Der Dreissigjaehrige Krieg
dieses System zwar nicht erfunden, wandte es aber unter allen Feldherren am konsequentesten an. Die Egerer atmeten auf, als Wallenstein am 3. September 1625 an der Spitze von 24.000 Soldaten endlich in Richtung Schweinfurt aufs Schlachtfeld zog.
An der Seite der von Johann von Tilly, dem General des bayerischen Kurfürsten Maximilian, befehligten Truppen der katholischen Liga drängte Wallenstein die Gegner immer weiter nach Norden zurück. Im April 1626 errang er seinen ersten wichtigen Sieg bei Dessau über das Heer Ernst von Mansfelds, eines Obersten der protestantischen Union. Tilly schlug die Armee des Dänenkönigs Christian IV ., die vor Wallensteins Eingreifen bis nach Sachsen vorgedrungen war, bei Lutter am Barenberge in der Gegend des heutigen Salzgitter. Gemeinsam mit Tilly eroberte Wallenstein den Norden des Reiches; seine Landsknechte marschierten bis Jütland. Schon Ende des Jahres 1627 herrschte der Kaiser, der eben noch in höchster Not gewesen war, wieder unangefochten im ganzen Reich. Wallenstein ließ sich wenig später das Herzogtum Mecklenburg übereignen und wurde zum »General des Ozeanischen und Baltischen Meeres« befördert. Bis 1630 stockte Wallenstein sein Söldnerheer zur stärksten Militärmacht Mitteleuropas auf – es zählte schließlich rund 100.000 Mann.
So hatte der böhmische Landadlige Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein binnen weniger Jahre eine beispiellose Karriere gemacht. Geboren wurde er 1583 auf dem kleinen Gut Hermanitz am Oberlauf der Elbe, mit elf Jahren war er Vollwaise; er wuchs als Protestant auf, spätestens 1606 konvertierte er zum katholischen Glauben. 1609 heiratete er die reiche, wenig ältere Witwe Lucretia von Vi č kov, eine der größten Grundbesitzerinnen in Mähren. Als sie fünf Jahre später starb, erbte Waldstein ihre Ländereien. Damit war die wirtschaftliche Basis für seinen Aufstieg gelegt.
Im Juni 1623 ehelichte Wallenstein die 22-jährige Isabella, Tochter des Freiherrn Karl von Harrach, eines kaiserlichen Ministers und Mitglieds im Hofkriegsrat. Diese Verbindung öffnete ihm die Türen bei Hofe. Wallenstein hatte sich freilich längst als zuverlässiger Helfer des Kaisers erwiesen. Bereits 1617 war er Ferdinand, der damals noch Erzherzog war, im Krieg gegen Venedig mit einer auf eigene Kosten rekrutierten Truppe zu Hilfe gekommen. Nach dem Prager Fenstersturz 1618 warb er mit eigenem und geliehenem Geld – wofür er sich einen kaiserlichen Schuldbrief ausstellen ließ – ein Söldnerregiment aus den Spanischen Niederlanden, mit dem er gegen die böhmischen Rebellen zog.
Aus deren konfiszierten Territorien erstand er günstig, für 150.000 Gulden, bei der Hofkammer die Herrschaft Friedland, ein 9000 Quadratkilometer großes Gebiet, als ewiges Erblehen. 1623 wurde Wallenstein in den Reichsfürstenstand erhoben, was bei hohem altem Adel Missgunst gegen den Emporkömmling erregte. Der provozierte seine neuen Standesgenossen obendrein mit seinem Wahlspruch »Invita Invidia« – Dem Neide zum Trotz. Nun war auch die Schreibweise seines Namens unerheblich geworden. Man hatte beliebig Konsonanten oder auch eine ganze Silbe eingefügt, mal hieß er »Wallstein«, mal »Wahlenstein«; Albrecht selbst schrieb Waldstein, bis er sich, so Golo Mann, »in eine Sphäre erhob, in der man mit dem Vornamen oder mit Initialen zeichnet«.
Von einem »guten, einträglichen Krieg« sprach der Mathematiker Johannes Kepler in seinem Horoskop, um das ihn der Fürst von Friedland im Dezember 1624 bat. 1608 hatte sich Wallenstein schon einmal an den berühmten Astronomen gewandt, der zugleich als Nativitätendeuter unter anderem aus dem Stand der Planeten zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen auf dessen Charakter und Zukunftschancen schloss – eine seit dem Trientiner Konzil (1545 bis 1563) für gläubige Katholiken verbotene, gleichwohl verbreitete Praxis. Vor allem wünschte Wallenstein zu erfahren, »ob er im Kriegswesen noch länger kontinuieren sollte, wenn ja, dann in welchen Landen und mit welchem Glück«, berichtet Golo Mann. Kepler antwortete dem Auftraggeber vieldeutig; er prophezeite ständige »Revolutionen«, was so viel wie Wirren oder veränderte politische Konstellationen bedeutete; Wallenstein mochte herauslesen, was er wollte, und er verglich in den folgenden Jahren sorgsam Voraussagen und tatsächlich eingetretene Ereignisse.
In einem Punkt sah sich Wallenstein durch das Horoskop im Jahr 1625 direkt ermuntert, Kaiser Ferdinand erneut zu
Weitere Kostenlose Bücher