Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
Kreislauf ausbreitete, denn plötzlich hörte ich mich sagen: »Wenn mich heute Abend jemand vom Meinungsforschungsinstitut anruft und fragt, welchen Amerikaner ich am meisten bewundere, dann sage ich: ›Leo Frawley.‹«
»Also das ist jetzt wirklich ein überaus einnehmendes und liebenswürdiges Statement.«
»Aus meinem Munde, meinst du wohl?«
»Aus jedermanns Munde.«
Gerne hätte ich noch ein weiteres einnehmendes und liebenswürdiges Statement von mir gegeben, aber leider fiel mir keines mehr ein. Ich fischte ein gebrauchtes Taschentuch aus meiner Tasche und schnäuzte mich.
Er fragte mich, ob ich Hunger hätte, und ich nickte. Er ging in die Küche. Ich hörte, wie er die Kühlschranktür öffnete, in unseren armseligen Vorräten herumkramte und schließlich fragte: »Wie wär’s mit Eiern?«
»Klingt perfekt! Kannst du weiche Eier kochen?«
»Unter deiner Anleitung.«
Ich ging zu ihm in die Küche und referierte: Wasser zum Sieden bringen, das Ei mit einem Metalllöffel einlegen, damit es beim Kontakt mit dem siedenden Wasser nicht platzt, Uhr einstellen - viereinhalb Minuten hatten sich bei mir als zweckmäßig erwiesen -, dann herausholen.
Er nickte. »Du setzt dich hin. Toast?«
»Wenn einer da ist.«
Er servierte mir das Ei in einem Schnapsglas. Alles - Eier, Butter, Traubengelee, Toast - kam aus seinem Vorratsschrank. Während ich aß, merkte ich, dass er über etwas lächelte. »Was denn?«, fragte ich.
Er sagte, es wäre der fünfzehn Millimeter tiefe Einschnitt, mit dem ich das Ei geöffnet hätte. »Was ist das denn? Im Fernsehen habe ich Leute gesehen, die das so machen, aber in echt noch nie.«
»Gewohnheit«, antwortete ich.
»Aber warum? Ist das nicht die reine Verschwendung, wo doch ein Ei auch so schon eine recht magere Angelegenheit ist?«
»Das ist eben eine Art hineinzukommen, nichts weiter. Statt es oben abzuschälen und einen schartigen Rand zu bekommen, kriegt man eine schöne saubere Schnittkante. Man verbrennt sich nicht die Finger. Und außerdem geht es schneller.«
»Jetzt weiß ich auch das. Ich danke dir.«
Ich streute Salz über den freigelegten Dotter und tauchte den Löffel hinein. »Perfekt.«
»Eier zum Abendessen sind ein ausgezeichnetes Therapeutikum. Insbesondere, wenn man sie in einem bequemen Morgenmantel einnimmt.«
Ich blickte auf das genannte Kleidungsstück. Die Nähte, die die einzelnen Rhomben formten, trennten sich auf, und zwei der durchsichtigen Plastikknöpfe fehlten. Ein blassblaues Bändchen, das einmal eine Schleife am Ausschnitt gebildet hatte, war komplett ausgefranst. »Der war einmal schön«, verteidigte ich den Mantel.
»Erstens«, sagte Leo, »sind abgelutschte Morgenmäntel mein täglich Brot. Es gibt also keinen Grund, sich bei einem Profi wie mir wegen fehlender Knöpfe zu entschuldigen.«
»Und zweitens?«
»Fehlt dir nichts, was nicht eine Mütze Schlaf, ein aufmunterndes Gespräch und vielleicht, so ganz nebenbei, ein bisschen Spaß wiederherstellen könnten.«
Bloß das nicht. Nicht von Leo. »Das habe ich alles schon gehört. Mehr Lockerheit, Alice. Riech doch die Rosen, Alice. Carpe diem, Alice. Als ob’s daran läge: Mangel an Spaß. Als könnte ich das so einfach ändern. Durch - was würdest du mir verschreiben? Tangostunden? Ein Picknick?«
»Du hast Recht. Es tut mir Leid. Was ich damit sagen wollte: Es gibt viele Dinge, die du tun könntest, damit dir das Leben mehr Spaß macht. Nicht die eigentliche Alice Thrift muss sich ändern, nur ihre Einstellung zum Leben.«
Ich strich mir Gelee auf den Toast und trank gierig mein Bier, um zu zeigen, dass ich nicht nur aus Pflicht bestand. »Wie in aller Welt soll ich denn, wenn ich deinen Rat befolge und zurückgehe, mehr Gelegenheit finden, mich zu amüsieren?«
»Du könntest dich mit Leuten zusammentun, die im selben Boot sitzen. Mit deinen Arbeitskollegen, zum Beispiel.«
»Hab ich versucht. Niemand will sich mit jemandem zusammentun, der bei der Arbeit nichts taugt und beim Spaß auch nicht. Niemand außer Ray Russo.«
Leo stand auf und holte sich noch ein Bier aus dem Kühlschrank. »Was hat es mit dieser Beziehung auf sich?«
»Na, das nenne ich Steigerung - Beziehung .«
»Wie würdest du es denn nennen?«
Ich zuckte die Achseln. Ich erklärte ihm, dass ich jedes Mal, wenn ich mich nach einem … geselligen Beisammensein?, einer Quasi-Verabredung? von Ray verabschiedete, dachte: Tschüss. Das war’s. Ende. Aber dann tauchte er wieder auf.
»Es muss dir
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