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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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schüttelte Yanko den Kopf. »Wir brauchen Zeit zum Graben. So lange kannst du sie nicht in ein Gespräch verwickeln.«
    »Aber...«
    »Nein. Am Ende kommen sie dann noch genau durch die Tür heraus, an der wir buddeln, um dich näher kennenzulernen oder dich einzulassen.«
    Nica schwieg.

    Die Wächter hinter den Zinnen waren nur als dunkle Schemen gegen den Himmel zu erkennen, doch stets bemerkten sie einen in der Nähe der Türen. Ben bezweifelte, dass sie allzu aufmerksam in die Tiefe starrten. Unbemerkt hinüberzuhuschen, wäre wahrscheinlich kein Problem, aber graben? Das ging nicht.
    »Warum haben sie keine ihrer Türen vergessen? Irgendeinen unbedeutenden Eingang in einem lange unbenutzten Seitenflügel.«
    »Weil es keinen unbenutzten Seitenflügel gibt«, sagte Ben enttäuscht. »Lasst uns gehen und nachdenken. Wir kommen morgen wieder.«
    Widerstrebend zogen sie sich zurück. Ohne einen größeren Umweg glitten sie gleich unterhalb des Klosters in den Fluss und ließen sich von der Strömung davontreiben. Nach einer Weile warf Nica noch einen letzten Blick zurück und verharrte, packte die anderen beiden an den Armen.
    »Da.« Aufgeregt zeigte sie auf eine Handvoll besonders dichter Sträucher am Ufer, vielleicht fünfzig oder hundert Schritt vom Kloster entfernt. Zwischen zweien spiegelte sich der Mond im Wasser. Es wirkte, als würde hier ein höchstens zwei Schritt breiter Bach in den Fluss münden. Doch auf der Anhöhe war keine Spur davon zu erkennen. Handelte es sich etwa um einen unterirdischen Zufluss, der unter dem Kloster hindurchführte?
    »Was ist das?«
    »Kommt mit«, flüsterte Nica und zog sie hinüber. Tatsächlich führte dort ein schmaler Graben, die sich horizontal in die Anhöhe erstreckte. Es war stockdunkel, nach zwei Schritten konnten sie nichts mehr erkennen. Keiner von ihnen hatte eine Fackel dabei.
    »Was wollen wir hier? Trolle oder Bären jagen?«, zischte Yanko.
    »Dafür ist die Höhle zu klein«, sagte Ben. »Und viel zu gerade, wie von Menschenhand angelegt.«
    »Ich glaube, das ist ein geheimer Fluchtweg aus dem Kloster«, sagte Nica. »Als ich das Wasser zwischen den Sträuchern gesehen habe, ist mir eingefallen, wie Sidhy immer von solchen Fluchtwegen gesprochen hat.«
    »Das passt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Das passt zu dem Feigling Sidhy und zu diesem Abt, dass sie sich immer eine Fluchtmöglichkeit offen halten«, knurrte Ben.
    »Dumm ist es aber nicht«, sagte Nica. »Wenn du dich lieber von einer Übermacht ausräuchern lässt...«
    »Na dann los. Worauf warten wir noch?«, drängte Yanko, streckte die Arme aus und schlurfte tastend in die Dunkelheit. Ben konnte hören, wie seine Schritte durch das flache Wasser platschten, dann schien er den Fluss ganz zu verlassen.
    »Warte«, flüsterte Nica und folgte ihm. Ben stapfte hinterher.
    Und Nica hatte Recht. Nach einer Weile erreichten sie ein schmiedeeisernes Gitter, das fest in der Wand verankert war.
    »Ist es nur eine Absperrung oder eine Tür?«, fragte Ben.
    »Ein Schloss, ich fühle ein Schloss«, keuchte Yanko aufgeregt, als er es abtastete. »Und Scharniere. Es ist eine Tür!«
    Begeistert warfen sie sich auf die Knie und wühlten mit Händen und Messern in der festgestampften Erde, die über
dem Felsboden lag. Dann brachen sie kleinere Brocken aus dem Stein, die durch Risse schon halb gelöst waren. Mühsam drangen sie Stück für Stück tiefer. Sie wechselten sich ab, bis die Klingen stumpf und die Finger blutig waren. Dann betteten sie den Schlüssel ehrfurchtsvoll in das ausgehobene Loch.
    Ben bildete sich ein, ein Kribbeln wie beim Heilen zu spüren, als er ein letztes Mal über das Gold strich, doch nur ganz schwach. Dann füllten sie das Loch mit Steinen und Erde wieder auf und traten den Boden fest.
    »Und jetzt?«, fragte Yanko.
    »Jetzt warten wir, bis der Zauber wirkt.« Vorsichtig berührte Ben das Gitter, ob er auch dort das Kribbeln spüren konnte, doch da war nichts. Aber es war schließlich auch nicht seine Gabe, warum sollte er da ihr Wirken fühlen können?
    »Und wie lange dauert das?«
    »Bestimmt bis morgen«, sagte Ben. »So ein Zauber ist zu mächtig, um sich sofort zu entfalten. Das klappt nicht einmal beim Fortzaubern von Warzen. Und Drachenflügel wachsen ja auch nicht in ein paar

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