Der Coup von Marseille
Sie nicht auch? Glauben Sie, es wäre hilfreich, wenn ich zur Präsentation käme nur für den Fall, dass es mit den Franzosen Schwierigkeiten gibt?«
»Daphne, ich würde nicht im Traum daran denken, ohne Ihre Unterstützung auszukommen.«
»Sehr gut, mein Lieber. Dann bis morgen. Ich werde gegen Mittag mit den Präsentationsunterlagen bei Ihnen sein. Und nun ab ins Bett, damit Sie morgen ausgeschlafen sind.«
So viel dominante Fürsorge hatte er seit seinem letzten Jugendherbergsaufenthalt nicht mehr genossen.
Es war drei Uhr morgens, und Brian und Dave fiel es nicht schwer, direkt über dem Strand einen Parkplatz für ihr Leihauto zu finden. Ohne sich von ihren Sitzen erheben zu müssen, konnten sie das Zelt in einer Entfernung von weniger als fünfzig Metern erkennen in dem schwachen Licht, das von der Promenade auf den Strand schien.
»Glaubst du, dass jemand da drinnen Wache schiebt?«
»Könnte sein. Vermutlich irgendein alter Knacker«, meinte Dave.
»Angenommen, er horcht an der Matratze?«
»Aber nicht mehr lange, richtig? Wir fangen in der dunklen Ecke an. Dann hat er Zeit, stiften zu gehen. Na dann. Los geht’s.«
Sie stiegen aus und hielten nach beiden Seiten der menschenleeren Corniche Ausschau, bevor sie den Kofferraum öffneten und ihm zwei Kerosinkanister und zwei Gasfeuerzeuge entnahmen. Einen Augenblick später marschierten sie die Stufen zum Strand hinunter und schlichen lautlos durch den Sand. Sie wollten gerade zu beiden Seiten des Zeltes ausschwärmen, als Brian wie angewurzelt stehen blieb. Er drehte sich zu Dave um, nahe genug, um zu flüstern.
»Was ist das für ein Lärm?«
Sie standen reglos in der Dunkelheit, lauschten angespannt. Aus dem Innern des Zeltes war ein leises, fortwährendes Grollen zu vernehmen.
»Die haben da drinnen einen Generator aufgestellt«, mutmaßte Dave. Aber sicher war er sich dieser Deutung nicht.
Das Grollen verstärkte sich, als die Zeltklappe aufgestoßen wurde und zwei dunkle Umrisse auf dem Strand erschienen.
»Verdammter Mist.« Dave war so überrascht, dass er vergaß zu flüstern. Die beiden Schatten hörten das Geräusch und liefen auf die nicht angekündigten Gäste zu, argwöhnisch und lautlos. Es waren Rottweiler, wie Dave und Brian jetzt erkannten. Die Engländer verzichteten auf eine eingehende strategische Beratung, ließen reflexhaft die Kanister fallen und rannten zur Treppe, weg vom Strand, nur um festzustellen, dass die Hunde einen Bogen um sie geschlagen und ihnen den Fluchtweg abgeschnitten hatten. Von dieser Kriegslist überrascht, traten die beiden Männer eilends den Rückweg an. Die Rottweiler folgten ihnen in Richtung Meer, und zwar so wild entschlossen und diszipliniert wie Hütehunde auf Patrouille, deren Aufgabe darin besteht, ihre Herde zusammenhalten.
»Kennst du dich mit Hunden aus, Dave? Können die schwimmen?«
Die Hunde wurden schneller und als sie näher kamen, bleckten sie die Zähne, beeindruckende Reißzähne, die im Mondlicht funkelten. Brian und Dave verloren keine Zeit mit anatomischen Betrachtungen. Sie drehten sich um und stürzten sich ins Wasser, wo sie eine eiskalte geschlagene halbe Stunde damit beschäftigt waren, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und die Hunde zu legen. Sie hatten doch nur ein Feuer legen wollen, und nun mussten sie schwimmen, als würden sie morgen das Fahrtenschwimmerzeichen nachholen.
Jules, dessen Beschäftigung darin bestand, Nachtwache zu halten, pfiff die Rottweiler zurück und belohnte sie mit je einem Keks. Auf seinem Rundgang um das Zelt entdeckte er die Kanister. Vielleicht befanden sich Fingerabdrücke darauf. Aber zum Teufel damit, die würden nicht über Nacht verschwinden. Er streckte sich und gähnte. Es reichte, morgen früh die Polizei anzurufen.
Für Lord Wapping begann der Tag zu früh und mit einem Missklang, denn nichts anderes bedeutete der Besuch von Brian und Dave. Völlig durchnässt und mit schamroten Gesichtern mussten sie ihm ein Scheitern auf ganzer Linie beichten. Der Lord bekam das Gefühl, von Helfern umgeben zu sein, die ihren Aufträgen nicht gewachsen zu sein schienen. Es dauerte nicht lange, bis die nächste Hiobsbotschaft eintraf. Ray Prendergast hatte eine E-Mail von Hoffman und Myers erhalten, der Privatbank, die Wappings größter Gläubiger war, und so kurz diese Botschaft war, so unfreundlich war sie auch.
»Sie sind stinksauer, Billy. Und nicht nur das. Sie schicken zwei von ihren Handlangern nach Marseille, um nach dem
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