Der Dieb der Finsternis
hergekommen sind.« Michael blickte auf seine wasserdichte Armbanduhr: Es war bereits nach zweiundzwanzig Uhr dreißig. »Wir müssen zum Restaurant zurück, damit unser Freund Iblis nicht misstrauisch wird.«
»Okay.« KC sprang ins Wasser und schwamm auf das Abflussrohr zu. »Du hast mir immer noch nicht gesagt, wie du durch die Wand kommen willst.«
Michael stieg ebenfalls ins Wasser und watete zu dem Rohr, drehte sich dann wieder um und blickte noch einmal auf das Hindernis aus Stein und Ziegel. »Wir müssen Sprengstoff benutzen.«
»Klasse. Da fühle ich mich gleich wesentlich besser«, meinte KC und tauchte unter.
21.
M ichael und KC betraten das Restaurant durch die Hintertür und verließen es durch den Hauptausgang. In den trockenen Sachen, die während ihres Ausflugs bei Busch im Wagen gelegen hatten, standen sie auf dem Bürgersteig und beobachteten, wie ihr Freund um die Ecke bog und die Limousine genau vor ihnen zum Stehen brachte. Busch lief um den Wagen herum und öffnete mit einem Augenzwinkern den Wagenschlag, damit sie in die Luxuskarosse einsteigen konnten, aus der sie erst knapp zwei Minuten zuvor einen Block entfernt ausgestiegen waren.
Michael und KC waren aus der Zisterne heraus auf das Palastdach geklettert und hatten sich zur Vorderseite des Gebäudes vorgearbeitet. Immer noch tropfnass und mit den aufgerollten Seilen über der Schulter waren sie über die Westmauer in eine Seitenstraße geschlüpft, wo Busch sie abgeholt hatte.
»Dir ist hoffentlich klar, dass hier morgen Abend Hunderte von Menschen sein werden – und der Himmel weiß, wie viele Wachmänner, Polizisten und Sicherheitsbeamte in Zivil.«
»Was ein weiterer Grund ist, genau dann zu handeln«, erwiderte Michael. »Die Leute werden nicht auf die Idee kommen, dass jemand so dumm sein könnte, ausgerechnet morgen ein krummes Ding zu drehen. Und Iblis wird es erst recht nicht für möglich halten, schon gar nicht, wenn er dich in die Hagia Sophia gehen sieht.«
»Und unser guter alter Paul wird Iblis im Auge behalten, damit der Bursche keine Mätzchen macht«, sagte KC.
»Apropos«, meinte Michael, »wo ist unser Freund?«
»Fünf Wagen hinter uns«, gab Busch zur Antwort. »Er hat beobachtet, wie ihr zwei ins Restaurant gegangen und wieder herausgekommen seid. Während dieser Zeit hat er sich keinen Zentimeter von der Stelle gerührt.«
Michael und KC blickten aus dem Heckfenster, sahen aber nur ein Meer gelber Taxis. »Dass du ihn ausmachen kannst, ist mir ein Rätsel«, meinte KC.
»Er hat zwei Typen dabei«, sagte Busch. »Ich nehme an, dass sie heute Nacht das Hotel beobachten werden, während er sich eine Mütze Schlaf gönnt. Ihr zieht das Ding also durch?«
»Bei mir gibt es ein paar Probleme, die wir erst noch lösen müssen.« KC lächelte Michael an. »Und Michael muss etwas finden, was Bumm macht.«
»Das sind ja schöne Aussichten. In Michaels Händen kann sogar ein Streichholz zu einer Waffe werden, die den Weltuntergang einläutet.« Busch lachte, als er vor dem Hotel vorfuhr. »Ich gehe jetzt in die Hotelbar. Ich sehe euch dann morgen in aller Frühe.«
»Gute Nacht, Paul«, sagte KC. »Und danke.«
KC und Michael stiegen aus der Limousine und betraten die Hotelhalle.
»Das war das mit Abstand ungewöhnlichste Rendezvous, das ich je hatte«, sagte Michael.
KC lächelte ihn an. »Ich weiß nicht, ob ich es ein Rendezvous nennen würde.«
»Wie würdest du es dann nennen?« Sie gingen zum Fahrstuhl, und Michael näherte sich ihr mit jedem Schritt ein bisschen mehr.
»Michael«, sagte KC leise.
Er sah den bedauernden Ausdruck, den ihre Augen plötzlich annahmen. »Ich glaube nicht, dass du und ich …«
Der Lift kam, und sie stiegen ein. Die Fahrstuhltür schloss sich bereits, als plötzlich eine Hand durch die Öffnung stieß und sie wieder aufzog.
»Warten Sie bitte«, sagte ein älterer Herr mit französischem Akzent. Im nächsten Moment drängten sich acht Personen in die Kabine, die nur für sechs gedacht war. Es wurde so eng, das Michaels und KCs Körper gegeneinanderrieben. Wärme durchströmte beide. Ihre Lippen waren nur Zentimeter voneinander entfernt, während die Leute drückten und schoben, um Platz zu schaffen, sodass die Tür sich schließen konnte.
Langsam fuhr der Fahrstuhl nach oben. Michael und KC waren in ihrer eigenen Welt, genossen die Berührungen des jeweils anderen und nahmen das Lachen und die Gespräche der Franzosen gar nicht wahr. Im dritten Stock hielt der
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