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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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unmittelbar nach Omsk weiter zu gehen, lag für ihn übrigens kein besonderer Grund vor, diesen Theil der Reise in ihrer Gesellschaft zurück zu legen.
    »Also, meine Herren, es ist abgemacht. Wir reisen zusammen.«
    Dann setzte er mit möglichst gleichgiltigem Tone hinzu:
    »Haben Sie vielleicht einige sicherere Nachrichten über den Tartareneinfall?
    – Leider nein, erwiderte Alcide Jolivet, wir wissen davon ebenso viel, als in Perm allgemein bekannt war. Die Tartarenhausen Feofar-Khan’s haben die ganze Provinz Semipalatinsk überschwemmt und dringen jetzt in Eilmärschen längs des Bettes des Irtysch vor. Sie werden sich also ein wenig beeilen müssen, ihnen bis Omsk noch zuvorzukommen.
    – Ja, Sie haben Recht, bemerkte Michael Strogoff.
    – Dazu geht das Gerücht, es sei dem Oberst Ogareff gelungen, verkleidet die Grenze zu passiren, und er werde sich, in der Mitte der insurgirten Provinz, dem Tartarenchef unverzüglich anschließen.
    – Wie will man das aber wissen? warf Michael Strogoff ein, den diese mehr oder weniger begründeten Neuigkeiten selbstverständlich sehr interessirten.
    – Ei, so wie man eben Alles weiß, antwortete Alcide Jolivet; das liegt so in der Luft.
    – Und Sie haben begründete Ursache zu glauben, daß Colonel Ogareff in Sibirien sei?
    – Ich habe mindestens davon sprechen hören, daß er den Weg von Kasan nach Jekaterinenburg eingeschlagen habe.
    – O Sie wüßten das, Herr Jolivet? ließ sich da Harry Blount vernehmen, den jene Bemerkung des französischen Correspondenten aus seiner Schweigsamkeit aufrüttelte.
    – Ich wußte es, erwiderte Alcide Jolivet.
    – Und es war Ihnen auch bekannt, daß er als Zigeuner verkleidet ging? fragte Harry Blount.
    – Als Zigeuner! rief Michael Strogoff fast unwillkürlich, da er sich der Anwesenheit des alten Tsigauen in Nishny-Nowgorod, seiner Fahrt auf dem Kaukasus und seiner Ausschiffung in Kasan erinnerte.
    – Ich hatte davon eben genug erfahren, um darüber einen Brief an meine Cousine zu richten, antwortete lächelnd Alcide Jolivet.
    – Sie haben in Kasan Ihre Zeit nicht verloren! bemerkte der Engländer in trockenem Tone.
    – Gewiß nicht, liebster College, und während der Kaukasus sich verproviantirte, that ich ganz dasselbe!«
    Michael Strogoff achtete ferner nicht auf das Wortgeplänkel, das sich zwischen Harry Blount und Alcide Jolivet entsponnen hatte. Er gedachte jener Zigeunergruppe, jenes alten Tsigauen, dessen Gesicht er nicht ordentlich sehen konnte, des fremden Weibes in seiner Begleitung, die jenen sonderbaren Blick auf ihn geworfen hatte, und er bemühte sich, alle Details jenes Zusammentreffens wieder im Gedächtniß aufzufrischen, als in geringer Entfernung ein Knall hörbar wurde.
    – »Ah, vorwärts, meine Herren! rief Michael Strogoff.
    – Sieh da, ein braver Kaufmann, der die Flintenschüsse flieht, meinte Alcide Jolivet, der läuft über Hals und Kopf dahin, wo er solche hört!«
    Schnell eilte er aber sowohl selbst, als hinter ihm Harry Blount, der auch nicht der Mann dazu war, feig zurück zu bleiben, Michael Strogoff furchtlos nach.
    Nach wenig Augenblicken befanden sich Alle bei dem Felsenvorsprunge, der den Tarantaß deckte.
    Noch loderten die Flammen aus der durch den Blitzschlag entzündeten Fichtengruppe empor. Die Straße war leer. Und doch, Michael Strogoff konnte sich unmöglich getäuscht haben; das mußte ein Gewehrschuß sein, der vorher an sein Ohr schlug.
    Da hörte man plötzlich ein schreckliches Brummen und am Abhange krachte ein zweiter Schuß.
    »Ein Bär! rief Michael Strogoff, dem jenes Brummen ja bekannt genug war. Nadia! Nadia!«
    Sein Dolchmesser aus dem Gürtel reißend, stürzte Michael Strogoff hastig vorwärts und lief um den Felsen, hinter dem das junge Mädchen zu warten versprochen hatte.
    Grell beleuchteten die von der Wurzel bis zum Gipfel brennenden Fichten den Schauplatz.
    In dem Augenblicke, als Michael Strogoff den Tarantaß erreichte, wälzte sich ihm eine enorme Masse entgegen.
    Es war ein ungeheurer Bär. Der Sturm mochte ihn aus dem Gehölz, das diese Abhänge der Uralberge bedeckt, vertrieben und er eine Zuflucht in seiner gewohnten Höhle gesucht haben, in derselben, welche eben Nadia deckte.
    Zwei von den Pferden zerrissen da, erschreckt über den Anblick des furchtbaren Raubgesellen, ihre Stränge und entflohen; der Jemschik, dem nur seine Thiere am Herzen lagen und der dabei ganz vergaß, daß das junge Mädchen nun allein dem Angriffe des Bären ausgesetzt

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