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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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was Belämmertes! ›Aams immer schön heim, Junior, issas klar?‹ Kannssir das vorstelln? ›Genüg’s nich auch morgens?‹ hab ich ihn gefragt. ›Minnichen, Junior. Enweder aams o’er kein Taschengeld.‹ Typisch mein Alter: kein bißchen – hick! – Herz! Un hat auch den blön Hamilton angewiesen, auf mich aufzupassen. Daß die Diensboten mir nachspioniern solln, issas nich schandbar? So’n netter, ruhiger un – hick! – gutherziger Junge wie ich, un sein Daddy kann nich nach Europa fahrn un – hups! – ihn in Frien lassen! Nu muß ich aams immer heim un verpaß den ganzen Spaß, verflix noch mal! So sieh’s aus, un darum bin ich jetz hier. Mußte weg un Kitty allein lassen - hick! un geweint hat sie auch noch! Wie finssen das? ›Muß nu von dir scheiden, holder Schatz‹, hab ich – hick! – gesagt. ›Die Pf-pflicht, sie ruft mich fort. Leb wohl, leb wohl, mein treues Lieb – leb wohl, leb wohl, mein treues Liehiehieb!‹«
    Das letzte war ein Lied, und der um Jurgis’ Hals hängende junge Herr sang es nicht nur sehr gefühlvoll und elegisch, sondern auch sehr laut. Ängstlich sah Jurgis sich um. Doch es kam niemand.
    »A’er ich bin trossem gegangen«, fuhr der andere energisch fort. »Ich kammich – hick! – schon durchsetzen, wenn ich will. Jawoll, kann ich! Freddie Jones is nich zu bremsen, wenn er ers mal in Fahrt is! ›Nix da‹, hab ich gesagt, ›zum Donnerawetter noch mal! Un mich brauch auch keiner nach Hause zu bringen! Für was hälssu mich denn? Für blau, nich? Ich weiß, wassu denks. A’er ich bin nich blauer alssu, Kittymaus.‹ Sagt sie drauf: ›Da hassu nich unrecht, Freddielein‹ – is’n kluges Kind, die Kitty – ›doch ich kann hier im Appattmang bleim, un du muß raus innie kalte, kalte Nacht!‹ – ›Heb dir das lieber fürn Gedicht auf, Schätzchen‹, sag ich. Sagt sie: ›Nu mach kein Kaleika, Freddieboy, sonnern sei ‘n braver Junge un laß mich ‘ne Droschke rufen.‹ A’er ich kammir meine Droschken alleine rufen – ich mach mich doch nich lächerlich! Weiß schließlich noch - hick! –, was ich tu! Also, mein Freund, was is nu: Gehssu mit un speist mimmir zu Aamd? Komm, sei kein Frosch – vergiß dein Stolz. Du bis in Sch-schwulitäten, un mir geh’s genauso, un du verstehs mich, hassas Herz auffem rechen Fleck, jawoll, hassu! Kommt mit, alter Sch-schwede, un wir zünnen bei uns die Festbeleuchtung an un bringen Leem innie Bude! Juchhu! Solang ich zu Hause bleib, kann ich tun un lassen, was ich will – hat der Chef selbs gesagt, hat er, jawollja! Juchhuuu!«
    Arm in Arm hatten sie sich die Straße hinunter in Gang gesetzt, wobei der junge Mann Jurgis voranschob. Noch halb verwirrt überlegte der angestrengt, was er machen sollte – er wußte, daß er mit seinem neuen Bekannten in keine belebte Gegend kommen konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen und angehalten zu werden. Nur weil die Schneeflocken so dicht fielen, achtete keiner der hier Vorübergehenden auf sie.
    Deshalb blieb Jurgis plötzlich stehen. »Ist es sehr weit?« fragte er.
    »Nich sehr«, sagte Freddie. »Bis wohl müde? Na dann fahrn wir doch – was meinssu? Gut, ruf uns ‘ne Droschke.« Und während er sich mit der einen Hand an Jurgis festhielt, begann er mit der anderen in seinen Taschen zu suchen. »Du rufs, un ich zahle«, schlug er vor. »Einverstann?«
    Irgendwoher zog er ein dickes Bündel Banknoten heraus. Es war mehr Geld, als Jurgis jemals im Leben gesehen hatte, und bestürzt starrte er darauf.
    »Sieht aus wie’n Riesenbatzen, was?« sagte Freddie und fummelte daran herum. »Is a’er nich – alles bloß kleine Scheine. Eine Woche noch, un ich bin total abgebrannt. Wirklich, Ehrnwort! Un vorm Erssen krieg ich kein Cent mehr. Anweisung vom Alten: nich eine – hick! – lausige Puseratze! Is zum Verrücktwern! Hab ihm heut nachmittag ‘n Telegramm geschickt – das is mit ‘n Grund, warum ich – hick! – heimgeh. ›Bin am Verhungern‹, hab ich gekabelt. ›Rette Familienehre und schick mir Brot – stop – Hunger zwingt mich sonst dir nachzureisen – stop – Freddie.‹ Jawoll, das hab ich ihm telegraphiert, un das mach ich auch: Ich lauf vonner Schule weg, wenn er mir nichs schickt!«
    In dieser Weise plapperte der junge Mann weiter – während Jurgis vor Aufregung zitterte. Er konnte ihm den Packen Scheine aus der Hand reißen und im Dunkel verschwunden sein, ehe der andere überhaupt begriffen haben würde, was geschehen war. Sollte er es tun? Was

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