Der Daleth-Effekt
es ja tun, wenn ich es könnte. Aber du bist der einzige, der sagen kann, was gesagt werden muß. Um ehrlich zu sein – ich habe dich überhaupt erst vorgeschlagen.«
»Ich habe noch nie im Fernsehen gesprochen«, sagte Arnie. »Auch eigne ich mich nicht dafür, in der Öffentlichkeit zu lügen.«
»Niemand würde von Ihnen erwarten, daß Sie lügen«, sagte der tüchtige junge Mann, ließ seinen Aktenkoffer aufspringen und brachte einen Hefter zum Vorschein. »Wir bitten Sie nur, die Wahrheit zu sagen. Ein anderer Sprecher wird die Situation hier schildern und auf die ganzen Einzelheiten eingehen und wird auch nicht lügen. Allenfalls könnte man uns der vorsätzlichen Unterschlagung von Informationen bezichtigen für das, was wir sagen – oder vielmehr nicht sagen. Die Arbeiten hier an der Månebasen sind noch nicht restlos beendet, und es wäre kein großes Verbrechen, anzudeuten, daß wir doch schon fertig sind. Dieses Schiff ist jetzt Teil des Stützpunkts, und draußen lagert das Material für den Weiterbau, der pausenlos vorangetrieben wird.«
»Er hat recht«, sagte Ove leise. »Die Situation wird ständig schlimmer in Dänemark. Gestern abend ist das Atomforschungsinstitut angegriffen worden – ein Wagen voller Männer, die als Polizisten verkleidet waren. Sie sind eingebrochen und haben sich mit den Soldaten herumgeschossen, als sie entdeckt wurden. Insgesamt vierzehn Tote.«
»Wie in Israel – die Terrorüberfälle«, sagte Arnie leise. »Und ich bin schuld daran, daß jetzt auch in Dänemark …«
»Nein, ganz und gar nicht«, widersprach Ove hastig. »Du kannst dir nicht die Schuld an all diesen Ereignissen geben. Aber du kannst helfen, solche Überfälle künftig zu verhindern – ist dir das klar?«
Arnie nickte stumm und starrte aus dem Fenster des Aufenthaltsraums. Das Schiff stand auf der zerklüfteten Mondebene, doch der Blick auf den Himmel wurde durch das steil aufragende Ringgebirge eines großen Kraters begrenzt, an dessen Steilabfall die Basis gebaut wurde.
»Ja, also gut. Ich werde es tun«, sagte Arnie, und nachdem er nun die Entscheidung getroffen hatte, verbannte er sie sofort aus seinen Gedanken. Er deutete auf den Raupenfahrer, der in einen schwarz-gelben Anzug gekleidet war und einen großen Kugelhelm trug.
»Gibt es noch Schwierigkeiten mit undichten Anzügen?« fragte er, als der Mann vom Ministerium davoneilte.
»Ab und zu, aber wir passen auf. Wir halten den Anzugdruck jetzt so hoch, daß es bei kleinen Schäden keine Katastrophe gibt. Wir sollten froh sein, daß wir überhaupt Druckanzüge haben. Ich weiß nicht, was wir gemacht hätten, wenn wir sie nicht von den Briten hätten kaufen können – Restbestände des gestrichenen Raumfahrtprogramms der Royal Air Forces. Wenn sich die Lage etwas beruhigt hat, werden sich die Amerikaner und Sowjets überschlagen, uns ihre Anzüge anzubieten, damit sie auch ein Stück des … wie sagt man?«
»Ein Stück des Kuchens.«
»… ein Stück des Kuchens bekommen, ja. Wir haben das Ding bald eingegraben und völlig überdacht, und dann können wir alles auf elektrisch umstellen, so daß wir keine Sauerstoffzylinder mehr von der Erde heraufschleppen müssen.«
Er hielt inne, als das Fernsehteam seine Geräte hereinschob. Scheinwerfer und Kameras waren schnell aufgebaut, und die Mikrofonschnüre ringelten sich am Boden. Der Leiter des Teams war ein geschäftiger Mann mit Spitzbart und Sonnenbrille, der ständig Befehle brüllte.
»He, Jungs – könnt ihr mal da rübergehen«, sagte er zu Ove und Arnie und forderte die Beleuchtungsdoubles auf, Platz zu nehmen. Die Möbel wurden neu gruppiert, und ein langer Tisch wurde hereingetragen, während der Sendeleiter mit seinen Händen den Bildrahmen bestimmte.
»Ich möchte das Fenster auf einer Seite, die Sprecher darunter, Mikros auf dem Tisch, beschafft mir auch eine Wasserkaraffe und ein paar Gläser und laßt euch etwas für die leere Wand da einfallen.« Er machte auf dem Absatz kehrt und streckte den Arm aus. »Da – das Mondbild. Herüber damit.«
Leif Holm kam in den Raum gestapft. Er trug den gleichen altmodischen Anzug, den er in seinem Büro in Helsingør hatte.
»Na, das war vielleicht ein Flug in der kleinen Blæksprutten «, sagte er und schüttelte den beiden Physikern fest die Hand. »Durfte nicht mal rauchen. Nils hatte Angst, ich würde seine Luftanlage verstopfen oder so etwas.« Als ihm die erzwungene Abstinenz nun wieder einfiel, griff er in die Tasche und
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