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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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davon ausgehen, dass Patrimonio wie immer die falsche Entscheidung trifft.«
    Elena runzelte die Stirn, als sie ihr Glas absetzte. »Das hört sich an, als wäre Patrimonio der Einzige, der zählt. Ich weiß, dass er den Vorsitz führt, aber was ist mit dem Ausschuss? Hat der nicht ebenfalls ein Wörtchen mitzureden? Oder sind das Strohmänner, die nur ins Boot geholt werden, um den Schein zu wahren?«
    Philippe fuhr sich mit den Fingern durch die Haare – eine alte Gewohnheit –, bis er merkte, dass kaum noch etwas da war, um hindurchzufahren. »Der Stadtplanungsausschuss besteht aus sechs oder vielleicht sieben Mitgliedern. Ich weiß, dass zwei von ihnen ihren Job Patrimonio verdanken, also werden sie sich bei der Abstimmung nach seinen Vorgaben richten. Was die anderen angeht, tappe ich genauso im Dunkeln wie ihr. Sie werden alle beim Empfang erscheinen. Mal sehen, was ich bis dahin herausfinden kann.«
    Das Tagesgericht erschien in seiner ganzen düsteren Pracht: Die Tentakeln und dünne Scheiben des Tintenfisches waren auf einem Bett aus glänzender schwarzer Kamut- oder Engelshaar-Pasta angerichtet. Auf der einen Seite war, als Kontrast in der Textur und als Offenbarung für den Gaumen, wie Philippe schwärmte, eine cremige Soße aus Ziegenkäse drapiert.
    Elena führte die erste Gabel zum Mund und stieß einen lei sen, lustvollen Seufzer aus. »Köstlich. Habe ich schwarze Lippen?«
    Sam beugte sich vor, um ihren Mund zu inspizieren. »Noch nicht. Aber deine Zähne hat es erwischt.«
    Elena wandte sich Philippe zu. »Siehst du jetzt, was ich alles ertragen muss?«
    Philippe nickte mitfühlend. »Der Angelsachse verpackt seine Liebeserklärung in deftigen Humor. Ein Franzose ist …« Er zuckte andeutungsweise mit einer Schulter. »Er ist subtiler, romantischer, insgesamt faszinierender.«
    »Gefällt mir. Faszinierend ist gut.«
    Sam hatte das Gefühl, dass es an der Zeit für einen Themenwechsel war. »Erzähl mal, was es mit dieser Mimi aus deiner Redaktion auf sich hat. Ist das was Ernstes? Hat sie schon angefangen, deine Wohnung umzugestalten? Bei dir ist es ihr zumindest gelungen, du siehst aus wie neu!
    »Hörst du? Jetzt macht er sich über mich lustig«, sagte Philippe zu Elena. »Also gut: Was soll ich euch über Mimi erzählen? Klein und zierlich, rothaarig, hochintelligent, geistreich, astreine Beine und offensichtlich« – er grinste – »mit einem hervorragenden Geschmack in puncto Männer gesegnet. Sie wird euch gefallen. Sie wäre heute Abend gerne mitgekommen, aber sie musste ins Kampfsporttraining.«
    Die Gedanken an Mimi wurden von der Überlegung abgelöst, ob noch Platz für ein Dessert war. Der Journalist überredete Elena, einen ›gedopten profiterole ‹ zu probieren, einen Windbeutel der Spitzenklasse mit einer herrlich leichten crème Chantilly gefüllt. Sam begnügte sich mit einem Manchegokäse – hauchdünn geschnitten, wie er sein sollte – mit Quittengelee und einem vollmundigen Rotwein aus dem Languedoc. Während er aß, hörte er zu, wie Philippe Elena einige der Zerstreuungen schilderte, die Marseille zu bieten hatte: Die Cathédrale de la Major, gestützt von 444 Marmorsäulen; der Vieux Port oder Alte Hafen, der das historische und kulturelle Zentrum der Stadt bildete; das Musée Cantini mit Kunstwerken aus dem zwanzigsten Jahrhundert; Marcel Pagnols Stammkneipe, die Bar de la Marine; die Vieille Charité, ein Prunkbau, vom Hofbaumeister Ludwig XIV. als Armenhospiz entworfen; der grandiose Ausblick von Notre-Dame de la Garde. Oder vielleicht ein Rundgang durch die Boutiquen, bei dem sich Mimi gerne als Fremdenführerin zur Verfügung stellen würde, gefolgt von einem erholsamen Aufenthalt in einem der Wellnesstempel an der Corniche, der Küstenstraße, die sich kilometerlang auf den Klippen entlangwindet. Und nicht zu vergessen der blutigste Zeitvertreib in Marseille.
    »Wenn ihr Fußball mögt, solltet ihr euch das nicht entgehen lassen – das letzte Spiel der Saison, Olympique de Marseille gegen Paris Saint-Germain«, sagte Philippe. »Wir verabscheuen diese Mannschaft aus Paris. Denkt an meine Worte, das wird kein Freundschafts-, sondern ein Feindschaftsspiel.«
    »Klingt interessant«, warf Elena ein. »Was zieht frau bei einem Feindschaftsspiel an?«
    »Panzerweste.« Philippe holte tief und geräuschvoll Luft durch die geschürzten Lippen. »Diese PSG-Fans sind Bestien, schrecken vor nichts zurück.«
    »Während ihr natürlich Unschuldsengel seid«, fügte Sam

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