Der Clark Darlton Reader
Professor über den Schreibtisch gebeugt saß und einige Bilder betrachtete. Er schreckte regelrecht zusammen, als die beiden ihn ansprachen.
„Da ist er, Daddy“, sagte Jane.
„Wirklich, da ist er!“ echote der alte Herr und streckte Hal die Hand entgegen. „Wie du siehst, habe ich die Aufnahmen bereits entwickelt, die ich von dem Film machte. Tolle Sache!“
Hal beugte sich über die Tischplatte und nickte.
„Ja, das sind sie. Nun, was meinen Sie dazu?“
„Du hast recht, mein lieber Hal: Das Geheimnis der Raumfahrt ist für uns kein Geheimnis mehr.“
Jane starrte auf die beiden Männer, und eine feine Röte überzog ihr Gesicht. Sie trat einen Schritt vor und nahm eine der Fotografien vom Tisch. Sie betrachtete sie aufmerksam und legte sie auf die Platte zurück.
„Na, und? Einfache Konstruktionszeichnungen! Was ist daran so Besonderes?“
„Mein liebes Kind“, erklärte Weißfeld ihr ernst, „diese Konstruktionspläne stammen aus dem Jahre 2050. Hal holte sie von dort.“
Das Mädchen betrachtete den Vater mit Mißtrauen. Dann wandte sie sich an Hal; in ihrer Stimme schwang die gerechte Empörung eines Menschen, der sich verulkt fühlt.
„Von Ihnen hätte ich niemals gedacht, daß Sie unter die Schwindler gehen werden. Wie können Sie meinem alten, ehrlichen Vater einen solchen Unsinn weismachen!“
Der „alte, ehrliche Vater“ unterdrückte ein Schmunzeln, als er den verdutzten, hilflosen Hal Perkins beobachtete, der sich wie ein Aal wand. Endlich – nach mehreren vergeblichen Ansätzen – stieß er hervor:
„Aber … Miß Jane … das ist doch wahr! Ich bin …“
„Sie sind ein Lügner! Wie können Sie behaupten, die Zeichnungen stammten aus dem Jahre 2050, wenn wir erst im Jahre 1955 leben?“
„Wir … ich … Mr. Smith …“
„Wer ist Mr. Smith?“
„Ein Zeitreisender!“
„Ein – was? Ein Zeitreisender? Hat der Ihnen die Fotos angedreht? Ich hätte nicht gedacht, daß Sie ein so leichtgläubiger Narr sind.“
Endlich hielt Professor Weißfeld die Zeit für gekommen, dem armen Hal zu Hilfe zu eilen. Er unterbrach die amüsante Unterhaltung und berichtete ausführlich über die Geschehnisse der vergangenen beiden Tage. Er erzählte von dem seltsamen Auftauchen des Mr. Smith und von dessen merkwürdiger Reise durch die Zeit. Er ließ keinen Zweifel an der Wirklichkeit der Geschehnisse offen und betonte, wie sehr er Hal für seine Aufmerksamkeit dankbar sei, die ihm, dem Professor, die Möglichkeit gab, den Beginn des seltsamsten Abenteuers der Menschheit mitzuerleben.
Als er endete, saß Jane eine Zeitlang still auf dem Stuhl, auf den sie sich hatte sinken lassen. Ihre Blicke wanderten von ihrem Vater zu Hal und zurück. Nein, in deren Augen lag nichts als tiefer Ernst. Ganz allmählich begriff sie die ungeheure Tragweite des eben Gehörten und daß vor ihr ein Mann stand, der noch gestern 95 Jahre in der Zukunft gelebt hatte.
„Das ist ja … ungeheuerlich!“ stieß sie hervor und schnappte nach Luft. „Das nenne ich eine Sensation. Wenn das meine Freundinnen wüßten – wie würden sie mich beneiden!“
„Worum beneiden?“ fragte ihr Vater. „Um Hal etwa?“
Jane wurde knallrot und fauchte wütend:
„Rede nicht solchen Unsinn! Wie kannst du so etwas sagen? Um Hal! Der kann ja noch nicht mal Tennis spielen; und wenn er schwimmt, muß man Angst haben, daß er ertrinkt.“
„Er kann jedoch in die Zukunft reisen, dein lieber Hal“, betonte der Professor, während Hal abwechselnd rot und blaß im Gesicht wurde, was weder zu seiner Krawatte noch zu seinem Hemd paßte, wohl aber zu seiner Stimmung, die zwischen Ärger, Angst und stiller Hoffnungsfreude hin und her schwankte.
„Aber Smith ist doch mit der Zeitmaschine verschwunden“, stellte Jane sachlich fest. „Folglich kann Hal jetzt nicht mehr in die Zukunft reisen.“
„Allerdings. Doch es ist auch nicht nötig. Hal war so klug, die Filme mitzubringen, die es uns ermöglichen, ein flugtüchtiges Raumschiff zu bauen.“
„Ein Raumschiff?“
„Ja, eine Rakete, mit der wir die Erde verlassen können.“
„Verlassen? Wohin?“
„Zum Mars.“
Das Wort hing in seiner ganzen Schwere im Raum. Das Mädchen schauderte leicht zusammen. Der Traum der Menschheit, Loslösung von der Anziehung der Erde und Vorstoß ins All, dieser Traum wurde Wirklichkeit, wenn – ja, wenn ihr Vater und Hal es wollten. Sie sah den jungen Techniker plötzlich ganz anders an. Hal Perkins war bald ein bedeutender Mann,
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