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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihn Sidhy jetzt noch? Die ganze Stadt wollte ihn töten! Töten für etwas, das er nicht getan hatte. Er rannte und rannte. Nur immer weiter, nur immer weg. Doch wohin? Wo fanden sie ihn nicht?
    »Lass uns in die Berge! Da kenn’ ich viele Verstecke.«
    »Nein. Das erwarten sie doch. Jeder in Trollfurt weiß, dass du dich in den Bergen auskennst. Da werden sie dich zuerst suchen.«
    »Aber nicht finden.«
    »Doch!« Yankos Ausruf klang fast wie ein wütender Huster. »Sie werden nicht aufgeben. Das ist kein Spiel! Er ist ein Ordensritter, kein Landstreicher. Sie müssen den Täter finden.«
    »Ich bin nicht der Täter!«
    »Mir musst du das nicht sagen! Ich glaube dir, aber niemand sonst. Du bist der Einzige, den sie suchen. Einen anderen Täter werden sie also nicht finden.« Yanko presste sich die Hand
auf die Seite, als habe er Seitenstechen. Er atmete so heftig, dass Ben ihn nur schwer verstand. »Und solange sie keinen anderen finden, bist du für sie der Mörder.«
    Ben rannte und rannte. Was sollte er jetzt tun? Er hatte niemanden getötet. Das mussten sie doch wissen, egal, was er in der Fetten Wildsau gebrabbelt hatte. Da hatte er zu viel Wein getrunken gehabt. Aber sie kannten ihn doch, sie wussten, dass er mal einen Apfel oder eine Birne oder Zitrone klaute, aber er war doch kein Mörder!
    »Wohin rennen wir dann?« Bens Lungen stachen, hier im Unterholz und panisch auf der Flucht war es schwierig, einen Laufrhythmus beizubehalten.
    »Zum Sippa.«
    »Zum Sippa? Warum?«
    »Ich habe ihn mal überquert, als ich meinen Vater nach Graukuppe begleitet habe. Er fließt parallel zum Dherrn nach Süden, bis sie sich schließlich vereinen. Habe ich damals auf einer Karte nachgesehen.«
    »Ganz toll. Und was soll ich da?«
    »Leben!«
    Das klang gut, aber er brachte kein Wort hervor. Noch immer sah er die kreischenden Gesichter vor sich, die seinen Tod forderten. Sie ließen sich nicht mit einem Kopfschütteln fortwischen.
    »Du musst weit weg, hörst du?« Yanko starrte ihn mit verzerrtem Gesicht an und hielt sich noch immer die Seite. »Je weiter weg, umso sicherer.«
    Ben nickte. Inzwischen liefen die Jungen langsamer, das hohe Tempo war nicht länger durchzuhalten, Bens Lunge drohte zu bersten, seine Beine zitterten, und bis zum Fluss waren es noch ein paar Meilen.

    Yanko erklärte Ben, dass am dicht bewachsenen Sippa-Ufer keine Straße entlangführte, nicht einmal ein schmaler Pfad, dass man ihn dort also vermutlich nicht suchen würde. Die aufgebrachte Menge aus Trollfurt vermutete ihn ja ohnehin im Gebirge, doch am Dherrn würden sie sicher auch einen Boten entlangschicken, um zu erfahren, ob Ben in den nächsten Ortschaften aufgetaucht war. Und weil ihn da dann niemand gesehen hatte, würden sie weiter das Gebirge durchkämmen, bis Ben längst dreihundert Meilen im Süden war, vielleicht sogar fünfhundert.
    Als sie schließlich das Ufer erreichten, ein gutes Stück nördlich der Brücke nach Graukuppe, blieben sie keuchend stehen und sahen sich an.
    »Ich muss zurück«, sagte Yanko und blickte Ben traurig an. »Es tut mir leid.«
    »Nein, dir muss es nicht leid tun. Den anderen sollte es leid tun.« Ben umarmte seinen Freund. »Danke.«
    Sie hielten sich fest, und Ben wurde erst jetzt bewusst, dass dies wahrscheinlich ein Abschied für immer war. Wie sollte er denn je erfahren, ob der wirkliche Mörder gefasst war und er heimkehren konnte?
    Yanko schien ähnliche Gedanken zu haben. Nur langsam löste er sich von Ben, stieß ihm mit der Faust freundschaftlich gegen die Brust und versprach, er würde den wahren Mörder suchen. Der musste ja noch in der Stadt sein.
    »Danke«, sagte Ben und schniefte.
    »Jetzt heul nicht rum wie ein Mädchen«, brummte Yanko und schniefte ebenfalls.
    »Ach, halt die Klappe!« Ben umarmte ihn noch einmal. »Du hast mir das Leben gerettet. Danke.«
    »Ja, schon gut. Jetzt lass dich aber auch nicht mehr erwischen
und werde Drachenritter oder so.« Yanko grinste, zog seinen Dolch und drückte ihn Ben in die Hand. »Und nimm den. So ganz ohne Dolch ist das Überleben in der Wildnis nicht gut zu machen.«
    »Aber das ist doch deiner!«
    »Vergiss es, du brauchst ihn dringender. Ich jammer meinem Vater einfach die Ohren voll, bis er mir einen neuen macht. Wozu ist er denn Schmied?«
    Jetzt grinste auch Ben, und dann trennten sie sich. Yanko lief heim, und Ben sah ihm nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war. Gestern hatte er noch davon geträumt, Trollfurt zu verlassen,

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