Der Domino-Killer
Knien. In die Suchmaske tippte ich ComicsCon New York ein. Dann las ich die Website der Convention … mir brach der Schweiß aus … mein Herz begann heftig zu klopfen.
Beherrsch dich , ermahnte ich mich, unternimm ja nichts, wahrscheinlich hat Mac recht . Vielleicht war es wirklich am besten, wenn ich mich ruhig verhielt. Bei meiner Familie blieb. Den Profis die Sache überließ. Und JPP – dieses Monster.
Aber wie sollte ich hier ruhig herumsitzen und mich pflichtbewusst um meine vom Schicksal gezeichnete Familie kümmern wie eine viktorianische alte Jungfer, wenn der Mann, wegen dem wir in diesem Wolkenkratzer-Mausoleum festsaßen, irgendwo da draußen war? Wie sollten wir da einfach entspannt abwarten, bis JPP wieder die Messer wetzte? Oder gar unser ganzes Leben lang in Angst davor verbringen?
KAPITEL 10
Mac erschien am Donnerstag um kurz vor zwölf. Er roch nach frisch gewaschener Wäsche und Pinienseife und brachte einen Strauß Kapmargeriten in schwarzweiß gestreiftem Einwickelpapier mit. Die Blumen übergab er Andrea, wofür er mit einem breiten Lächeln belohnt wurde, dann setzte er sich auf einen Küchenstuhl und schaute zu, wie sie die Blumen in einer Vase arrangierte, während ich in mein Zimmer ging, um meine Handtasche zu holen.
«Blumen für mich, wo es doch dein Geburtstag ist?», hörte ich Andrea fragen.
«Meine Frau mochte diese Sorte.» Mac redete nicht gern über sich, wie ich wusste und besonders in letzter Zeit verstärkt festgestellt hatte. «Daher dachte ich, dass sie dir vielleicht auch …» Danach war ich zu weit weg und konnte nichts mehr verstehen.
Ich räumte alles aus meiner Handtasche heraus, was ich nicht brauchte, für den Fall, dass ich sie im Javits Center nirgendwo sicher abstellen konnte, und versteckte die Sachen in der oberen Kommodenschublade unter meinen Socken. Ich nahm etwas Bargeld und das Handy mit. Mehr nicht. Am liebsten hätte ich die Handtasche ganz zu Hause gelassen, aber das wäre aufgefallen: eine Frau, die ohne ihre Handtasche zum Lunch geht. Mac wäre so etwas nicht entgangen, und danach hätte er mich kaum aus den Augen gelassen, was ich ja gerade vermeiden wollte.
Mir war klar, dass er mich dafür vielleicht später hassen würde. Aber das unablässige Summen meiner Gedanken war so ohrenbetäubend, ich war so entschlossen, es zu tun, dass ich an nichts anderes als meinen Plan denken konnte.
Wir gingen zum Essen ins Marie-Therese, ein kleines Restaurant an der 11. Straße, Ecke Fourth Avenue. Ich behauptete, es ausgewählt zu haben, weil man im Innenhof unter freiem Himmel essen konnte. Das Restaurant kannte ich von einem früheren Besuch zusammen mit Jackson. Normalerweise mied ich sämtliche Orte, an denen ich mit Jackson oder Cece gewesen war, soweit es ging, aber heute hatte ich meine Gründe. Heute hatte ich etwas Bestimmtes vor. Ich war fest entschlossen. Zielstrebig. Das Marie-Therese passte perfekt: Es war ein wirklich hübsches Restaurant, entspannt, mit seinem eigenen Charme … und in der richtigen Gegend gelegen, genau um die Ecke von Halloween Adventure – dem größten Kostümgeschäft der Stadt. Bei meinen Recherchen hatte ich herausgefunden, dass es nicht ungewöhnlich war, wenn Besucher von Comic-Conventions kostümiert erschienen. Nachdem ich nun wusste, wie einfach es war, die Convention inkognito zu besuchen, war das praktisch wie ein offizielles Erlaubnisschreiben für mich, meinem Instinkt zu folgen; nicht, dass ich gefragt hätte, Mac hätte mich andernfalls aufgehalten. Das war mir klar.
Wir bestellten: Salat, Omelette und Wein.
«Du nippst ja noch immer an deinem ersten Glas», sagte Mac und schenkte sich nach.
«Wegen der Medikamente darf ich eigentlich keinen Alkohol trinken.»
«Das hat dich bisher auch nicht davon abgehalten.»
«Wann hast du in den letzten Monaten je erlebt, dass ich mehr als ein Glas getrunken habe?»
Er überlegte. «Also …»
«Na ja, gut. Zwei.»
«Nie.» Er lächelte.
Während er sich dank des Weins entspannte, zog sich mir der Magen zusammen, und mein Herz klopfte. Ich fühlte, wie sich ein Schweißfilm auf mein Gesicht legte, obwohl es heute nicht sonderlich heiß war. Es war etwas Animalisches in mir, etwas Wildes, als ob mein Körper sich auf die Jagd vorbereitete. Was natürlich auch stimmte. Adrenalin wurde durch meine Blutbahnen gepumpt und alle Energie darauf konzentriert, dass ich die Beute heute vielleicht aufspüren könnte. Obwohl es wahrscheinlicher war, dass es dazu
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