Der Club der Teufelinnen
Miguel an, nahm ihn bei der Hand und winkte ein Taxi herbei.
»Ich weiß, wohin wir gehen können.« Sie sprach schnell, geradezu inspiriert, und gab dem Fahrer die Anweisung: »Bringen Sie uns bitte zum Carlyle.«
Im Lift standen sie dicht beieinander. Der Schlüssel von Zimmer 705 baumelte von Annies Hand und schlug gegen Miguels Schenkel. Ihre Hände waren kalt, wie immer, aber sie konnte spüren, wie die Hitze in Wellen von Miguel herüberzudringen schien. Wortlos gingen sie den Gang entlang, öffnete die Zimmertür.
»Miguel«, gestand sie beim Eintreten, »ich bin nervös.«
»Ich genauso.«
»Ich tue so etwas nicht alle Tage.«
»Ich ebensowenig.«
»Seit ich verheiratet bin, habe ich mit niemandem sonst geschlafen als mit meinem Mann.«
»Ich habe auch nur mit meiner Frau geschlafen.«
»Tatsächlich?« Irgendwie war Annie davon ausgegangen, daß Männer immer ein Verhältnis haben. Daß dies bei Miguel nicht der Fall war, dämpfte ihre Nervosität nicht im mindesten.
Sie trat auf Miguel zu, nahm seine warme Hand in ihre eigene kalte und zog ihn sanft auf die Kante des Bettes.
»Wie kalt du bist«, rief er aus.
»Wärme mich.«
Er lächelte, führte ihre Hände zu seinem Gesicht, küßte ihre Handflächen. Sein warmer Atem war ein köstlicher Kitzel auf ihrer Haut. Dann war sein Mund ganz weich auf dem ihren und drückte sie zurück auf das Bett.
Brenda lag auf dem Rücken in dem breiten Bett, die Hand auf ihrem Bauch. Kein Zweifel: Er war schon etwas flacher.
Sie wandte den Kopf Diana zu, die neben ihr schlief. Brenda lächelte. Was für einen kindlichen Ausdruck Dianas Gesicht doch bekam, wenn sie schlief. Ohne Make-up, mit zerzaustem Haar sah sie wie ein Farmermädchen aus. Brenda konnte es kaum glauben, daß diese brillante Frau, dieses lustige Vollweib mit Köpfchen sie tatsächlich liebte, und zwar so, wie sie war. Und in der letzten Zeit war es mit ihr immer besser geworden. Nicht nur gewichtsmäßig. Brenda schien es, als ob sie zum ersten Mal genug Selbstvertrauen besaß, das zu sagen, was sie wirklich meinte, und nicht nur kesse Sprüche von sich gab. Das beste bei alldem war, daß Diana ihr zuhörte und sie nie für verrückt oder unvernünftig erklärte.
Brenda zog die Decke über Dianas Schulter. Sie war glücklich. Sie hatte reichlich Geld, eine neue Arbeit, gute Freunde und ihre Selbstachtung wiedergewonnen. Und sie wurde geliebt. Wie lange würde dies so bleiben? Dann rief sie sich selbst zur Ordnung. Zynismus hatte zur alten Brenda gehört, doch jetzt erkannte sie ihn als ein Merkmal ihrer Verzweiflung. Es wird dauern, so lange es eben dauert. Manchen Menschen begegnete dies nie. Ich gehöre zu den ganz besonders Glücklichen. Lächelnd sah sie zu Diana hinüber.
Auch Anthony und Angela schienen Diana zu mögen. Sie war sich nicht sicher, ob sie schon etwas ahnten; sie hatten das Thema noch nicht einmal angesprochen. Überhaupt kam sie in letzter Zeit nur wenig dazu, mit ihren Kindern zu reden. Gestern erst hatte Anthony sie angerufen, und Angela hatte sich beklagt, daß sie ihre Mutter nur noch so selten sah. Brenda mußte lachen bei dieser Umkehrung der Verhältnisse. Ja, vielleicht war sie früher wirklich ein bißchen zu gluckig gewesen.
Derzeit war sie zu beschäftigt, um sich allzuviel in die Angelegenheiten ihrer Kinder einzumischen. Die Arbeit bei Paradise/Loest war faszinierend; sie hatte wirklich das Gefühl, dort einen wichtigen Beitrag zu leisten. Und Diana war von allem hingerissen, egal, ob es sich um ein neues Restaurant, ein großartiges Buch oder um engagierte Comics handelte. Und der Sex erst! Sogar jetzt, so im Dunkeln, wurde sie rot. Bislang hatte sie nicht einmal geahnt, daß Sex etwas so Sinnliches und dann auch wieder so romantisch sein konnte. Und wenn sie das zur Außenseiterin machte, dann war das eben so. Es war in ihr gewesen, seit ihren Mädchentagen. So war sie, und sie würde sich nie wieder selbst verleugnen. Ihre einzige Hoffnung war, daß Diana sie auch weiterhin liebte. Denn Liebe, gleichgültig welcher Art, war immer etwas Wunderbares.
Gil streckte sich in seinem bequemen Erste-Klasse-Sessel. Wie gewöhnlich hatte er für zwei gebucht, damit er während des Flugs von Tokio nach New York nicht gestört wurde. Achtzehn Stunden dauerte es von Tokio nach New York, und sogar in der ersten Klasse konnte es einem heutzutage passieren, daß man neben einem ausgemachten Kretin saß. Aber das wichtigste war, daß dabei niemand seine höllische
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