Der Club der Teufelinnen
Brille auf und blickte, ohne sie aufzusetzen, hinüber. Ein junger Mann, den sie nirgends einordnen konnte. Der Sohn irgendwelcher Bekannten? Er lächelte nicht, schaute bloß ruhig herüber. Zum Teufel noch mal! Schließlich war das hier immer noch Bemelman's Bar. Hier hatte sie nur Schönes erlebt, und sie konnte es nicht ertragen, auch nur noch einen einzigen weiteren Augenblick allein zu sein. »Aber gewiß doch, Maurice.« Sie bemühte sich um ein gewinnendes Lächeln.
Larry stützte Elise, als sie beinahe stolpernd die Halle durchquerte. Er war ein Stückchen größer als sie, wenn auch nicht um vieles, sie schien jedoch ziemlich schwer für eine so schlanke Figur. Sie ließ den Kopf hängen und wiederholte in einem fort: »Bitte lassen Sie nicht zu, daß jemand mich so sieht.«
Alles war von ihm an der Rezeption geregelt worden. Dem Himmel sei Dank, daß sie seine Kreditkarte akzeptiert hatten. Mit dem rechten Arm hielt er Elise aufrecht, als er den Schlüssel zu Zimmer 705 ins Schloß zu stecken versuchte.
Es kam ihm vor, als ob er träumte, doch kaum war Elise auf das Bett gesunken, begann sie heftig zu weinen. Sie krallte sich in das Kissen, drückte es mit angezogenen Beinen gegen ihren Bauch. Hilflos stand Larry über sie gebeugt. Dann hob sie den Kopf. »Mir wird schlecht.« Sie stöhnte. Sie schafften es gerade noch rechtzeitig bis zum Waschbecken, und er hielt ihr den Kopf, als sie sich heftig in das Becken erbrach. Sie stöhnte, würgte immer wieder, um schließlich gequält aufzuschreien: »So schauen Sie doch nicht hin!« Aber sie befand sich in einer so schlechten Verfassung, daß er sie nicht alleine lassen mochte. Nach einer Weile wurde es besser. Er stützte sie, wobei er darauf achtete, daß sie sich nicht im Spiegel sehen konnte, und wischte ihr Gesicht mit einem feuchten Tuch ab. Als er sicher war, daß sie sich von alleine aufrecht halten konnte, reichte er ihr ein Glas Wasser, damit sie sich den Mund spülen konnte. Anschließend gebrauchte sie die vom Hotel bereitgelegte Gratiszahnbürste. »Würden Sie mir bitte meine Tasche bringen?« Sie ließ ihn, gegen den Türrahmen gelehnt, zuschauen, wie sie sich das Gesicht wieder herrichtete. Mit sicheren Handgriffen erneuerte sie Lippenstift, Lidschatten und gab etwas Highlighter auf ihre Wangenknochen. Als sie fertig war, blickte sie auf sein Spiegelbild und sah ihn zum ersten Mal richtig an. Ohne ein Wort ging sie an ihm vorbei ins Schlafzimmer. Er folgte ihr.
»Ich hoffe, Sie sind wieder in Ordnung.« Er kam sich sehr unsicher vor.
»Nein, durchaus nicht. Trotzdem vielen Dank. Es geht mir miserabel, und das Ganze ist mir unsagbar peinlich.«
»Aber das ist absolut nicht nötig. Ich bin Ire, mit fünf Schwestern. Sie alle mußten sich immer übergeben, wenn sie etwas getrunken hatten.« Er war ein Einzelkind, aber einfallsreich.
Sie wandte den Kopf ab. »Dann war es vielleicht Glück im Unglück für mich, daß ich gerade Ihnen begegnet bin.«
»Es war mir ein Vergnügen.« Sie schaute auf und war überrascht, auch nicht das kleinste Anzeichen von Sarkasmus bei ihm zu entdecken. Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen, und sie wandte sich ab.
»Ich hole nur gerade meine Sachen.« Sie griff nach ihrem Schal und ihrer Jacke, die beide auf dem Bett lagen. Plötzlich war er neben ihr, seine Arme umschlangen sie, und seine Wange preßte sich an die ihre. Erstaunt fühlte sie, wie weich und warm sie war. Sie brannte geradezu an ihrer eigenen, kühlen. Dann nahm er behutsam ihr Gesicht in seine Hände und küßte sie sanft auf den Mund. Seine Lippen waren genauso weich. Lange standen sie so, bis Elise zu spüren begann, wie sehr sie zitterte.
Da ließ er sie los und wandte sich ab. »Jetzt bin ich es, dem das sehr peinlich ist«, stieß er hervor. Sie sah ihm an, daß er es ernst meinte. »Das habe ich nicht gewollt. Es tut mir schrecklich leid.«
In den beinahe zwanzig Jahren hatte sie Bill niemals betrogen. Allein von ihrer Erziehung her wäre es ihr nicht möglich gewesen, und außerdem war sie zu klug, sich mit einem von den Männern einzulassen, die ihr Avancen gemacht hatten. Dieser Mann hier war allenfalls halb so alt wie sie, und wer weiß, wo er herkam. Seine Manschetten waren ausgefranst, und sein Haar war schlecht geschnitten. Trotzdem trat sie zu ihm. Wenn er sie jetzt nicht festhielt, wäre es ihr Tod. So einfach war das. Sie brauchte einen Halt. Alles andere zählte nicht.
Larry wußte nicht, wie ihm geschah. Sie war
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