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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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unzugänglich wie kein anderes auf der Welt. Da gibt es dichte, gebirgige Dschu n gelgebiete, in denen niemand lebt. Sie werden von tiefen Schluchten zerschnitten und enden an der Moskito-Küste. Ich nehme an, dorthin ist er gegangen - ins Landesinnere.«
    »Das ist plausibel.«
    »Ich übernehme den Fall«, sagte Hauser.
    Philip empfand Gereiztheit. Er erinnerte sich nicht daran, ihm den Auftrag offiziell angeboten zu haben. Der Bursche hatte seine Kompetenz allerdings schon unter Beweis g e stellt, und da er die Geschichte nun kannte, musste er wohl mit ihm auskommen. »Wir haben noch nicht über Ihr H o norar gesprochen.«
    »Ich benötige einen Spesenvorschuss. Ich rechne damit, dass der Fall teuer wird. Wenn man in einem Land der Dritten Welt Geschäfte macht, muss man alle Nase lang irgendeinen Tomas, Rico oder Orlando schmieren.«
    »Ich hatte eigentlich an ein Erfolgshonorar gedacht«, erwiderte Philip schnell. »Wenn wir die Sammlung finden, kriegen Sie, sagen wir mal, ein paar Prozente. Außerdem sollte ich erwähnen, dass ich vorhabe, mit meinen Brüdern zu teilen. Das ist nur gerecht.«
    »Erfolgshonorare sind was für Anwälte, die sich mit Autoversicherungen herumstreiten. Ich brauche einen Spese n vorschuss. Im Erfolgsfall wird eine zusätzliche Prämie fä l lig.«
    »Einen Spesenvorschuss? In welcher Höhe etwa?«
    »Zweihundertfünfzigtausend Dollar.«
    Philip wäre beinahe in Gelächter ausgebrochen. »Wie kommen Sie darauf, dass ich so viel Geld habe?«
    »Ich komme nie auf was, Mr. Broadbent. Ich weiß etwas. Verkaufen Sie den Klee.«
    Philip spürte, dass sein Herz einen Schlag aussetzte. »Was?«
    »Verkaufen Sie das große Aquarell von Paul Klee, das Sie besitzen. Die blaue Kirche. Es ist ein schönes Bild. Ich könnte es vermutlich für vierhundert Mille an den Mann bringen.«
    Philip explodierte. »Ich soll ihn verkaufen? Niemals! Mein Vater hat mir das Gemälde geschenkt!«
    Hauser zuckte die Achseln.
    »Woher wissen Sie überhaupt, dass es mir gehört?«
    Hauser lächelte und hielt ihm seine weichen weißen Handflächen wie Calla-Lilien entgegen. »Sie wollen doch den Besten anheuern, Mr. Broadbent, nicht wahr?«
    »Ja, aber das ist Erpressung!«
    »Ich erkläre Ihnen mal, wie ich arbeite.« Hauser neigte sich vor. »Meine erste Loyalität gilt dem Fall, nicht dem Klienten. Wenn ich einen Fall annehme, löse ich ihn auch, egal welche Konsequenzen dies für den Klienten hat. Ich behalte den Vorschuss. Im Erfolgsfall bekomme ich ein Z u satzhonorar.«
    »Diese Diskussion ist irrelevant. Ich werde den Klee nicht verkaufen.«
    »Manchmal verliert ein Klient die Nerven und möchte einen Rückzieher machen. Manchmal widerfährt braven Menschen auch Böses. Dann gebe ich ihren kleinen Liebli n gen ein Küsschen, gehe zur Beerdigung und mache weiter, bis der Fall gelöst ist.«
    »Sie können nicht erwarten, dass ich das Gemälde verkaufe, Mr. Hauser. Es ist der einzige Wertgegenstand, den ich von meinem Vater habe. Ich liebe dieses Bild.«
    Philip stellte fest, dass Hauser ihn auf eine Weise anschaute, die ihm Unbehagen bereitete. Sein Blick war leer, seine Miene ruhig, gefühllos.
    »Sehen Sie es mal so: Das Gemälde ist das Opfer, das Sie bringen müssen, um an Ihr Erbe zu kommen.«
    Philip zögerte. »Glauben Sie denn, dass wir Erfolg h a ben?«
    »Ja.«
    Philip schaute Hauser an. Er könnte das Gemälde schließlich auch irgendwann zurückkaufen. »In Ordnung, ich verkaufe den Klee.«
    Hausers Blick verengte sich noch mehr. Er zog noch ei n mal vorsichtig an der Zigarre, dann nahm er sie aus dem Mund.
    »Im Erfolgsfall beträgt mein Honorar eine Million Dollar.« Dann fügte er hinzu: »Wir haben nicht viel Zeit, Mr. Broa d bent. Ich habe schon Tickets nach San Pedro Sula für uns gebucht. Wir nehmen die erste Maschine, die nächste W o che rausgeht.«

7
     
    Als Vernon Broadbent mit dem Chanten fertig war, blieb er mit geschlossenen Augen eine Weile still in dem kühlen, dunklen Raum sitzen und erlaubte seinem Geist nach der langen Meditation, an die Oberfläche zu gelangen. Als sein Bewusstsein zurückkehrte, hörte er allmählich wieder das ferne Brausen des Pazifiks und roch die salzige Luft, die die nach Myrrhen duftende Beengtheit des Vihara durchdrang. Das Leuchten der Kerzenflammen auf seinen Lidern erfül l te seinen inneren Blick mit einem rötlichen Flackern.
    Dann öffnete er die Augen, atmete mehrmals tief durch und stand auf. Er empfand noch immer das zerbrechliche Gefühl des

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