Der Drache am Himmel
sagte.
Im Kirchenraum war es jetzt beinahe dunkel. Nur aus der Seitenkapelle, in der zwei Leuchten die Mosesgestalt anstrahlten, kam etwas Licht. Die Stille war zurück. Um das Rauschen zu hören, dachte Réa, müsste sie sich nur auf jene Bank legen, auf der ihr Nachmittag angefangen hatte. Nur saß dort jetzt Shandar. Wie genussvoll es sein könnte, alle Gedanken zu verscheuchen und sich auszustrecken. Aber in Shandars Gegenwart geziemte sich das nicht. Von wegen! Er war ja gerade abgetaucht. Sie vernahm sein wohliges Ächzen. Und Réa streckte sich auch aus. Doch schien ihr das Liegen viel unbequemer als am Mittag; da hörte sie Shandar von seiner Bank.
»In unserer Moschee wir haben viel Teppich. Hier alles hart.«
Es amüsiert sie, dass seine Bemerkung genau zu ihrer Empfindung passt. Schauder aus Erschöpfung und Wohlbehagen durchrieseln sie. Schon hat sie ein mit Teppichen und Kissen ausgelegtes Zelt vor Augen. Das Bild belebt sich gar: Ein Mann, räkelnd in Kissen. Er summt vor sich hin. Doch wie er den Kopf hebt und sie anblickt, löst sich ihr Trugbild sofort auf. Nur das Summen hält einige Sekunden an, bis es abbricht – weil eben Shandar zwei Bänke weiter hinten verstummt. Irritiert stellt Réa ihre Knie auf und schlägt die Fersen hart aufs Holz. Ein dumpfer Widerhall springt aus dem Dunkel zurück. Natürlich! Müdigkeit und Schlafmanko verführen ihren Verstand zu kindischen Kapriolen. Doch erneut hat sie der exotische Mann fest im Blick – es ist aber Shandar, der jetzt neben ihr kniet. Er sieht sie besorgt an. Ich spinne doch, denkt Réa, aber da sind ihre Hände schon unterwegs, um Shandars Nacken zu fassen und seinen Mund an ihren zu zwingen. Dass sich ihrem Griff eine zornige Kraft entgegenstemmt, ist erregend. Sie spürt die Muskelstränge seines Nackens, die sich aber jäh entspannen, und das entzündet ihre Lust. Noch verharrt sein Mund aufreizend reglos auf ihrem. Sie schnappt sich mit den Zähnen seine Unterlippe. Er stöhnt und Réa hätte gerne zugebissen. Aber noch küsst er nicht! Dagegen fährt seine Hand unter ihren Rock. So ein Blödmann, küssen soll er! Er wird doch küssen können, denkt sie und klemmt seine Hand mit den Schenkeln fest. Küssen soll er! Mit feuchter Zunge leckt sie über seine Lippen und wieder und wieder und hört nicht auf, seine Lippen zu reizen, damit sie küssen – endlich! Er fällt sie mit Stöhnen und Lippen und Zunge an. Köstlich, wie heiß sein Mund ist. Wundervoll schamlos, was seine Zunge wagt. » Je t’aime – je t’aime «, keucht er – und das beschämt sie. Henry und ihre Demütigung fallen ihr ein. Gebettelt hat sie um sein Begehren. Das soll nicht sein! Shandar soll sich nicht zum Schmus genötigt fühlen, um mehr zu bekommen. Sie spürt ja sein hartes Geschlecht. Also drängt sie ihn von sich, springt auf, strampelt den Rock weg und streift die Bluse ab. Shandar begreift genug, ist augenblicklich ohne Hemd, Hose und Slip. Sie erhascht einen Blick auf seinen Penis, bevor Shandar sie auf den Wust der Kleider herabzieht. Dunkel sein Geschlecht, dunkel wie ihre Lust jetzt. Gierig küsst er ihre Brüste, aber alles so unstet und so fahrig und sie will, dass er damit aufhört, und will doch mehr. Also greift sie in sein Haar und drängt seinen Kopf zu ihrem Schoß. Er zerreißt ihr den Slip, um sie mit der Zunge zu liebkosen. Das ist gut und schrecklich und genau, was sie braucht. Sie schreit auf. Und während der Hall aus den Gewölben zurückgellt, taucht sein Gesicht über ihrem auf. Noch nie hat sie Augen so riesenhaft anwachsen sehen. Ganz und gar fanatisch und entrückt ist sein Blick. Wie dankbar sie ihm dafür ist. Sie darf loslassen. Seine Begierde ist eine wunderbare Umhüllung, eine dunkle, geile Erlaubnis. Und sie will ihn ja. Will ihn mit Haut und Haar. Also betrommelt sie jäh mit gierigen Fäusten seine gespannten Hinterbacken und bespuckt ihn mit allen Zoten, die ihr die Lust souffliert: »Eat me! Make me …! Your cock is … so cute … good, is a bad devil …«
Severin zog sich geräuschlos und gebückt zurück.
Wer ihm auf dem Weg zum Pfarrhaus begegnet wäre, hätte einen närrischen Mann im Selbstgespräch erlebt. Da ist aber niemand unterwegs. Severin hätte es auch nicht bemerkt. In seine Erschütterung mischt sich das ungeheure Erstaunen, dass es nicht Henry gewesen ist. Nein, die Hure war gar nicht auf Henry spitz. Man ist ja ganz offen für diese armen Schweine. Ganz offen, auch zwischen … Alles haben diese
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