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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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verurteilt wurde, allerdings nicht mehr mit der gleichen Verve
wie bisher.
    Kieber weiß,
dass er verloren hat. Mit seiner Berufung gegen das ergangene Zivilurteil kann
er höchstens noch Zeit gewinnen. »Dies war wohl der Anfang vom Ende meines
ehrlichen Kampfes um die Gerechtigkeit«, resümiert er. [124]
    Einer, der
Kiebers Geschichte und Geschichten ein wenig genauer kennt, ist sein alter
Schulfreund Armin Wagner: »Wir haben uns noch des Öfteren getroffen in der
Zeit, und Henry hat da immer wieder Geschichten erzählt. Von daher wusste ich,
dass etwas im Busch war, also dass er mit dem Gericht zu tun hatte wegen den
Immobiliensachen in Spanien, und ich wusste auch von dem Kidnapping in
Argentinien – die beiden Sachen hingen ja zusammen.« Allzu ernst nimmt Armin
Wagner Kiebers Erzählungen aber nicht: »Henry hat ja eine blühende Fantasie
gehabt, und oft dachte ich, dass er mir jetzt wieder eine Story auftischt, die
so sicher nicht stattgefunden hat, er aber mittlerweile selbst davon überzeugt
war, dass sie so passiert sei.«
    Verbürgt ist
hingegen die Geschichte, wie Heinrich Kieber zu Beginn des Jahres 2002 dem
Fürsten ein Glas seiner Lieblingskonfitüre zukommen lässt: »Das war im Vorfeld
der anstehenden Abstimmung über die neue liechtensteinische Verfassung, die der
Fürst durchsetzen wollte«, berichtet Michael Konzett. »In unserem Freundeskreis
waren wir diesen Verfassungsvorschlägen gegenüber eher skeptisch eingestellt.
Henry war klar für die fürstlichen Vorschläge und hat sie als visionär
bezeichnet. Jedenfalls hat Henry auf Umwegen ausfindig gemacht, dass der Fürst
sehr gerne Sauerkirschen- oder Schwarzkirsch -Konfitüre
zum Frühstück isst. Henry hat diese spezielle Marke organisiert und ein Glas
davon mit einem Begleitschreiben aufs Schloss gesandt. Einige Zeit später hat
Henry ein kurzes Schreiben vom Fürsten erhalten, in dem der sich für das
Präsent bedankte – das hat uns Henry natürlich triumphierend vor die Nase
gehalten.«
    Henrys
Freund Sandro Bertini fragt Henry halb belustigt, halb angewidert, was er mit
der Übung bezwecke: »Da hat er geantwortet: ›Man weiß nie, wozu das mal gut
ist.‹«
    Denselben
Gedanken wird Heinrich Kieber gehabt haben, als er sich dazu entschloss, die
geheimen Kundendaten seines Arbeitgebers zu stehlen: Man weiß nie, wozu das mal
gut sein wird.
    Wann er
damit beginnt, die Kundendossiers zu kopieren, ist bis heute nicht im Detail
bekannt. Kieber behauptet, er hätte das Back-up-Tape erst nach seiner Kündigung
entwendet. [125] Die reichte er am 29. August 2002
ein. Seinen Vorgesetzten begründete er den überraschenden Schritt damit, dass
er wieder nach Australien zurückwolle. Und nicht nur am Arbeitsplatz teilt er
seine Auswanderungspläne mit. Kieber hat sich in Rebecca Steiner* verguckt. Die
fröhliche Mittzwanzigerin, blond, tolle Figur, arbeitet 2002 am Schalter einer
Bank in Vaduz: »Henry ist sicher einmal in der Woche bei mir am Schalter
gewesen. Ansonsten sah ich ihn oft im Fitnesscenter. Ich mochte ihn. Aber nicht
so, wie er das vielleicht gerne gehabt hätte. Mehr, weil er so ein unbeholfener
Schussel war. Er hat immer von Australien geschwärmt und schrieb mir im August
2002 eine Ansichtskarte.«
     
    »Hi!
    Nein, Grüsse aus Australien sind dies nicht,
    sondern
– eine liebe Karte aus Balzers, ganz schlicht …
    Henry«
     
    Ob seine Darstellung des Datenklaus den Tatsachen entspricht, ist fraglich: »Der
Diebstahl an sich war denkbar einfach: Ich habe gesehen, dass bei der
alltäglichen Routine das Datenband für ein Weilchen bei der verantwortlichen
Person auf dem Tisch lag, im Umkreis von meinem Arbeitsplatz. Die einzige
Möglichkeit, es zu entwenden, ohne dass es jemand merkt, war natürlich, es
auszutauschen.« [126] Sicher ist allerdings, dass Kiebers
kriminelle Karriere weniger auf technisch avancierte Tricks aufbaut als auf
seiner Gabe, die kleinen Fehler im System zu erkennen und auszunutzen.
    Zwei
zentrale Fragen stellen sich hinsichtlich Kiebers Aussage, wonach er die
elektronischen Daten erst nach seiner Kündigung an sich nahm.
    Erstens:
Beließ die LGT Treuhand den Geheimnisverwalter Heinrich Kieber tatsächlich auf
seinem Posten, nachdem er seine Kündigung eingereicht hatte? Darauf gibt es
eine eindeutige Antwort: Ja! Der 37-jährige Kieber blieb während seiner
gesamten dreimonatigen Kündigungsfrist »Datenverantwortlicher« der LGT
Treuhand. Von einem Unternehmen wie der LGT Treuhand hätte man ein

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