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Der Club der Teufelinnen

Titel: Der Club der Teufelinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldsmith Olivia
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›futon‹-reif.
    Annie dagegen war trotz ihrer Erschöpfung zu aufgeregt, um schon schlafenzugehen. »Meinen Sie, es ist hier sicher genug, um einen kleinen Spaziergang machen zu können?«
    »So sicher wie in Abrahams Schoß«, erwiderte Bob Blogee. »Es gibt hier keine Überfälle, und verlaufen kann man sich auch nicht, denn Kioto ist nach dem Schachbrettmuster angelegt, so wie New York.«
    Noch ein wenig zögernd ging Annie auf Erkundigung. Aber die warme Nacht, der Mondschein und das pittoreske Stadtbild faszinierten sie. Buddhistische Tempel neben Shinto-Schreinen und daneben gleich wieder Teehäuser und Bars, Privathäuser, abgeschirmt durch Holztore, feucht schimmerndes Pflaster unter ihren Füßen. Alles war so exotisch, so asiatisch, und doch fühlte sie sich vollkommen heimisch.
    Sie ging bis zu der Brücke, die den Kamo überquerte, der die Grenze zum Pontoko-Distrikt bildete, dem berühmten Geisha-Viertel. Annie stand auf der Brücke und beobachtete den Widerschein der beleuchteten Fenster und Laternen im Wasser. Weshalb bin ich nicht schon früher hierhergekommen? fragte sie sich. Japan hat mich schon immer fasziniert. Warum habe ich so lange gewartet?
    Plötzlich schien ihr alles so vertraut. Hier sollte sie bleiben. Hier herrschten Ordnung, Schönheit und Frieden. Hier fühlte sie sich am rechten Platz. Sie würde wiederkommen.
    In diesem Augenblick, gleichsam als Belohnung für ihr inneres Versprechen, erschien eine Frau im traditionellen Gewand in einem der Tore. Ihr Kimono schimmerte im Mondlicht. An ihren langen Ärmeln und ihrer besonderen Frisur erkannte Annie in ihr eine Maiko, eine Geisha-Schülerin. Still glitt das Mädchen an ihr vorüber. Zufrieden und mit sich im reinen, kehrte sie zurück zur Herberge und ihrem Futon.
    Den folgenden Tag verbrachten sie mit Stadtbesichtigungen und dem Kauf von Perlen.
    »Und nun, meine Damen, ist es an der Zeit, sich den Geschäften zuzuwenden. Heute abend treffen wir Tanaki«, erinnerte sie Bob Blogee. »Er wird uns ein Bankett im traditionellen japanischen Stil geben. Ein Essen zusammen mit Geishas, also eine höchst ehrenvolle Einladung.«
    Annie machte sich mit ganz besonderer Sorgfalt für diesen Abend zurecht, der in einem Teehaus in Gion, dem berühmtesten Geisha-Viertel Japans, stattfinden sollte.
    Gion vermittelte einen Eindruck diskreter Zurückhaltung, mit Straßen, wo schlichte Tore den Blick auf liebliche Gärten verwehrten. Es gab keinerlei Neonbeleuchtung, keine Barreklamen. In dem Teehaus gelangte man vom Hof in einen großen Raum, wo sich Mr. Tanaki, sein Assistent Mr. Atawa und einige weitere Herren bereits eingefunden hatten. Bob Blogee wurde zum Ehrenplatz geleitet, mit der Tokonoma im Rücken.
    Annie kniete zwischen Mr. Wanabe und Mr. Atawa. Es war jedoch Tanaki, der ihr Interesse erregte.
    Er war alt, wohl schon in den Siebzigern, vielleicht auch älter. Aber er hatte, was die Japaner iki nennen, das asiatische Äquivalent zu Schick. Sein Anzug aus dunkelblauer Seide war von allerbestem Schnitt, wie auch sein volles weißes Haar. Seine goldenen Manschettenknöpfe zeigten eine Art Familienwappen, und an seinem linken kleinen Finger trug er einen schmalen Siegelring.
    Wahrscheinlich spürte er ihren Blick, denn er schaute sie gleichfalls an. Seine dunklen Augen unter den buschigen Brauen musterten sie kurz, abschätzend.
    Verblüfft stellte Annie fest, daß er eine gewisse Ausstrahlung auf sie hatte, aber dann lenkte sie der Beginn des Festessens ab. Es begann mit dem Eintreten der Maikos und Geishas in prächtigen Kimonos, komplett mit Obi, von denen je eine hinter jedem Gast Platz nahm. Sie schenkten Sake aus Krügen ein, die sie mit hereingebracht hatten.
    Annie schaute hinüber zu Elise. Es war üblich, bei derartigen Essen reichlich, wenn nicht sogar überreichlich zu trinken. Elise jedoch drehte mit Nachdruck ihre Schale um. Die Geisha musterte sie kurz, lächelte dann und neigte den Kopf.
    Der erste Gang bestand, wie üblich, aus einem rohen Gericht. Ihm würden, wie Annie wußte, ein gesäuertes, ein gedünstetes, ein geröstetes, dann ein gebackenes und noch weitere folgen.
    »Mögen Sie die japanische Küche?« fragte Mr. Atawa sie in perfektem Oxford-Englisch.
    »Sehr sogar.« Anders als die übrigen, die sich nicht viel zu sagen hatten, unterhielten beide sich über seine Arbeit als Übersetzer und Assistent von Mr. Tanaki und über die hier vorgesehene Darbietung.
    »Die Maiko wird sich zurückziehen, und eine der Geishas

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