Der Clan
erotisches Motiv eines Paares. Die Frau leckte den Phallusschaft des Mannes mit der Zunge, und dessen rechter Mittelfinger war in ihrer Vagina. Es war sorgfältig geschnitzt, daß man sogar die Körperspannung der beiden erkannte.
Cindy war sofort klar, daß dieses Objekt im Kunsthandel für Sammler Tausende Dollar wert war. Wenn sie ein solches Wert-objekt annahm, noch dazu eines dieses erotischen Charakters, dann mußte das zwangsläufig ihre Beziehung verändern.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Sagen Sie doch einfach nur, daß Sie es schön finden.«
Sie nickte. »Ja, das ist es.«
»Es ist vermutlich hundert Jahre alt und stammt von einem der bekanntesten Elfenbeinschnitzer. Er schien sich auf solche Motive spezialisiert zu haben.«
»Wissen Sie, Marcus, ich weiß nicht recht, ob ich so ein Geschenk wirklich annehmen kann.«
»Sie meinen, wegen des Motivs?«
»Und seines Werts.«
»Ich möchte aber gerne, daß Sie es haben.«
»Wenn das eine Andeutung sein soll, Marcus ... daß dieses Paar Sie und ich sein könnten ...?«
Er wurde rot. »Aber nicht doch! Nein, nein. Wenn auch natürlich ... ich meine, ich könnte mir natürlich nichts Aufregenderes denken. Trotzdem, nein. Ich dachte an dieses Stück nur als eines der wertvolleren meiner Sammlung, das auch meiner Wertschätzung für Sie entspräche.«
Sie lächelte. »Na, na ...!«
Er griff danach und drehte es in seiner Hand. »Zugegeben, ich bestreite nicht, daß ich nichts dagegen hätte, wenn wir eine ... etwas engere Freundschaft zueinander entwickeln könnten.« Er legte es wieder in ihre Hand und streichelte sie kurz.
Cindy legte das Netsuke in das Samtetui zurück und steckte es in ihre Handtasche.
»Das ist wirklich mehr als nett von Ihnen, Marcus«, sagte sie.
Und damit hatte sie ihn bereits zu einem »etwas engeren« Freund gemacht.
1984 1
»Er kann sich nicht entscheiden, ob er sich freuen oder traurig sein soll«, sagte Roberta zu Angelo.
Sie saßen beim Essen, das sie vom Zimmerservice hatten kommen lassen. Nachdem der Kellner zum Abräumen erst wieder kam, wenn er gerufen wurde, hatte Roberta nur noch ihren Strumpfgürtel und die Strümpfe an. Es verschaffte ihr selbst sinnliche Erregung, sich ihm verführerisch zu zeigen. Sie hatte sich sogar schon beklagt, daß er ihr nicht ausreichend Gelegenheiten dazu verschaffte. Sie hatte nicht das mindeste Gespür dafür, daß er selbst längst nicht mehr scharf darauf war. Sie ahnte nicht, daß er sie nur noch als aufdringlich empfand - und außerdem stark vermutete, daß sie zusammen mit Loren diesen Burt Craddock aus dem Weg geräumt hatte. Er war sich ohnehin nicht mehr sicher, was eigentlich ihre wahren Motive waren, zu ihm zu kommen.
Loren war gerade in Florida zu einer Konferenz mit den Händlern im Süden, weshalb sie den Abend ungestört und problemlos in Angelos Suite im Renaissance Center verbringen konnten, wenn auch nicht die Nacht. Entfernt erinnerte ihn die Situation daran, was Betsy einst gemacht hatte, wenn er erklärte, die Sache habe keine Zukunft und solle beendet werden. Auch bei Roberta konnte er nicht sicher sein, wie sie reagieren und was sie tun würde.
Er konnte ihr nicht sagen, sie solle sich wieder anziehen, aber es machte ihn einfach nicht mehr an, sie so zu sehen. Er wußte, sie versuchte ihn einfach nur zu benutzen. Na schön, aber dieses Spiel beherrschte er mindestens genausogut wie sie. Was also konnte er von ihr bekommen?
»Ich weiß, worüber er sich freut«, sagte er. »Über den Stallion S.«
Roberta meinte achselzuckend: »Ich mußte ihm wirklich ausreden, anläßlich des Auslaufens der Produktion eine Champagnerparty zu schmeißen.«
»Ein unheimlich erfreulicher Zeitgenosse, dein lieber Loren. Er leistete ja auch seinen bescheidenen Beitrag zum Tod des S.«
»Wie meinst du das?«
»Er lancierte Geschichten in die Zeitungen, was für ein Flop der Wagen doch sei. Und wie gefährlich. Und alles schön unter der Decke, ohne daß sein Name ins Spiel kam. Er hat sich um den Stallion S. verdient gemacht wie der gute Mr. Nader um den Corvair.«
»Da irrst du dich, Angelo.«
»Den Teufel tue ich. Oder hat er wirklich geglaubt, ich würde das nicht erfahren?«
»Nun, er hat schließlich Grund, dich zu hassen.«
»Ach ja? Das ist mir ziemlich egal.«
»Mir ist es auch ziemlich egal«, sagte Roberta. »Aber mir selbst bin ich nicht egal, darum geht es. Daß XB Motors weiterexistiert, ist mir wichtiger als ihm.«
»Auch das ist mir egal,
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