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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Euch kennen zu lernen.« Der Mönch schob die Hände in die Ärmel seiner Kutte. »Ihr sagtet ›Campodios‹, Sir, darf ich fragen, ob es sich dabei um ein Kloster handelt?«
    »Ja, Vater, es ist ein Zisterzienserkloster. Es liegt in Nordspanien, genauer gesagt, in einem lieblichen Tal der Sierra de la Demanda. Darf ich nun meinerseits fragen, wie Euer Name ist und welchem Orden Ihr zugehörig seid? Die Farbe Eurer Kutte lässt keinen Schluss zu, sie ist, äh … etwas verwaschen.«
    »Verzeiht, ich vergaß, mich vorzustellen. Ich bin Bruder Ambrosius aus dem Orden der Augustiner. Mein Heimatkloster liegt in Erfurt, im Thüringer Land, drüben auf dem Kontinent. Ich legte in jungen Jahren die Gelübde ab, empfing später die Priesterweihe und brachte es bis zum Amt des Klosterpredigers. Dann jedoch trat etwas ein, das mein Leben von Grund auf änderte. Ich wurde krank auf den Tod, von einem auf den anderen Tag, und niemand konnte mir helfen, geschweige denn sagen, um welches Leiden es sich handelte. In einem der wenigen klaren Augenblicke, die das Fieber mir ließ, schwor ich zu Gott, dass ich, sollte ich jemals wieder gesund werden, in die Neue Welt hinausziehen und missionieren wollte. Und der Herr gab, dass ich genas. Deshalb bin ich hier und … Oh, allmächtiger Vater, warum hast du mir mein Gedächtnis genommen?«
    Ambrosius blickte gen Himmel und rang in komischer Verzweiflung die Hände. »Wie konntest du mich vergessen lassen, dass ich Vitus von Campodios und seinen Freunden Dank für die erwiesene Hilfe schulde?«
    Und, wieder nach unten schauend, fuhr er fort: »Also, vergelt’s Gott, Gentlemen, dass Ihr mich vor einer Tracht Prügel bewahrt habt!«
    »Wiewo, Kappenhans?«, meldete sich Enano, der wie alle anderen bemerkt hatte, über welch ungewöhnliche Körperkraft der Mönch verfügte. »Hättst nur dem Bulligen ’n paar Maulschellen verpasst un dem Stelzlosen ’n paar Kracher, un ’s wär geritzt gewesen.«
    »Gewiss, Enano, mein Sohn. Aber ich lebe in Armut, Demut, Keuschheit und nicht zuletzt Friedfertigkeit. Denn wie heißt es bei Matthäus 5, Vers 39? Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, biete ihm auch die andere dar.«
    Der Magister grinste: »Irgendwo, Vater, heißt es aber auch in der Schrift: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach! Seid Ihr sicher, dass Ihr es geschafft hättet, Euch zurückzuhalten?«
    Ambrosius seufzte. »Da sprecht Ihr einen heiklen Punkt bei mir an, Herr Magister. Wenn der Zorn mich übermannt, tue ich Dinge, die ich nicht tun sollte. Wie oft schon musste ich für meine Untugenden büßen!«
    Der Magister grinste noch breiter. »Lasst es Euch nicht verdrießen, Vater, zumal es keine einzige Stelle in der Schrift gibt, die den Besuch einer gastlichen Stätte verbietet, und genau das möchte ich hiermit anregen, vorausgesetzt, Euch liegt etwas daran, ein wenig länger mit uns zu plaudern.«
    »Ich schätze praktisch denkende Menschen wie Euch! Ich war zwar gerade auf dem Weg zur … Ach was, so viel Zeit muss einfach sein!«
    »Dann schlage ich …«
    »Polly’s Wharf vor«, ergänzte Vitus. »Stimmt’s, du Unkraut?«
    »Du liest meine Gedanken wie ein offenes Buch.«
    Wenig später standen sie vor der Tür des Gasthauses. Sie traten ein und stellten fest, dass der Schankraum noch angenehm leer war. Polly erschien aus den Tiefen ihrer Küche, musterte Ambrosius von oben bis unten, verbiss sich eine Bemerkung und fragte stattdessen, was sie bringen solle.
    »Brandy mit heißem Wasser, auch für Bruder Ambrosius«, antwortete Vitus. »Das Wetter ist zwar schön, aber der Wind bläst einem durch alle Knochen.«
    »Wollt ihr die großen Becher?«
    »Ja.«
    »Bin schon unterwegs.«
    »Sie ist ein Goldstück«, wandte Vitus sich lächelnd an Ambrosius, »ohne sie ginge es uns nicht so gut. Doch gestattet mir eine Frage, die vielleicht nicht ganz unberechtigt ist, da Ihr aus jenem Kloster kommt, in dem auch Doktor Martin Luther wirkte: Seid Ihr katholischen oder protestantischen Glaubens?«
    Eine leichte Unmutsfalte erschien auf der Stirn des Mönchs, doch gleich darauf glättete sie sich wieder. »Nun, Vitus von Campodios, warum solltet Ihr die Frage nicht stellen … Danke, Frau Wirtin, Ihr seid sehr gütig.« Ambrosius nahm seinen Becher hoch und prostete seinen neuen Bekannten zu. »Und auch Euch gilt mein Dank! Prosit, oder vielmehr: Cheers!, wie man hier zu Lande sagt.«
    Sie tranken, und der heiße Brandy wärmte ihnen tüchtig die

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