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Der Club der Teufelinnen

Titel: Der Club der Teufelinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldsmith Olivia
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sechzehnjährigen Mädchen erschien es seltsam unproportioniert. Es war nicht das erste Mal, daß Annie Mühe hatte, den Teenager-Körper ihres mongoloiden Kindes mit dessen geistiger Stufe in Einklang zu bringen, die der einer Fünfjährigen entsprach.
    »Komm zurück, Sylvie, sei ein braves Mädchen und iß erst zu Ende«, kam es von Ernesta. Annie gab Sylvie einen Kuß und strich ihr über die Wange: »Lauf, mein Schatz, ich komme auch gleich.« Sie schaute Sylvie nach, wie sie davonhüpfte.
    Im Wintergarten, wo Annie ihre Bonsais aufbewahrte, sank sie in die Kissen auf der antiken Chaiselongue, kickte die schlammbespritzten Schuhe von den Füßen. Sie holte tief Luft. So müde war sie, so sehr müde. Sie bezweifelte, daß sie alles schaffen konnte. Das Begräbnis hatte sie alle ihre Energien gekostet, und hier war noch die ganze Packerei zu erledigen. Aber vielleicht würde jetzt alles besser werden, nach Boston … Seufzend stand sie wieder auf und ging hinüber zu Sylvie.
    Nach dem Packen sah sie die Post durch. Reklame, Rechnungen, eine Postkarte von Alex aus Cambridge. Und der Brief. Poststempel Greenwich. Mit einem flauen Gefühl im Magen drehte Annie ihn um. Absender: Cynthia Griffin.
    Sie zögerte, ihn zu öffnen. Sie ahnte, daß der Inhalt sie erschüttern würde, und erschüttert war sie schon zur Genüge. Sie nahm den Brief mit in ihr Schlafzimmer, und als sie sich auf ihrem Bett ausstreckte und den Brief öffnete, sprang Pangor zu ihr hinauf, um sich an sie zu kuscheln. Sonst hatte sie dies immer als tröstlich empfunden, jetzt aber störte es sie.
    Die Handschrift war dünn und krakelig:
    Liebe Annie,
    verzeih mir bitte, daß ich dich damit behellige. Aber ich will nicht sterben, ohne daß die Person, die mich liebt, weiß, warum.
    Zuerst einmal: Alles – alles ist allein meine Schuld. Mein Vater war gegen meine Heirat gewesen, aber ich hatte nicht auf ihn gehört. Dann wollten meine Anwälte nicht, daß ich die Vollmacht erteilte, aber ich habe es trotzdem getan. Und niemals hätte ich zulassen dürfen, daß man Carla vom Beatmungsgerät nahm. Alles geschah auf meine Veranlassung, war mein Fehler. Weißt Du, meiner Familie bin ich nie besonders wichtig gewesen. Stuart war immer der Liebling. Ich war immer ein braves Mädchen, ruhig, so wie du, aber nicht so klug wie du. Ich bin niemandem besonders aufgefallen. Dann wurde ich recht hübsch, und dann kam Gil.
    Gil war nicht immer so wie jetzt. Als wir uns kennenlernten, war er gutaussehend und ehrgeizig. Nicht hart. Energisch war er und unwiderstehlich. Und er liebte mich. Natürlich dachte ich immer, daß er mein Geld, meine Verbindungen und seinen Jaguar mehr liebte, aber wirklich eingestehen mochte ich es mir nie. Obwohl mein Vater ihn eigentlich nicht in die Firma aufnehmen wollte, hat er es doch getan. Wir verhalfen ihm zu einem Start. Ohne die Familie Swann gäbe es nicht den Gil Griffin. Aber vielleicht irre ich mich da auch. Einer wie Gil findet immer jemanden, der ihm weiterhilft. Zuerst war alles in Ordnung. Gil liebte mich und ich ihn, und das war alles, was ich wollte. Dann habe ich einmal aus Versehen einen Kratzer in seinem Jaguar verursacht. Als er davon erfuhr, wurde er rasend. Er schlug mich, bevor er noch ein Wort gesagt hatte, und als ich am Boden lag, stand er über mir und tobte, was ich seinem Wagen angetan hätte.
    Dann wurde Carla geboren, und alles wurde schlimmer. Gil haßte mich in meinem schwangeren Zustand. Das verletzte mich, aber ich sah so unförmig aus, daß ich eben bis zur Geburt wartete. Auch danach schien Gil so fremd, auch gegenüber Carla. Manche Männer mögen keine kleinen Kinder. Ich hätte etwas dagegen tun müssen, ich weiß, aber ich wußte nicht, was. Und so habe ich es verdrängt. Ich bin gut im Verdrängen. Und dann, als Carla drei war, bin ich wieder schwanger geworden. Erst hatte ich Angst, es Gil zu sagen, dann habe ich es doch getan. Er wurde rasend. Er schlug mich ins Gesicht, mehrmals, und dann haben wir wieder so getan, als ob nichts wäre.
    Danach war er netter zu mir als je zuvor, netter als ich es mir überhaupt hätte vorstellen können. Und als er mich dann ungefähr einen Monat später bat, es abzutreiben, war ich entsetzt. Ich war dreieinhalb Monate schwanger, und ich wollte das Kind. Ich weigerte mich. Da hat er gebettelt und dann gedroht und wieder gebettelt, ständig, so daß ich schließlich nachgegeben habe. Niemand hat davon gewußt. Wir sagten dann, ich hätte eine Fehlgeburt

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