Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
wusste gar nicht, dass Leo ein Auto hat.«
»Es ist meins. Tut mir Leid, dass wir zu spät sind. Wir haben uns unterhalten und die Zeit vergessen.«
Ich fragte, ob ich mit ihr kommen solle, oder ob sie gekommen sei, um für Leo abzusagen.
Meredith runzelte die Stirn. »Haben wir irgendwas durcheinander gebracht? Sonntag, halb acht, ist doch korrekt?«
»Korrekt.«
»Kommt Ihr Freund auch? Ray, heißt er, nicht wahr?«
Ich verneinte. Denn ehrlich gesagt hätte ich nicht erwartet … dass wir zu mehreren sein würden. Ich hätte angenommen, dass sie Dienst hatte.
»Leo hat Ihnen gesagt, dass ich Dienst habe?«
»Da muss ich was missverstanden haben.«
Sie öffnete den Mantel, um mir den Piepser an ihrer sich rundenden Taille zu zeigen. »Ich habe zwei Mütter, die über dem Termin sind, deshalb hat er heute Abend wahrscheinlich eine Störung erwartet.« Sie lächelte. »Armer Leo. Es ist furchtbar schwer, meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich bin froh, dass es ihm nichts ausmacht, etwas mit seinen Freundinnen zu unternehmen, wenn ich arbeite.«
Später erzählte mir Sylvie, dass sie zwar nicht die Absicht gehabt habe zu lauschen, aber der gönnerhafte Ton, der zu ihr hinübergeweht sei, habe sie neugierig gemacht. In diesem Moment nämlich - als Meredith ihrer Dankbarkeit für die Barmherzigkeit von Leos Freunden Ausdruck verlieh - warf sich Sylvie etwas Vorzeigbares über und erfand einen Vorwand, um ihre Tür zu öffnen.
»He«, sagte sie. »Hat jemand meine Sonntagszeitung gesehen? Ich hätte sie nicht den ganzen Tag draußen liegen lassen sollen. Da denken die Leute, man arbeitet und vermisst sie eh nicht.«
Ich stellte die beiden einander vor und wartete dann, dass sich Sylvies Absichten offenbaren würden.
Meredith murmelte: »Leo fragt sich bestimmt schon, wo wir bleiben.«
Sylvie wandte sich mit einem Augenzwinkern an mich: »Wie sieht’s aus, Alice«, sagte sie betont munter, trotz des Mantels über meinem Arm und der Schlüssel in meiner Hand, »wollen wir uns eine doppelte Portion Mu-Shu-Sonstwas bestellen?«
»Tut mir Leid, aber ich gehe essen.«
»Du und Meredith?«
»Und Leo«, sagte ich.
»Das seid ihr also zu dritt, oder?«
Ja, sagte ich, so sehe es aus.
»Wie wär’s mit einem Vierer?«, fragte Sylvie.
»Mir soll’s recht sein«, sagte ich.
»Kennen Sie Leo?«, fragte Meredith.
»Nicht richtig«, antwortete Sylvie. »Aber vom Klang her finde ich ihn schon mal ganz nett.«
»Wir müssen wirklich los«, sagte Meredith.
»Schnapp dir deinen Mantel, Syl«, sagte ich.
Vom Rücksitz her gab Sylvie die Geschichte von Dr. Hastings glückloser Nacht zum Besten. Ich staunte über ihre Fähigkeit, ihn als Schurken und sich selbst als Schurkin darzustellen und - knappe vierundzwanzig Stunden später - den reinen Unterhaltungswert dieses Umstands zu extrahieren.
»Aber es muss doch schrecklich für Sie gewesen sein, ihn als das zu erkennen, was er war«, sagte Meredith. »Es fällt mir schwer, zu glauben, dass Sie sich so einfach damit abfinden.«
»Ich hab einen so schlechten Geschmack in puncto Männer«, erklärte Sylvie, »dass ich diese unglückseligen Affären nur dadurch verkrafte, dass ich die früheren Objekte meiner Zuneigung mit Hass verfolge statt mich selbst.«
»Hört sich gesund an«, sagte Leo.
»Wie alt sind Sie?«, erkundigte sich Meredith.
»Neunundzwanzig im Juni«, antwortete Sylvie. »Klingt das nicht so, als stünde ich an der Schwelle zu etwas sehr Gefährlichem?«
»Waren Sie mal verheiratet?«
»Verheiratet nicht«, sagte Sylvie und stieß mich mit dem Ellbogen an. »Aber ich hatte schon jede Menge Flitterwochen.«
»Ist Dr. Hastings nicht schon weit über fünfzig?«, hakte Meredith nach. »Und verheiratet?«
»Mir hat er gesagt, er lebe getrennt. Ist das nicht das Allerletzte?«
»Und er ist ihr monatelang nachgestiegen«, ergänzte ich.
»Meredith ist mir auch monatelang nachgestiegen, bevor ich mich habe einfangen lassen«, behauptete Leo.
»Das ist ein Scherz«, sagte Meredith. »Denn wenn in dieser Beziehung jemand wem nachgestiegen ist, dann er.«
»Haben wir mitgekriegt«, bestätigte Sylvie. »Sogar hier hinten war sein spöttelnder Unterton nicht zu verkennen.«
»Leo kann nicht ernst sein. Er meint, alle Welt, ich eingeschlossen, sei zu ernst. Ihm wäre es am liebsten, wenn wir vierundzwanzig Stunden am Tag Witze machten.«
»Was für ein unsensibler Geselle Sie sind, Mr. Frawley«, sagte Sylvie.
Wenn die Anrede »Mr.
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