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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Stück Papier – es sah aus, als wäre ein Sandwich darin eingepackt gewesen.
    Wenn ein Arbeiter hier seinen Lunch verzehrt hätte und eben erst weggegangen wäre ...
    Jeff hockte sich nieder und griff mit zitternden Fingern nach dem Becher. Inzwischen betete er lautlos darum, dass nicht auch diese Hoffnung im nächsten Moment zerrinnen würde. Seine Finger schlossen sich um den Becher, hoben ihn auf.
    Nicht leer!
    Er starrte hinein, starrte in den noch zu einem Viertel mit dunkler Flüssigkeit gefüllten Becher, als sei es pures Gold. Dann hob er den Becher an die Lippen und benetzte sie mit der kalten, bitteren Flüssigkeit.
    Sein Mund empfing sie wie einen zur Vollkommenheit gealterten Wein.
    Er wollte noch einmal trinken, tat es aber nicht.
    Jagger war genauso durstig wie er.
    Sein eigener Durst schrie auf, flehte, er möge den Becher leeren. Und wie, wenn er die Nische gar nicht mehr fand?
    Wenn Jagger nicht mehr da war?
    Fast als habe sie einen eigenen Willen hob die Hand den Becher wieder an den Mund, doch als der Rand die Lippen berührte, erinnerte sich Jeff an den Zug, der auf ihn zugerast war – wie Jagger ihn gepackt und zur Seite gerissen hatte, eine Sekunde, bevor er zermalmt worden wäre.
    Er nahm den Becher vom Mund.
    Als er sich aufrichtete, erhaschte er ein paar Meter weiter, in Richtung des U-Bahntunnels, aus dem er eben gekommen war, einen flüchtigen Blick auf etwas, das sich bewegte. Er erstarrte, seine Augen suchten den Tunnel ab, er wusste, dass sie ihn nicht getrogen hatten – etwas oder jemand war da, versteckt zwischen den Rohren oder hinter einem der Pfeiler, die die niedrige Decke stützten.
    Einer der Männer vom Bahnsteig?
    Oder einer der gierigen Räuber aus den unteren Ebenen?
    Er lauschte, hörte jedoch nur die Geräusche eines fernen Zuges, dessen Dröhnen zu einem Flüstern gedämpft wurde. Er blieb reglos stehen, hielt den Atem an, während er die Dunkelheit und die Stille durchforschte.
    Er wusste, er hatte zwei Möglichkeiten. Er konnte entweder versuchen, in der Dunkelheit zu verschwinden und zu riskieren, dass man ihm folgte, oder er konnte sich dem stellen, was es auch war, der Gefahr entgegentreten, die auf ihn wartete. Doch eigentlich hatte er keine Wahl, denn er wusste, dass er nicht entkommen konnte, dass der Verfolger Abstand halten und ihm folgen würde, bis der Moment zum Zuschlagen günstig war.
    »Ich weiß, dass du da bist«, sagte er, und seine Stimme widerhallte laut in der Dunkelheit, während er auf die Stelle zuging, wo er die kurze Bewegung gesehen hatte. »Du kannst dich ruhig zeigen.«
    Einen Moment lang passierte nichts, doch als Jeff eben noch näher herangehen wollte, trat hinter einem Pfeiler eine kleine Gestalt hervor.
    »Es ist okay«, sagte eine Mädchenstimme. »Ich bin es nur.« Sie kam näher, und das Licht, das aus einer der Deckenlampen auf ihr Gesicht fiel, war hell genug, sodass er das Mädchen erkannte, das er bei Tillie getroffen hatte. »Ich hab dich gesucht«, sagte Jinx. »Ich ...« Sie stockte und fuhr dann fort: »Ich weiß, dass du Cindy Allen nichts getan hast.«
    Die Worte schienen in der Luft hängen zu bleiben. Was konnte Jinx denn darüber wissen?, fragte sich Jeff. Woher kennt sie überhaupt Cindy Allens Namen?
    Ein Trick. Das war es – es musste irgendein Trick sein.
    »Woher weißt du davon?«, fragte er kalt.
    »Weil ich in der Nähe war«, antwortete Jinx. Dann erzählte sie ihm, während er schweigend zuhörte, alles, was sich an jenem Abend in der 110 th Street Station ereignet hatte.
    Erzählte es genauso, wie es in seiner Erinnerung lebte.
    Als sie geendet hatte, folgte ein langes Schweigen, das Jeff schließlich brach.
    »Wie hast du mich gefunden?«, fragte er.
    »Die Hüter in der Fifty-third Street Station. Sie haben mir gesagt, wohin du gegangen bist.«
    »Die Hüter?«, wiederholte Jeff.
    Jinx nickte. »Sie arbeiten für die Jäger. Es ist ihre Aufgabe, dich in den Tunnels festzuhalten, bis die Jäger dich aufgespürt haben.«
    Jeff kniff die Augen zusammen. »Und was ist dein Job?«
    »Ich bin so was wie'n Bote. Manchmal hol ich das Geld ab, mit dem die Aufpasser bezahlt werden, und manchmal verteil ich's. Manchmal geb ich auch nur weiter, dass 'ne Jagd läuft.«
    Sie machte keine Anstalten, näher zu kommen oder wegzulaufen, und Jeff sah, dass sie keine Angst vor ihm hatte, aber wartete, um zu sehen, was er tun würde. »Wer sind die Jäger?«, fragte er endlich.
    »Männer von draußen. Sie dürfen eig'ntlich

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