nachstarrten. Sie sagte, sie wolle von der Schule abhauen und in San Francisco leben. Sie hätte genug von der Kleinkariertheit des Zusammenlebens mit Eltern, und die Bedeutungslosigkeit der Schule vernebele ihr das Gehirn. Überall in der westlichen Welt gäbe es Befreiungsbewegungen und alternative Lebensformen - es hätte noch nie so einen Kinderkreuzzug wie diesen gegeben -, und Pelzrücken ließe sie nur bis elf Uhr abends aus dem Haus. Ich sagte ihr, daß der Kinderkreuzzug ins Stocken geraten sei, daß die Kids alle eine Überdosis genommen hätten, aber sie wollte nichts davon hören. Kann ich ihr auch nicht verübeln. Wenn überhaupt irgend etwas bis zu uns durchdrang, konnte man sicher sein, daß es schon vorbei war. Aber ich haßte die Vorstellung, daß sie fortging, hauptsächlich wohl deshalb, weil ich die Vorstellung haßte, zurückzubleiben. Charlie kam groß ins Geschäft, Helen plante ihre Flucht, und was hatte ich vor? Wie würde ich hier wegkommen? Ich blickte auf und sah Jamila, die in schwarzem T-Shirt und weißen Shorts auf mich zugelaufen kam. Ich hatte vergessen, daß wir uns verabredet hatten. Sie rannte die letzten Meter und atmete heftig, aber mehr vor Besorgnis als vor Erschöpfung. Ich stellte ihr Helen vor. Jamila würdigte sie kaum eines Blickes, aber Helen ließ meinen Arm nicht los. »Mit Anwar wird’s immer schlimmer«, sagte Jamila. »Er läßt es darauf ankommen; er geht bis ans bittere Ende.«
    »Soll ich euch beide allein lassen?« fragte Helen.
    Ich verneinte rasch und fragte Jammie, ob ich Helen erzählen könnte, was los sei.
    »Wenn du unbedingt willst, daß unsere Kultur lächerlich und unser Volk altmodisch, radikal und engstirnig wirkt - warum nicht?«
    Also erzählte ich Helen von dem Hungerstreik. Jamila warf manchmal einige Details ein und brachte uns auf den neuesten Stand. Anwar hatte kein bißchen nachgegeben, er hatte keinen Keks geknabbert, von keinem Glas Wasser genippt und nicht eine einzige Zigarette geraucht. Entweder Jamila gehorchte, oder er würde qualvoll sterben, wenn seine Organe eines nach dem anderen versagten. Und wenn sie ihn ins Krankenhaus brächten, würde er das Ganze so lange wiederholen, bis seine Familie endlich nachgab.
    Es begann zu regnen, also setzten wir drei uns unter das Dach der Bushaltestelle. Nie wußte man, wo man hingehen sollte. Helen war geduldig und aufmerksam; sie hielt meine Hand, um mich zu beruhigen. Jamila sagte: »Ich habe entschieden, daß es heute nacht um Mitternacht sein wird. Dann werde ich beschließen, was zu tun ist. Diese Unentschlossenheit halte ich nicht mehr aus.«
    Jedesmal, wenn der Vorschlag aufkam, Jamila solle von zu Hause fortlaufen, und wir uns überlegten, wohin sie gehen könne und wie wir Geld für sie auftreiben würden, damit sie überlebte, sagte sie: »Und was

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