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Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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habe nur… «
    » Theo, bitte. « Jetzt war er richtig wütend, was bei mir irgendwie ein Gefühl von Erleichterung auslöste. » Schluss damit. Sei ehrlich zu mir. «
    » Na ja– ich habe die Verkäufe nicht durch die Bücher laufen lassen. Bar auf die Hand. Und ich meine, du konntest unmöglich etwas davon gewusst haben, selbst, wenn du einen Blick in die Bücher geworfen hättest… «
    » Theo, zwing mich nicht, immer weiter zu fragen. Wie viele Stücke? «
    » Oh « , ich seufzte, » ein Dutzend? Vielleicht? « , fügte ich hinzu, als ich Hobies fassungslosen Gesichtsausdruck sah. In Wahrheit waren es drei Mal so viel, doch ich war mir ziemlich sicher, dass die meisten Leute, die ich betrogen hatte, zu ahnungslos waren, um es zu merken, oder zu reich, um sich darum zu scheren.
    » Gütiger Gott, Theo « , sagte Hobie nach einem verdatterten Schweigen. » Ein Dutzend Stücke ? Aber nicht zu solchen Preisen? Nicht wie der Affleck? «
    » Nein, nein « , sagte ich hastig (obwohl ich tatsächlich einige der Objekte für doppelt so viel verkauft hatte). » Und nicht an Stammkunden. « Wenigstens das stimmte.
    » An wen denn? «
    » Westküste. Filmleute– Techniker. Auch Wall Street, aber– junge Typen, Hedgies. Dummes Geld. «
    » Du hast eine Liste der Kunden? «
    » Nicht direkt eine Liste, aber… «
    » Kannst du Kontakt mit ihnen aufnehmen? «
    » Na ja, weißt du, es ist kompliziert, weil… « Ich machte mir keine Gedanken wegen der Leute, die dachten, sie hätten einen echten Sheraton zum Schnäppchenpreis aufgestöbert, und mit ihren Fälschungen in dem Glauben abgehauen waren, mich betrogen zu haben. In diesen Fällen galt unbedingt die alte Regel » Caveat emptor « . Ich hatte nie behauptet, dass die Stücke echt waren. Sorgen bereiteten mir die Leute, die ich aktiv überredet– die ich vorsätzlich betrogen hatte.
    » Du hast keine Listen geführt. «
    » Nein. «
    » Aber du hast eine Ahnung. Du kannst sie aufspüren. «
    » Mehr oder weniger. «
    »› Mehr oder weniger. ‹ Ich weiß nicht, was das bedeuten soll. «
    » Es gibt Dokumente– Frachtunterlagen. Ich kann es rekonstruieren. «
    » Können wir es uns leisten, alle Stücke zurückzukaufen? «
    » Also… «
    » Können wir? Ja oder Nein? «
    » Ähm « , ich konnte ihm unmöglich die Wahrheit sagen, nämlich Nein, » mit Schwierigkeiten. «
    Hobie rieb sich die Augen. » Nun, Schwierigkeiten hin oder her, wir müssen es tun. Keine Wahl. Den Gürtel enger schnallen. Auch wenn es eine Zeitlang schwierig wird– selbst wenn wir die Steuern vergessen. Denn « , sagte er, als ich ihn weiter ansah, » wir dürfen nicht zulassen, dass eins dieser Dinger da draußen vorgibt, echt zu sein. Gütiger Gott « , er schüttelte ungläubig den Kopf, » wie zum Teufel hast du es gemacht? Es sind nicht mal gute Fälschungen! Einige der Materialien– ich habe benutzt, was gerade zur Hand war– beliebig zusammengeschustert… «
    » Eigentlich… « Tatsächlich waren Hobies Arbeiten gut genug gewesen, um einige durchaus ernsthafte Sammler zu täuschen, obwohl es wahrscheinlich keine besonders gute Idee war, das zu erwähnen.
    » … und, verstehst du, wenn eins der Stücke, die du als echt verkauft hast, eine Fälschung ist– sind sie alle falsch. Alles wird in Zweifel gezogen– jedes Möbelstück, das diesen Laden jemals verlassen hat. Ich weiß nicht, ob du daran gedacht hast. «
    » Ähm… « Ich hatte darüber nachgedacht, und nicht zu knapp. Seit dem Mittagessen mit Lucius Reeve hatte ich praktisch ununterbrochen daran gedacht.
    Er war so lange so still, dass ich anfing, nervös zu werden. Doch er seufzte nur, rieb sich die Augen und wandte sich dann halb ab und wieder seiner Arbeit zu.
    Ich schwieg und beobachtete, wie er mit dem glänzenden schwarzen Strich seines Pinsels den Ast eines Kirschbaums nachzeichnete. Alles war jetzt neu. Hobie und ich hatten eine gemeinsame Firma und Steuererklärung. Ich war sein Nachlassverwalter. Anstatt auszuziehen und mir eine eigene Wohnung zu suchen, hatte ich entschieden, oben wohnen zu bleiben, wofür ich ihm eine nicht mal symbolische Miete zahlte. Sofern ich ein Zuhause oder eine Familie hatte, verkörperte er beides. Wenn ich nach unten kam, um ihm beim Leimen zu helfen, tat ich das nicht so sehr, weil er meine Hilfe wirklich brauchte, sondern wegen des Vergnügens, nach Schraubzwingen zu kramen und sich bei laut aufgedrehtem Mahler schreiend zu verständigen; und manchmal wenn wir am Abend für einen

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