Der Distelfink
Ja. Bloß kannst du sie im Casino nicht eintauschen, wenn du unter achtzehn bist. «
Boris gluckste. » Komm. Uns fällt schon was ein, wenn es nötig ist. Wir ziehen dir deine Homojacke an, die Schuluniform mit dem Wappen drauf, und dann gehst du an den Schalter und sagst: › Ich bitte um Verzeihung, Miss…‹ «
Ich rollte mich herum und boxte ihn kräftig auf den Arm. » Leck mich am Arsch. « Es kränkte mich, wie er meinen Tonfall nachäffte, als wäre ich ein näselnder Snob.
» So darfst du nicht reden, Potter « , sagte er genussvoll und rieb sich den Arm. » Da geben sie dir nicht einen einzigen beschissenen Cent. Ich will nur sagen, ich weiß, wo mein Dad sein Scheckbuch aufbewahrt, und im Notfall « , er streckte die flachen Hände aus, » okay? «
» Okay. «
» Ich meine, wenn ich einen falschen Scheck ausstellen muss, stelle ich einen falschen Scheck aus « , sagte er philosophisch. » Gut zu wissen, dass ich es kann. Ich sag ja nicht, brich in ihr Zimmer ein und wühl in ihren Sachen, aber trotzdem: Ist gute Idee, die Augen offen zu halten, ja? «
XVIII
Boris und sein Vater feierten Thanksgiving nicht, und Xandra und mein Dad hatten einen Tisch für ein » Romantisches Festtagsdinner « im MGM Grand reserviert. » Willst du mitkommen? « , fragte mein Vater, als er sah, dass ich mir den Prospekt auf der Küchentheke anschaute: Herzen und Feuerwerksraketen und blau-weiß-rote Girlanden über einer Platte mit Truthahnbraten. » Oder machst du was anderes? «
» Nein danke. « Er wollte nett sein, aber die Vorstellung, bei einem romantischen Festtagsdings mit Xandra und Dad zusammen zu sein, war mir unbehaglich. » Ich hab schon was vor. «
» Was denn? «
» Ich feiere Thanksgiving mit jemandem. «
» Mit wem? « , fragte mein Vater in einem seltenen Anfall von elterlicher Fürsorglichkeit. » Mit einem Freund? «
» Lass mich raten « , sagte Xandra. Sie stand barfuß, bekleidet nur mit dem » Miami Dolphins « -Trikot, in dem sie schlief, vor dem Kühlschrank und spähte hinein. » Mit derselben Person, die die Orangen und Äpfel aufisst, die ich mitbringe. «
» Ach komm « , sagte mein Dad schläfrig. Er trat hinter sie und schlang die Arme um sie. » Du magst den kleinen Russki doch. Wie heißt er? Boris. «
» Na klar mag ich ihn. Was wohl nur gut ist, denn er ist ja praktisch ständig hier. Scheiße « , sie entwand sich meinem Dad und klatschte sich auf den nackten Schenkel, » wer hat diese Mücke reingelassen? Theo, ich weiß nicht, wieso du nicht daran denken kannst, dass die Tür zum Pool zubleibt! Ich hab’s dir doch immer wieder gesagt. «
» Na ja, wisst ihr, ich könnte Thanksgiving natürlich auch mit euch beiden feiern, wenn euch das lieber ist « , sagte ich freundlich und lehnte mich an die Küchentheke. » Wieso eigentlich nicht? «
Damit wollte ich Xandra ärgern, und zu meiner Freude sah ich, dass es klappte. » Die Reservierung ist nur für zwei. « Sie warf ihr Haar zurück und sah meinen Dad an.
» Ich bin sicher, da wird denen was einfallen. «
» Aber dann müssen wir vorher anrufen. «
» Na schön, dann ruf doch an. « Es sah ein bisschen aus, als sei er stoned, als er ihr locker auf den Rücken klopfte und dann ins Wohnzimmer schlenderte, um sich die Football-Resultate anzusehen.
Xandra und ich standen einen Moment lang da und schauten einander an. Dann wandte sie sich ab, als blicke sie in eine trostlose, unhaltbare Vision der Zukunft. » Ich brauche einen Kaffee « , sagte sie lustlos.
» Ich hab die Tür nicht offen gelassen « , sagte ich.
» Ich weiß nicht, wer das immer macht. Ich weiß nur, dass diese komischen Amway-Vertreter da drüben ihren Pool nicht abgelassen haben, als sie weggezogen sind, und jetzt gibt’s hier zig Mücken, wohin man auch guckt– ehrlich, da ist doch schon wieder eine. Scheiße! «
» Hey, sei nicht sauer. Ich muss nicht mitkommen. «
Sie nahm die Dose mit den Kaffeefiltern herunter. » Was soll das jetzt heißen? « , fragte sie. » Soll ich die Reservierung ändern oder nicht? «
» Was bequatscht ihr beiden denn da? « , rief mein Vater leise aus dem anderen Zimmer, wo er in seinem Nest aus kringelverzierten Untersetzern, alten Zigarettenpackungen und ausgefüllten Bakkarat-Zetteln hockte.
» Gar nichts « , rief Xandra zurück. Ein paar Augenblicke später, als die Kaffeemaschine anfing zu zischen und zu knattern, rieb sie sich das Auge, und ihre Stimme klang rau vom Schlaf, als sie sagte: » Ich habe nicht
Weitere Kostenlose Bücher