Der Bund der Illusionisten 1

natürlich war. Dieser sarkastische Scheißkerl.«
    Â» Woraufhin Ihr versucht habt, ihn zu verführen.«
    Röte breitete sich langsam an Fabias Hals und in ihrem Gesicht aus. » Woher wisst Ihr das?«
    Ich kenne Euch. » Es war nur eine Vermutung. Es ist das, was ich getan hätte.« Würde ich von Euren verdrehten Bedürfnissen getrieben werden.
    Â» Na ja, also, ja, ich habe es getan. Ich habe meine Hüllen fallen gelassen und ihn angefasst– da, wo es drauf ankommt. Und er war so schlaff wie eine verwelkte Blume. Er lachte. Er hat es gewagt, mich auszulachen, und sagte, ich wäre so geschlechtslos wie ein kastriertes Gorklak.«
    Ich lächelte leicht. » Womit Ihr ihn, wie ich vermute, nicht so einfach habt davonkommen lassen?«
    Â» Ich habe versucht, ihn zu kratzen. Er konnte sich eigentlich nicht dagegen wehren; er war zusammengeschnürt wie ein Haufen Sleczfelle. Ich hätte ihn so geschlechtslos gemacht wie ein kastriertes Gorklak.«
    Â» Aber?«
    Â» Ich konnte es nicht. Er hat mich irgendwie aufgehalten. Da war eine Art Barriere; ich konnte zwar nichts sehen, aber sie war da. Ich konnte gar nicht schnell genug wieder wegkommen. Er war ein kardisches Geistwesen. Ein Numen. Es gibt hier Numina, wisst Ihr. Hier passieren ständig seltsame Dinge, Ihr werdet es noch merken.« Sie zitterte. » Nun, ich habe vermutlich schon immer gewusst, dass man sich verbrennen kann, wenn man mit dem Feuer spielt. Göttin, wie ich dieses Land hasse .«
    Ich erhob mich. » Ich danke Euch, Domina. Und ich glaube nicht, dass es einen Grund gibt, wieso ich irgendetwas davon in meinem Bericht erwähnen müsste.« Ich lächelte höflich und verließ das Zimmer.

7
    Nach dem Abendessen wartete ich, bis es still war im Haus und auch die letzten Sklaven zu Bett gegangen waren, dann holte ich die Waffe unter dem Divan hervor, wo ich sie versteckt hatte. Ich untersuchte sie erneut, betastete den Griff mit der Hand und berührte das glatte, glasähnliche Material der kurzen Klinge. Sie war… vollkommen. So makellos, dass ich mich zu fragen begann, ob sie möglicherweise gar nicht von sterblichen Menschen hergestellt worden war. Ich dachte an die unzähligen Geschichten über die Geschenke der Götter: Pfeile von der Göttin der Jagd, Bücher vom Gott der Weisheit, Traumpulver von der Göttin des Schlafes.
    Schwerter von… Melete? Ocrastes? Lächerlich!
    Ich betete hin und wieder zu Melete und gab ihren Tempeln Geld, aber das tat ich mehr aus Gewohnheit und Schicklichkeit denn aus Überzeugung. Tief in meinem Innern bezweifelte ich die Existenz von auch nur irgendeinem Gott oder einer Göttin dieses Pantheons, die angeblich die verschiedenen Aspekte des Lebens des Exaltarchats lenkten. Und doch saß ich mit diesem Schwert in der Hand da und hatte das Gefühl, dass es irgendwie gottgegeben war. Die Vorstellung war so haarsträubend, dass sie mich verwirrte, und die Verwirrung wurde zusätzlich durch die Erinnerung an diese golden leuchtende Frau überlagert, die ihr Anoudain zur Seite gerissen und zu einer ganz ähnlichen Waffe gegriffen hatte.
    Beim Vortex, ich kann unmöglich von einer Göttin geboren worden sein, oder?
    Mein ganzer Körper rebellierte bei dem Gedanken. Ich war keine Unsterbliche. Ich war einfach ich, Ligea von Tyr.
    Und dann meldete sich der innere Zweifel erneut. Du bist eine Frau, die erkennt, wenn andere lügen. Die Gefühle in der Luft ebenso leicht wahrnehmen kann wie stechende Gerüche oder sinnträchtige Geräusche. Deren Berührung anderen manchmal Schmerzen nehmen kann. Ist das etwa normal?
    Ich hatte im Dienst der Bruderschaft bereits mehrmals dem Tod gegenübergestanden, aber das war nichts verglichen mit der Furcht, die mich in diesem Moment befiel. Unsterblich. Dazu verdammt niemals zu altern und zu sterben. Dazu verdammt, zuzusehen, wie alles, was ich je gekannt hatte, verging, starb und zu Staub wurde, während ich selbst auf ein Ende wartete, das niemals kommen würde… ich hätte mir nichts Schlimmeres vorstellen können. Besser wäre es, geisteskrank zu sein. Vielleicht war ich das ja auch. Ich sank neben dem Divan auf die Knie und berührte den Schwertgriff mit der Stirn. Ich atmete ein paar Mal tief durch, um mich zu beruhigen, und versuchte, die Schwaden des Zweifels zu klären, bevor sie noch tiefer in mich eindringen konnten. Ich war Ligea,