Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
dass ich ihn aufzog.«
Ich hob den Kopf. »Warum haben sie mich denn nicht angerufen? Ich hab den AB abgehört, aber da war nichts drauf.«
»Sie haben angerufen, aber ich habe abgenommen. Ich hab ihnen gesagt, dass sie mir die Überraschung ruinieren. Dass alles vorbereitet ist - die Kerzen, der Ring, der Kaviar, die garnierten Eier. Ich fragte sie, ob sie das Gespräch auf Themen beschränken würden, die jenseits einer eventuellen Verlobung liegen.«
»Das alles kam dir so locker von den Lippen, während du dir ein Bad eingelassen hast und deine heimliche Gemahlin auf dem Heimweg war und sich gefragt hat, wann das nächste Rendezvous mit ihrem Gemahl stattfinden würde?«
»Heimliche Gemahlin?«, fragte er, plötzlich aufmerksam geworden. »Was ist das jetzt wieder?«
»Ich. Die rechtmäßig Angetraute, die jetzt mit dieser Lüge leben muss.«
Ray lächelte. »Ich hab ein Grillhähnchen mitgebracht. Hast du Hunger?«
Ich sagte nein … ja … was sollte ich meinen Eltern sagen, wenn ich zurückrief?
»Du sagst: ›Ray hat mir gestern Abend einen Heiratsantrag gemacht, und ich habe angenommen. Ich bin glücklich wie noch nie. Wir dachten an eine Hochzeit im Juni.‹«
Ich stand auf, ging aus dem Bad, wollte in die Küche, kehrte um. »Vielleicht sage ich ihnen aber auch die Wahrheit. Vielleicht sage ich: ›Wir sind an den Iden des März durchgebrannt. Alles, was euch Ray bei früheren Gesprächen aufgetischt hat, ist der reine Schwindel. Aber er hat das nur gemacht, weil es ihm Leid tut, dass wir keine große kirchliche Hochzeit inszeniert haben mit allen dazugehörigen Rechten, Privilegien und großzügigen Geschenken.‹«
Ray stand in der Wanne auf, langsam - wie vom Doktor verordnet - und wickelte sich ein Handtuch um die Hüfte. »Das wirst du schön bleiben lassen«, sagte er.
27
DAS GEGNERISCHE ARGUMENT
»Ich hätt’s wissen müssen«, sagte Ray und griff nach seinem Mantel. »Du bist ein bisschen sauer auf mich, darum geh ich jetzt und lass dir Zeit, es dir zu überlegen.«
Ich fragte, ob er »es« definieren könne, denn mir drängten sich da mehrere Kandidaten auf.
»Dass ich die Zügel in die Hand genommen habe, dass ich das Bühnenbild festgelegt habe, nämlich Hochzeit am Horizont statt Hochzeit bei Nacht und Nebel.« Er küsste mich brüderlich auf die Wange und tätschelte mir eine Pobacke. »Du wirst deine Meinung noch ändern, weil du einsehen wirst, dass man kein großer Schauspieler sein muss, um sich daran zu gewöhnen: wir zwei auf dem Weg zum Altar, beim Anschneiden der Torte, beim ersten Tanz. Da fällt mir ein: unser Lied.«
»Lied? Wir haben kein Lied.«
»Das besorgen wir uns schon noch, und der Bandleader wird den Gästen verkünden: ›Meine Damen und Herren. Ich bitte um Ihren Applaus für Mr. und Mrs. Raymond J. Russo, die nun ihr erstes Tänzchen als Mann und Frau aufs Parkett legen!‹«
»Ich habe noch zu keiner Hochzeit ›ja‹ gesagt, und ich habe auch nicht die geringste Lust, mich auf einer Tanzfläche zur Schau zu stellen.«
Er war bereits zur Tür gegangen, als habe er sich mit dem Hinauswurf abgefunden, aber jetzt kam er zurück und stellte sich neben mich. Ich stand gerade vor dem geöffneten Kühlschrank, eine Hand auf dem mitgebrachten Hähnchen.
»Weißt du was, Doc? Du bist so was von feig, das hab ich überhaupt noch nicht erlebt. Ich schmiede die ganzen Pläne. Ich bringe den Stein ins Rollen. Ich nehme die Zügel in die Hand. Und du kannst nicht bei der kleinsten Notlüge mitmachen, weil du ja so perfekt bist, so wahrheitsliebend. Mir soll’s recht sein. Erzähl deinen Eltern, was du willst - verheiratet, verlobt, hab ›ja‹ gesagt, hab ›nein‹ gesagt -, und dann sagst du mir, wie’s aussieht. Denk daran, dass wir verheiratet sind, und wenn man verheiratet ist, muss man Kompromisse machen. Wenn ich zu einer Partnervermittlung ginge, glaubst du, dass ich dann bei ›Beruf der potenziellen Gattin‹ - ›arbeitet rund um die Uhr‹ ankreuzen würde? Sicher nicht. Aber ich kenne die Bedeutung des Wortes Kompromiss . Ich bin bereit, dir auf Abruf zu Diensten zu stehen. Alice ist Samstagabend zwischen sieben und acht wach? Kein Problem. Ich bin da, mit einem Abendessen und meinem allzeit bereiten Lustinstrument. Hab ich dich je im Stich gelassen? Hab ich je Nein gesagt, seitdem du das Schlafzimmer entdeckt hast? Nein, hab ich nicht . Aber ich glaube, feine Leute sprechen über so was nicht. Was glaubst du denn, warum du mich geheiratet hast?
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