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Der Bund der Illusionisten 1

Der Bund der Illusionisten 1

Titel: Der Bund der Illusionisten 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larke Glenda
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lauschen. Am Seeufer paddeln. Lieben und geliebt werden.
    Dann kamen Gedanken, die ich bisher immer weit von mir geschoben hatte. Ich hatte nie daran gedacht, dass braune Haut aus mir eine Kardin machte. Ich hatte nie daran gedacht, dass meine Loyalität eine zufällige war, entstanden durch unglückliche Umstände kurz nach meiner Geburt. Ich war Tyranerin aufgrund meiner Abweichung, meiner Erziehung, meines Wunsches, meines Bürgerschaftsrechts. Und doch fragte ich mich nun, wer ich war– und das nur, weil ich ein paar Musikinstrumenten lauschte.
    Zitternd verschloss ich mich vor den Klängen, erstickte die Erinnerungen und ging weiter. Sei nicht dumm, Ligea. Du bist Gayeds Tochter, dazu ausgebildet, als hochgeborene tyranische Frau zu leben.
    Auch der Brunnenplatz war ganz und gar kardisch, aber immerhin erzeugte er in mir nichts weiter als eine vage Abscheu. Als ich dort ankam, war er voller Menschen. Marktstände zogen sich an der einen Seite entlang, in denen – anders als in Tyr – Geschäfte ohne langwieriges Handeln oder lautstarke Rivalitäten gemacht wurden. Ich sah nirgendwo Bettler. Mitten auf dem Platz warteten Sklaven und freie Karden im spärlichen Schatten eines verkrüppelten Baumes darauf, Wasser schöpfen zu können. Der Steinbrunnen mit den schmalen Stufen war gerade breit genug, dass immer nur eine Person an das Wasserbecken treten konnte, aber diejenigen, die in der Schlange standen, verhielten sich ziemlich ruhig. Sie unterhielten sich miteinander, ohne zu versuchen, sich vorzudrängeln oder andere beiseitezuschubsen. Und sie kamen auch nur wegen des Trinkwassers her, wie ich wusste; das Wasser, das sonst noch im Haushalt gebraucht wurde, brachten Wasserverkäufer in Amphoren auf dem Rücken von Sleczs vom See hoch.
    Die primitive Art und Weise des Wasserholens verblüffte mich. Noch mehr überraschten mich die großen, spuckenden Käfer, die um den Rand des Brunnens herumliefen. Ihre Flügel schillerten purpurn, und ihre Spucke trocknete auf dem Mauerwerk in schmutzigen, gelblichen Lachen. Wieso hatte sich die tyranische Kultur hier nicht durchgesetzt, wie es sonst meist in den eroberten Städten der Fall war? Wieso hatte die tyranische Verwaltung den Brunnen nicht längst durch einen öffentlichen Springbrunnen ersetzt oder dafür gesorgt, dass das Wasser in Aquädukten in die Stadt geleitet wurde? Wieso hatte sie nicht diese erbärmliche Karikatur von einem Baum ausgerissen, Parkanlagen geschaffen und die Käfer beseitigt? Wie war es nur möglich, dass die Karden sich ihre Identität so leicht bewahren konnten?
    Noch während ich die Frage formulierte, spürte ich, dass ich die Antwort bereits wusste. Karden waren grundsätzlich unwillig zur Zusammenarbeit– und das machte jede Veränderung schwierig, ganz besonders, wenn es überhaupt nur sehr wenig gab.
    Meine Gedanken wurden bestätigt, als ich zögernd bei den wartenden Leuten beim Brunnen stand und das Ende einer Unterhaltung hörte. Ein Jugendlicher sagte gerade: » …und dann, als er gerade weggesehen hat, habe ich den ganzen Beutel voll Kies in den Mechanismus der Mühle geworfen. Schon nach fünf Minuten hatte sich das Ding so festgefressen, dass es nicht mehr zu reparieren war. Ihr hättet erleben sollen, wie er darauf reagiert hat! Er war so wild wie ein Wirbelwind.« Der Junge lachte. » Seitdem müssen die Soldaten ihr Mehl vom alten Warb kaufen, und ich glaube nicht, dass sie noch mal versuchen werden, selbst welches zu mahlen.«
    Ich bemerkte sofort, dass es etwas vollkommen anderes war, als Kardin unter Karden zu sein. Der Junge hatte sich nicht die Mühe gemacht, bei meiner Ankunft die Stimme zu senken. Niemand von den Anwesenden wandte sich von mir ab, und es hing auch kein Hass in der Luft.
    Â» Neu hier?«, fragte jemand in mein Ohr. Ich drehte mich um und sah ein Mädchen von etwa achtzehn Jahren mit großen braunen Augen und einem vorlauten, neugierigen Verhalten vor mir stehen. Sie trug ein Eisenhalsband und lächelte mich an. » Ich habe dich noch nie hier gesehen«, fügte sie hinzu.
    Ich schenkte ihr ein Lächeln, das schüchtern war, wie ich hoffte.
    Â» Stell erst mal den Krug in die Reihe«, sagte sie und deutete auf mein Gefäß. » Jemand wird ihn für dich weiterschieben. Wir können uns so lange auf die Mauer setzen.«
    Ich folgte ihrer Aufforderung. Als ich mich

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