Der Cop und die Lady
alltäglich sind. Sie streichelte Sigs glänzendes Fell. „Was ist das denn für ein Hund?”
„Ein Dobermann.”
Natürlich. Fast jeder Cop hatte einen Dobermann. Oder einen deutschen Schäferhund. Dann warf sie einen kritischeren Blick auf Sig, der sich nun auf den Boden geworfen hatte und ihr auffordernd den Bauch zum Streicheln hinreckte.
Der Hund hatte nicht diesen lauernden, unruhigen Blick, den sie gewöhnlich Dobermännern zuschrieb. Er schaute einfach nur lieb und etwas tapsig, wie ein Hund aus einem Comic. Außerdem hatte er Schlappohren. „He, Moment, haben Dobermänner normalerweise nicht einen kupierten Schwanz und so ganz winzige, aufrecht stehende Ohren?”
„Stimmt. Auf die Welt kommen sie aber so wie er.” Mike zeigte mit dem Daumen auf Sig. „Und ich habe es damals einfach nicht über das Herz gebracht, ihn so verstümmeln zu lassen.”
„Das freut mich”, sagte Nina weich. „Ich finde seine Ohren richtig süß.” Als sie ihn spielerisch daran zog, verdrehte Sig die Augen und himmelte sie an.
„Na, Sie scheinen sein Herz ja im Sturm erobert zu haben”, bemerkte Mike.
„Wenn Sie nichts dagegen haben, wird er Ihnen jetzt für einen Augenblick Gesellschaft leisten. Ich möchte nur kurz duschen.”
Nina war so mit dem Hund beschäftigt gewesen, dass sie ihrer Umgebung noch gar keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Als sie sich nun umsah, erschien es ihr einen Moment lang, als stünde sie im Freien. Das gesamte Obergeschoß, ein einziger riesiger Raum, war über und über in Licht gebadet, das durch die verglaste Decke und die ebenfalls verglasten Wände hereinfiel. Der Raum sah aus wie ein Urwald, alles war Grün. Aus hohen Blumentöpfen wuchsen Bäume mit riesigen Blättern und Pflanzen, die sie noch nie im Leben gesehen hatte. Von den Rohren, die an der Decke entlangliefen, rankten sich satter grüner Wein und andere Kletterpflanzen herab.
„Wo bin ich denn hier?” rief sie Mike hinterher.
„Bei mir zu Hause.” Er verschwand im hinteren Teil des Lofts.
Während Nina sich weiter umschaute, leckte ihr der Hund hingebungsvoll die Hand. Als sie zu ihm herabsah, ließ er von ihr ab, schnappte sich einen kleinen Ball, schaute sie an und wedelte hoffnungsvoll mit dem Schwanz.
„Na, willst du ein bisschen spielen, Großer? Nun, warum nicht?” Nina nahm ihm den Ball aus der Schnauze und warf ihn in die entgegensetzte Seite des Raums.
Wenig später wurde ihr bewusst, dass sie einen Fehler gemacht hatte, denn Sig konnte gar nicht genug bekommen. Er raste durchs Zimmer, holte den Ball, raste zurück, legte ihn ihr vor die Füße und sah sie wieder schwanzwedelnd an. Und das wieder und wieder. Doch jedesmal, wenn er davongaloppierte, um den Ball zu holen, nutzte sie die Gelegenheit, um sich umzusehen.
Der dunkle Holzfußboden war von langer Benutzung abgetreten, aber sauber. Im hinteren Teil des Lofts befand sich die Küche, wo ein Esstisch mit vier Stühlen stand. Halb hinter hohen Pflanzen versteckt entdeckte Nina ein schon leicht ramponiertes Sofa mit blauen Bezügen, das auf einem roten Läufer stand, und ein paar leichte, geflochtene Korbsessel. Auf der anderen Seite gegenüber der Küche erhob sich ein hölzernes Podest, auf dem ein Doppelbett und ein Regal mit dem Fernseher darauf seinen Platz hatte. Ansonsten war das Loft bis auf die Pflanzen leer - ein ideales Spielgelände für Sig, ein unkonventioneller Ort zum Wohnen. Ist wahrscheinlich nicht ganz einfach, hier zu leben, dachte Nina. Aber vielleicht lohnte sich ja die Anstrengung. Mikes Möbel wirkten sehr bescheiden, fast spartanisch, doch das hereinströmende Licht verlieh dem Raum eine beinahe weihevolle Atmosphäre, man fühlte sich fast wie in einer Kathedrale, und die Pflanzen gaben der Wohnung Leben.
Pfoten tappten eilig über den Boden und bremsten kurz vor ihr. Sig platzierte den Ball sorgfältig genau vor ihren Schuhspitzen, sah sie seelenvoll an und wartete.
„Na gut “, sagte Nina. „Einmal noch, aber dann ist Schluss.”
„Letztes Spiel”, hörte sie Mikes Stimme hinter sich. Sie drehte sich um. Er tauchte gerade aus dem Bad auf, eingehüllt in eine dicke, weiße Wolke aus Wasserdampf. Nina war sich bewusst, dass sie ihn anstarrte, aber sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Und das nicht nur deshalb, weil er lediglich mit einer knapp sitzenden Jeans bekleidet war, die sich eng an seine Hüften und Oberschenkel anschmiegte und seine breite, durchtrainierte, nackte Brust und den flachen Bauch
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