Der Clan der Wildkatzen
damit beschäftigt gewesen, ihn im Park zu suchen, als er vor der heutigen Lektion davongelaufen war… Das war nicht seine Schuld. Schließlich war Schnurrhaarputzen eine Sache für Vierwöchler, nicht für einen fast erwachsenen kleinen Kater, der schon zwei Monate alt war. » Und ich wollte mir das Verrammelte Haus ansehen. Aua! Katar, das hat wehgetan! Aua! Hör auf. Lass mich runter!«
Katar knurrte leise, schüttelte Southpaw hin und her und hielt ihn an den Hautfalten am Hals. » Das Verrammelte Haus! Haben wir dir nicht gesagt, dass es tabu ist? Haben Miao und ich es dir nicht immer und immer wieder gesagt? Und wenn du schon dumm genug bist, verbotenes Terrain betreten zu wollen, warum gehst du dann allein los?«
» Weil du gesagt hast, es sei verboten, also dachte ich, es wäre nicht gut, wenn ich ein anderes Kätzchen mitnehme.«
Katars Schwanz bewegte sich hin und her. Als er das hörte, setzte er Southpaw auf dem Boden ab. » Du bist allein losgegangen, weil du es nicht sicher genug gefunden hast, ein anderes Kätzchen mitzunehmen?«, fragte er langsam.
» Ja, Katar«, antwortete Southpaw kleinlaut.
» Ist dir dabei nicht eingefallen, dass es, wenn es für das andere Kätzchen nicht sicher ist, für dich ebenfalls gefährlich werden könnte, das Verrammelte Haus zu betreten– weil du selbst noch ein Kätzchen bist, du Flaumkopf?«
» Ja, Katar«, sagte Southpaw. » Äh, nein, Katar. Oder, ja, Katar. Ganz wie du sagst, Katar.«
Katar starrte den jungen Kater misstrauisch an. » Ich meine es ernst, Southpaw. Das Verrammelte Haus darf aus sehr, sehr, sehr guten Gründen nicht betreten werden.«
» Ja, Katar. Äh… was für Gründe?«
Der Kater seufzte. Es war ein kurzer, verärgerter Laut, ähnlich dem Bellen eines Hundes und das genaue Gegenteil des Schnupperns, mit dem Katzen ihr Wohlgefallen ausdrückten.
» Eine berechtigte Frage, Katar«, sagte eine Stimme hinter ihm. » Ich habe dir gesagt, er ist bestimmt der erste in diesem Jahrgang, der neugierig wird.«
» Na, vielleicht möchtest du es dann erklären, Miao«, sagte Katar. Er würde sich niemals an ihre Fähigkeit gewöhnen, sich lautlos anzuschleichen, und er hatte das unangenehme Gefühl, dass sie es nur tat, damit er nicht überheblich wurde. Miao hinterließ auch im Gegensatz zu anderen Katzen fast keine Duftspuren– was mit ihrem siamesischen Blut zusammenhing.
Miao sah Southpaw tief in die Augen. » Vielleicht sollten wir es ihm zeigen und nicht nur erzählen«, sagte sie und rollte den Schwanz elegant aus. » Komm mit, Southpaw. Aber wenn Katar und ich dir etwas sagen, gibt es keine Widerrede, verstanden? Hast du alle Ameisen aus dem Fell entfernt? Sind deine Pfoten wieder normal oder stechen sie noch? Kannst du schnell laufen? Hast du mit den Schnurrhaaren nach Hunden oder anderen Raubtieren Ausschau gehalten? Gut, dann komm mit.«
Southpaw dröhnte der Kopf von den vielen Fragen. » Wohin gehen wir denn?«, fragte er verwirrt.
» Zum Verrammelten Haus«, sagte Miao. Katar und sie stupsten die Mäuler aneinander, und dann liefen sie durch die Wandelröschen los, während Southpaw hinter ihnen hereilte, so schnell er konnte.
Die Wurzeln des Feigenbaums bildeten ein dickes Gewirr, und selbst für die großen Katzen war es anstrengend, sich hindurchzuschlängeln. Southpaw schaute voller Bewunderung zu, wie sich Miao platt drückte und an den dicken Luftwurzeln vorbeischob; Katar hackte sich hindurch, in dem er sich mit den Schultern vorwärtsdrängte, sein Schwanz ging dabei hin und her.
Dem kleinen Kater kam es vor, als hätten sie Nizamuddin weit hinter sich gelassen. Der Feigenbaum ragte hoch über dem verlassenen Stück Land auf, auf dem das Verrammelte Haus stand. Der Boden unter seinen Pfoten fühlte sich kühl und feucht an. Southpaw spürte, wie sich unwillkürlich die Krallen hervorschoben, und er musste sie wieder einfahren, weil er sonst zu leicht an den Wurzeln hängen geblieben wäre. Er folgte Miaos Beispiel und blieb flach am Boden. Beinahe hätte er vor Schreck laut miaut, als sich eine Spinne in sein Ohr hinunterließ, doch sie krabbelte rasch wieder davon, nachdem er ein paarmal mit dem Kopf gewackelt hatte. Southpaw fühlte die dicken Spinnfäden in seinem Fell, und als sie weiter auf das Grundstück vordrangen, musste er sich ducken und an den Baumwurzeln vorbeischieben.
Er bemühte sich so sehr, mit dem Tempo der beiden älteren Katzen mitzuhalten, dass er erst nach einer Weile begriff, was ihn
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