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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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nicht davon, wollten sie nicht so wie jetzt alle zwölf in ein oder zwei Zimmern zusammengepfercht hausen. Zahlten sie Miete, müßten sie das bis in alle Ewigkeit tun und gewännen nichts dabei; brächten sie hingegen die für den Anfang nötige einmalige Mehrsumme auf, kam einmal die Zeit, da sie ihr Leben lang keine Miete mehr zu zahlen brauchten.
    Sie begannen zu rechnen. Es war ein bißchen von Teta Elzbietas Geld übrig, und auch Jurgis besaß noch eine Kleinigkeit. Marija hatte etwa fünfzig Dollar, die irgendwo in ihren Strümpfen festgesteckt waren, und auch Dede Antanas verfügte noch über einen Teil von dem, was er für seinen Hof bekommen hatte. Wenn sie zusammenlegten, reichte es für die Anzahlung, und vorausgesetzt, sie hatten alle Arbeit, so daß sie sicher in die Zukunft sehen konnten, mochte es wirklich die beste Lösung sein. Natürlich war das keine Sache, die man auf die leichte Schulter nehmen durfte, sondern man mußte das Für und Wider schon sehr genau abwägen. Entschieden sie sich jedoch für das Wagnis, dann je eher um so besser, denn bezahlten sie nicht all die Zeit über Miete und wohnten dennoch mehr als miserabel? Jurgis selbst machte der Schmutz nichts aus; wer in einer Gleisbaukolonne gearbeitet hatte, in deren Schlafbaracke man ganze Händevoll Flöhe vom Fußboden lesen konnte, dem grauste vor nichts mehr. Aber das war nichts für Ona. So oder so müßten sie baldigst was Besseres haben – Jurgis sagte das mit all dem Selbstbewußtsein eines Mannes, der an einem einzigen Tag einen Dollar und siebenundfünfzig Cent verdient hatte. Er verstand ohnehin nicht, warum bei solchen Löhnen so viele Leute hier so erbärmlich wohnten.
    Am nächsten Tag ging Marija wieder zu der Aufseherin und erhielt den Bescheid, sie könne Anfang nächster Woche antreten. Laut singend lief sie nach Hause und kam gerade noch rechtzeitig, um sich Ona und ihrer Stiefmutter anzuschließen, die soeben aufbrachen, sich näher über das Haus zu erkundigen. Am Abend erstatteten die drei dann den Männern Bericht. Alles sei genau so wie in dem Prospekt beschrieben, jedenfalls nach den Worten des Herrn in dem Büro. Die Häuser lägen weiter südlich, zirka anderthalb Meilen von den Yards. Sie wären wirklich einmalig günstig, habe er ihnen versichert, ganz im Vertrauen, und ihnen zu ihrem eigenen Guten zugeraten; er könne das ehrlichen Gewissens tun, da er kein persönliches Interesse an dem Verkauf hat, sondern lediglich als Makler fungiert, als Vermittler für eine Gesellschaft, die die Häuser gebaut hat. Dies wären die letzten, denn die Gesellschaft hört damit auf; wer also noch in den Genuß des wundervollen Mietfrei-Programms kommen will, müsse schnell zugreifen. Er sei sowieso nicht ganz sicher, ob überhaupt noch ein Haus übrig ist; er habe die Objekte schon so vielen Leuten gezeigt, und womöglich seien sie bereits alle von der Gesellschaft vergeben worden. Als er Teta Elzbietas offenkundige Enttäuschung darob sah, fügte er jedoch nach einigem Zögern hinzu, wenn sie echte Kaufabsichten haben, wolle er auf seine Kosten eines der Häuser telefonisch reservieren lassen.
     
    So hatte er dann mit ihnen ausgemacht, daß sie am Sonntag zur Besichtigung kommen sollen.
    Das war am Donnerstag, und den Rest der Woche liefen die Schlachtbänder bei Brown mit Hochdruck, so daß Jurgis jeden Tag einen Dollar fünfundsiebzig verdiente. Das bedeutete, er würde in der Woche auf zehneinhalb und im Monat auf fünfundvierzig Dollar kommen. Jurgis konnte nicht gut mit Zahlen umgehen, außer mit allereinfachsten, bei Ona aber ging so etwas blitzschnell, und so führte sie das Rechenexempel für die Familie durch. Marija und Jonas müßten jeder monatlich sechzehn Dollar Kostgeld zahlen, begann sie. Sogleich warf der alte Mann dazwischen, dasselbe wolle auch er beisteuern, sobald er Arbeit bekommt – und das könne ja jetzt jeden Tag der Fall sein. Gut, fuhr Ona fort, das ergäbe dann zusammen dreiundneunzig Dollar. Wenn Marija und Jonas von den Monatsraten für das Haus ein Drittel übernehmen, entfielen davon auf Jurgis nur noch acht Dollar. Es würden ihnen somit fünfundachtzig Dollar verbleiben – oder siebzig, falls Dede Antanas nicht gleich eine Stelle findet –, und das müßte doch wohl für den Unterhalt einer zwölfköpfigen Familie ausreichen.
    Am Sonntag machten sich alle zusammen eine Stunde vor der verabredeten Zeit auf den Weg. Sie hatten einen Zettel mit der Adresse, und den zeigten sie hin und

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