Der Druiden-Schatz
lassen kannst, aber sei gewiß, daß ich kämpfen werde. Es soll Aibon nicht gelingen, der Sieger zu sein. Für euch ist es möglicherweise ein Paradies, für mich nicht. Ich empfinde es deinen Worten nach als Hölle.«
»So kannst du nicht reden.«
»Doch.«
Ich hörte ihr schweres Seufzen. Es war ein Laut des Abschieds, denn sie sprach mich nicht mehr an, obwohl ich darauf wartete. Miriam di Carlo verschwand…
Ich stand wieder allein in der absoluten Finsternis und wußte nicht, wie ich reagieren sollte. Trotz der harten Worte, die ich Miriam entgegengeschleudert hatte, sah es in meinem Innern völlig anders aus. Mir war eher zum Heulen zumute. Ausweglosigkeit, ohne Hoffnung stand ich hier und war ein Gefangener einer Welt, von der die meisten Menschen noch nichts gehört hatten.
War es wirklich vorbei? Hatte ich tatsächlich keine Chance mehr? Noch einmal schaltete ich die Lampe an.
Wieder blieb es beim Versuch. Der helle Lichtfinger konnte nicht aus der Birne treten, er wurde sofort aufgesaugt. Waffen oder Möglichkeiten hätte man haben müssen, um dem Grauen zu entfliehen. Dabei dachte ich an mein Kreuz.
Es reagierte meist positiv in meinem Sinne. Nur bei der Druiden-Magie nicht. Da stellte es sich plötzlich um, nahm diesen grünen Schein an und schlug sich praktisch auf die andere Seite. Wie das möglich sein konnte, wußte ich nicht, aber ich wollte auch herausfinden, ob das gleiche geschah, wenn ich das Kreuz durch die entsprechenden Worte aktivierte. Vielleicht gab es da einen Unterschied. Wenn ich Entscheidungen traf, hatte ich zuvor nie sehr lange nachgedacht. Da war es manchmal besser, sich vom Gefühl leiten zu lassen, und das tat ich auch hier.
Ich streifte die Kette über den Kopf, ließ das Kreuz auf dem Handteller liegen und war überrascht, daß ich es sehen konnte. Seine Umrisse besaßen einen leicht grünlichen Schimmer. Zwar mußte ich sehr genau hinschauen, aber sie waren zu erkennen.
Es stand unter dem Bann der Druiden-Magie, davon mußte ich ausgehen. Zum Glück hatte es sich nicht verändert. Auch die Zeichen der Erzengel waren vorhanden, ebenfalls die der ägyptischen Mythologie und die heilige Silbe der Inder.
Alles normal.
Nur waren wahrscheinlich die im Innern des Kreuzes schlummernden Kräfte verändert worden.
Ich atmete tief ein. Die Luft besaß einen seltsamen Geschmack. Sie war klar, schmeckte nach Ozon, so jedenfalls hatte ich das Gefühl, und sie erfrischte.
War es Luft aus Aibon?
Ich hatte keine Ahnung, außerdem brauchte ich es nicht herauszufinden. Wichtig war mein Kreuz und dessen Aktivierung.
Noch einmal schaute ich es mir genau an.
Nichts zeigte sich verändert…
Dann probierte ich es. Glatt und traumhaft sicher flössen die Worte über meine Lippen.
»Terrapestum teneto — Salus hicmaneto…«
Kaum hatte ich den letzten Buchstaben gesprochen, als ich meinen Kopf senkte und das Kreuz noch genauer anschaute. Jetzt mußte sich doch etwas tun, aber es geschah nichts.
Das Kreuz blieb auf meinem Handteller. Ich stellte fest, daß es noch immer grünlich nachglühte und schüttelte den Kopf. Das ging nicht in mein Hirn, das war einfach zuviel.
Ich hatte mich auf mein Kreuz verlassen und auf das falsche Pferd gesetzt.
Eine Enttäuschung, die mich tief traf und die ich zunächst einmal überwinden mußte. Bisher hatte mich der wertvolle Talisman nie im Stich gelassen, nun war das eingetreten, was ich in meinem Innern schon immer befürchtet hatte.
Nutzte es etwas, wenn ich die Formel noch einmal sprach? Wahrscheinlich nicht. Jedenfalls…
Ich dachte nicht mehr weiter, denn meine gesprochene Formel zeigte Erfolg.
Etwas tat sich in der Finsternis.
Obwohl ich es nicht sah, konnte ich es dennoch spüren. Die Dunkelheit um mich herum veränderte sich. Es war schwer zu erklären. Hatte ich sie vorhin noch als weit und groß bezeichnen können, so zog sie sich nun zusammen. Ich erlebte ein nie gekanntes Phänomen. Die Finsternis nahm gewissermaßen eine Gestalt an. Sie war kompakt geworden und drängte immer stärker auf mich zu.
Sie kesselte mich ein!
Mein Herz raste, der Pulsschlag war ebenfalls nicht mehr aufzuhalten, und mir schwindelte. Alles drehte sich vor meinen Augen. Ich hatte das Gefühl, Mittelpunkt einer Spirale zu sein, die sich von Sekunde zu Sekunde schneller bewegte und mich mitriß.
Ja, plötzlich hob ich ab.
Es war wie fliegen, vielleicht eine Idee schöner oder interessanter. Ich schwebte im Raum, ob ein Vakuum oder nicht, das spielte
Weitere Kostenlose Bücher