Der Drachenthron: Roman (German Edition)
dass zwölf Männer einen Drachen besiegen können, Reiter Semian? Ganz zu schweigen davon, dass es zu Anfang hundert von ihnen und nur zwei Drachen waren, und sie selbst da nicht viel ausgerichtet haben.« Nach ihrem ersten Zusammentreffen in der Höhle war Jaslyn nicht in die Nähe der Garde gelassen worden. Es sind besondere Soldaten, hatten die Alchemisten gesagt. Die Besten der Besten, von Geburt an allein zu dem Zweck ausgebildet, die Feste zu verteidigen. Sie konnten keine Frau, nicht einmal eine Prinzessin, in ihrer Mitte gebrauchen, wurde Jaslyn erklärt. Und obwohl sie vehement darauf bestanden hatte, mit der Garde zu sprechen, war es den Alchemisten immer wieder gelungen, sie davon abzuhalten. Sie verboten es ihr natürlich nicht ausdrücklich, doch das Ergebnis war dasselbe.
Egal wie besonders sie sein mögen, sie können nicht gewinnen. Jaslyns einzige Hoffnung lag darin, sich womöglich während des ganzen Durcheinanders davonstehlen zu können. Oder sich nah genug an Vidar heranzuschleichen, damit der Drache ihre Stimme vernahm.
»Vermutlich ist es tatsächlich eher unwahrscheinlich, Hoheit«, sagte Reiter Semian widerstrebend.
»Sie werden nicht gegen die Drachen kämpfen, Hoheit«, fügte Reiter Jostan hinzu. »Sie werden die Reiter töten.«
Jaslyn schüttelte den Kopf. Reiter Jostan hatte nicht recht verstehen wollen, was alle anderen bereits wussten und die Alchemisten mit einer Engelsgeduld erklärt hatten, um keinerlei Missverständnisse aufkommen zu lassen. Die Drachen handelten auf eigene Faust. Es gab keine skrupellosen Reiter, die Vidar und Matanizkan und Levanter Befehle erteilten, sondern nur höchst aggressive Drachen. Trotz allem, was Jostan gehört hatte, glaubte er immer noch fest daran, dass sich dort draußen Männer befanden, und sie einfach nur diese Männer umbringen mussten, um die Welt wieder in Ordnung zu bringen.
» Ein Reiter würde schon genügen«, knurrte Semian, der die Tragweite des Geschehens richtig einschätzte. Jaslyn hatte sein Gesicht beobachtet, als man ihm die Nachricht überbracht hatte. Jemand war dort draußen, und Semian kannte den Mann. Nur ein Söldner, hatte er gesagt. Eine der weniger klugen Ideen ihres Feldmarschalls. Er hatte eine abschätzige Handbewegung gemacht, aber seine Augen hatten gefunkelt.
Die drei erreichten den Fluss, dem die Soldaten wohl folgten, um ins Freie zu gelangen. Als sie die riesige Haupthöhle verließen und in das Tunnelsystem einbogen, wurde der Rauch immer dichter, und eine sengende Hitze lag in der Luft. Jaslyn spürte den brennend heißen Wind auf ihrer Haut, der unaufhaltsam von draußen hereinblies. Schon bald ging ihnen das eiskalte Wasser bis zur Hüfte, und sie spritzten sich das kühle Nass auf die Arme und ins Gesicht, um nicht zu verbrennen. Sie brauchten längst keine Lampen mehr. Die Höhlen und der Rauch waren in ein flackerndes orangefarbenes Licht getaucht.
»Sie haben am Höhleneingang Feuer entzündet, nicht wahr?« Der Gedanke kam ihr erst jetzt. »Und wie kommen wir dann raus?«
»Der Fluss, Hoheit«, sagte Reiter Semian.
»Sie werden schwimmen? In voller Drachenschuppenmontur?« Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, doch der beißende Rauch ließ ihr schallendes Gelächter in einen Hustenanfall übergehen.
»Hoheit, sie tragen keine Drachenschuppen.«
»Wie bitte?« Sie setzte sich ans Flussufer, spritzte sich Wasser ins Gesicht und ließ es die Kehle herabrinnen, bis der Husten allmählich abklang. Als sie wieder aufblickte, hatten sie in der Düsternis die Soldaten aus den Augen verloren. Aber sie waren längst nicht mehr auf ihre Hilfe angewiesen, denn nun hatten sie den Fluss, der sie führte.
»Sie tragen keine Rüstung, Eure Hoheit.«
»Dann werden sie sterben, noch bevor sie aus dem Fluss klettern! Das ist sinnlos! Heller Wahnsinn!« Jaslyn drosch mit der Faust aufs Wasser ein. Sie waren so weit gekommen, hatten all die Qualen auf sich genommen, nur um sich jetzt wieder einen Weg durch den Rauch zurückkämpfen zu müssen. Wahrscheinlich würden sie sich in der Haupthöhle verirren, und selbst wenn nicht, würde der Rauch sie am Ende ins Jenseits befördern. Ohne eine Rüstung würden die Soldaten nicht lang genug durchhalten, damit irgendjemand heimlich an ihnen vorbeischlüpfen könnte.
»Vielleicht nicht ganz so sinnlos, wie Ihr denkt.« Reiter Semian begann, seine Rüstung abzustreifen. »Eure Hoheit, es bleibt uns wohl nichts anderes übrig als zu schwimmen.«
»Und wohin
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