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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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gleich, wenn wir weg sind. Falls wir gesehen
werden und jemand aus Vierzinnen herübereilt, um nachzusehen. Und sagt ihnen, es musste sein.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Aber ich bin für immer ihr Freund.«
    Dann breitete Aiphyron die Flügel aus und erhob sich in den klaren Himmel. Ben klammerte sich an die Schuppen und spürte eine schwere Last von sich abfallen.
    Als sie die Klamm verließen, blickte er sich noch einmal um und sah, wie Yanko sich verschlafen umdrehte. Unbeholfen hob Ben die Hand und winkte.

KAEDY MIA
    S ie flogen hoch oben, wo an weniger klaren Tagen die Wolken über den Himmel zogen. So weit entfernt vom Boden, dass auch im Tageslicht niemand sie genau erkennen konnte, höchstens erahnen, wie groß Aiphyron war. Doch ob ein freier Drache oder ein gigantischer Adler, wie es sie weit im Osten geben sollte, würde niemand sagen können.
    Bens Hemd und Hose flatterten im Gegenwind, während der Drache mit mächtigen Flügelschlägen voraneilte. Sie kannten nur die grobe Richtung, in der Chybhia lag, doch am Tag wollten sie nicht nach unten gehen. Sie würden einfach bis tief in die Nacht fliegen und dann in der Nähe einer Siedlung lagern. Am Morgen konnte Ben dann den genauen Weg erfragen.
    Er starrte hinab und betrachtete die Welt, wie sie unter ihnen vorbeizog. Dunkle Wälder wechselten sich ab mit offenen Ebenen und Auen, Flüssen und einem See, dessen Wasser hell im Sonnenlicht funkelte. Sorgsam abgesteckte Felder lagen in der Nähe der wenigen Siedlungen, hier und da schnitt eine Straße als dünner Strich durch die Landschaft. Die einzelnen Häuser der Dörfer und Städte waren so klein, dass Ben das Gefühl hatte, er könne sie mit einer Hand zerquetschen. Dort unten brachte er viel Geld ein, hier oben, fern aller Menschen, fühlte er sich frei.
    »Was hält uns eigentlich im Großtirdischen Reich?«, fragte Aiphyron, als hätte er seine Gedanken erraten. »Wir Drachen werden hier sowieso gejagt, ihr drei nun auch. Dabei könnten
wir ohne weiteres über die nächste Grenze fliegen und alles hinter uns lassen. Juri und Feuerschuppe haben die Ritter hinübergeschafft, aber warum nicht uns selbst?«
    »Der Schwur hält uns.«
    »Stimmt.« Aiphyron schüttelte über die eigene Gedankenlosigkeit den Kopf. »Deshalb schwören wir Drachen nicht.«
    »Ich werde auch nie wieder schwören«, knurrte Ben. »Das schwöre ich.«
    »Klappt ja hervorragend.« Aiphyron klang amüsiert.
    »Ach, sei ruhig. Du weißt doch, wie ich es meine. Das war kein richtiger Schwur, sondern nur so dahingesagt.«
    »Dann ist es ja gut.« Aiphyron lachte. »Kann man denn keine Pause machen von einem Schwur? Zwei oder drei Monate irgendwo ausharren, vielleicht ein ganzes Jahr, bis die Steckbriefe ausgeblichen und ein neues Kopfgeld auf einen anderen ausgesetzt wurde. Ihr wollt den Schwur doch erfüllen und nicht bei dem Versuch sterben, oder?«
    »Meinst du, Nica hätte drei Monate Geduld?«
    »Nein.« Aiphyron schnaubte.
    »Außerdem verblasst mit der Zeit doch jede Spur. Ich will den Drachen befreien und nicht vor dem Orden kapitulieren. Eine Pause klingt wie Kapitulation. Und ich will vor ihnen nicht kapitulieren, egal, wie sehr sie uns jagen. Weißt du, den Schwur haben wir uns selbst ausgesucht, wenigstens die eine Hälfte, und das will ich mir nicht nehmen lassen. Ich will nicht nur weglaufen. Verstehst du das?«
    »Klar.«
    »Erst wenn der Drache frei ist, können wir also über ein fernes Land nachdenken. Und dann machen wir das auch.«
    »Gut«, sagte Aiphyron. »Ich hätte da auch schon eine Idee. Ich glaube, dort könnte es dir gefallen.«

    Doch bevor der Drache ihm von diesem Land vorschwärmen konnte, drang Ben ein Hauch von Verfall in die Nase. Der Wind roch plötzlich nach Herbst und nassem Laub, das am Straßenrand vergammelte, nach einer offenen, eitrigen Wunde, nach Blut. Aus seinem Pfeifen schien ein Klagen geworden zu sein. Gerade wollte Ben Aiphyron fragen, ob er es auch roch, da stockte dessen Flügelschlag. Sie gerieten ins Trudeln, so plötzlich, dass Ben kurz den Halt verlor und zur Seite wegrutschte.
    »He!«, stieß er hervor und presste die Beine fest zusammen, krallte die Finger in die Schuppen, stützte sich auf einem Flügel ab und konnte sich so mühsam auf dem schlingernden Drachen halten.
    »Riechst du das?«, fragte Aiphyron statt einer Entschuldigung, während er wieder begann, mit den Flügeln zu schlagen und Ben sich mühsam eine sichere Sitzposition suchte. »Hörst du das

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