Der Clan der Vampire (Venedig 1 & 2)
entspannte sich Raphael. Er schloss die Augen und hörte nur auf die Forderung seines Körpers. Er zog lang und hart an der Vene, die ihm die lebenserhaltende Flüssigkeit spendete. Sein einziger Gedanke war, wie sehr er sich wünschte, dass dies Isabellas Hals wäre. Von ihr zu trinken, sich von ihrem duftenden Blut zu ernähren, sich an ihrer Essenz zu laben, während er seinen unersättlichen Schwanz in sie fuhr, würde –
Ein Schrei durchdrang die Stille der Gasse.
Isabella wurde erst klar, dass sie geschrien hatte, als Raphaels Kopf in ihre Richtung schnellte und er dabei den Hals des Mannes losließ, in den er seine Zähne geschlagen hatte. Schockiert sah sie das Blut, das von seinen Lippen tropfte und sein Kinn hinunterlief. Sein Mund stand offen und sie konnte deutlich das Weiß seiner Zähne sehen. Wie gelähmt starrte sie ihn an.
Sie hatte Geschichten über Geschöpfe wie ihn gehört, aber diesen nie Glauben geschenkt. Für sie waren das immer Fantasiegeschichten gewesen, mit denen man Kinder erschreckte. Aber was sie nun vor sich sah, war kein Märchen.
Sie war mit einem Vampir verheiratet. Mit einem Geschöpf, das Blut trank und den Menschen das Leben aussog.
In dem Moment, als Raphael den Mann gegen die Wand sacken ließ und auf sie zukam, kehrte endlich ihre Stärke wieder zurück und sie rannte, so schnell sie konnte.
„Isabella“, rief er hinter ihr her. „Stopp!“
Die Stimme kam näher und sie wusste, dass er sie verfolgte. Sie war froh, dass sie eine alte Hose Giovannis trug; damit konnte sie leichter laufen. Sie hatte sie unter dem Bett versteckt, da es weniger Zeit in Anspruch nehmen würde, diese in der Dunkelheit anzuziehen als ein Kleid. In dem Moment, als Raphael ihr Schlafgemach verlassen hatte, war sie aus dem Bett gesprungen und hatte sich fertig gemacht, ihm zu folgen.
Aber jetzt wünschte sie sich, sie hätte ihn lieber mit einer Geliebten erwischt. Es wäre einfacher gewesen, damit umzugehen – sicherer.
Ihre Oberschenkel brannten beim Versuch zu fliehen; dabei wusste sie, dass sie keine Chance hatte, Raphael zu entkommen. Der Klang seiner Stiefel auf der gepflasterten Straße kam immer näher. Ihre Lunge tat weh und sie strengte sich an und lief schneller als jemals zuvor.
„Isabella, bitte!“ Dann packte sie seine Hand am Kragen ihrer Jacke und zog sie zurück.
„Nein!“ Sie rutschte auf dem nassen Kopfsteinpflaster aus und wäre gefallen, hätte Raphael sie nicht an seine Brust gezogen und seine Arme um sie gelegt. Wie Ketten umklammerten sie sie und schnitten damit jede Bewegung ihres Oberkörpers ab. Aber sie konnte noch ihre Beine bewegen. Sie trat auf ihn ein und versuchte erfolglos, ihn dazu zu bringen, seinen Griff zu lockern.
„Hör auf zu kämpfen, Isabella. Ich würde dir nie wehtun. Bitte glaube mir.“
„Nein, lass mich gehen, du Monster!“
Sein Mund war an ihrem Ohr und sein Atem streichelte ihren Hals, als er ihr antwortete. Seine Stimme war leise und beruhigend. „Es tut mir leid, dass du es so hast herausfinden müssen. Aber ich bin kein Monster. Ich bin immer noch der Mann, der dich liebt.“
Tränen drohten, an die Oberfläche zu brechen, aber sie zwang sie zurück. „Nein. Lass mich gehen. Bitte lass mich gehen.“
Sie spürte, wie er hinter ihr den Kopf schüttelte. „Niemals, mein Engel.“
Dann setzte sich Raphael mit ihr in seinen Armen in Bewegung. Erneute Panik packte sie. Er würde sie an einen dunklen Ort verschleppen und sie dann aussaugen. Sie trat gegen seine Schienbeine. „Nein! Wohin bringst du mich?“
„Hör auf zu kämpfen; es nützt nichts. Wir gehen nach Hause.“
Aber die Richtung, die er einschlug, war nicht die, in der ihr Haus lag. „Du lügst. Mein Haus liegt nicht in der Richtung.“
„Ich bringe dich zu meinem Haus“, korrigierte er sie und legte seine Lippen auf ihre Wange. Ein Schauer lief durch ihren Körper, und sie wusste nicht, ob dieser durch die Angst in ihr verursacht wurde oder durch die gewohnte Reaktion ihres Körpers auf seine Berührung.
Isabella gab ihren Kampf gegen ihn auf, wohl wissend, dass es sinnlos war. Er war größer und stärker als sie. Es war besser, ihre Kraft aufzusparen, damit sie später einen Fluchtversuch wagen konnte.
Nun machten einige Dinge Sinn. Dante war besorgt gewesen, dass sie herausfinden würde, dass Raphael ein Vampir war. Und sein nächtliches Verschwinden? Offenbar hatte er Menschen angegriffen und sich von deren Blut ernährt. Und sie würde die
Weitere Kostenlose Bücher