Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
den Fußboden. Jetzt erst sah sie die Blutspur, die von der Tür zum Waschtrog führte, und die Blutlache, die sich unter dem Trog ausgebreitet hatte.
Abbey kniete sich hin. Max kauerte an der Wand. Er zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub, ließ den Kopf hängen und legte ängstlich die Ohren an. Eins seiner Hinterbeine, das auf der von Abbey abgewandten Seite, war voller Blut. Irgendetwas steckte in der grässlichen Wunde.
»O Gott«, stöhnte Abbey und schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. »Was hast du denn nur gemacht?« Ob er sich in einem Weidezaun verfangen hatte? Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Wenn doch nur Jack da wäre!
Sie überlegte fieberhaft. Sie musste etwas tun, die Wunde musste versorgt werden, sonst verblutete Max am Ende noch. In ihrer Panik beschloss Abbey, Elias zu holen.
Sie ließ die Laterne im Waschhaus und schloss die Tür hinter sich. Inzwischen war der Mond aufgegangen, es war hell genug, dass sie etwas sehen konnte. Sie lief aus dem Hof und zum Cottage des Vormanns. Als sie an der Sattelkammer neben den Ställen vorbeikam, sah sie Elias, der Sattel und Saumzeug versorgte.
»Elias! Max ist wieder da, aber er ist schwer verletzt!«, rief sie.
Elias ließ alles stehen und liegen und eilte hinaus. »Wo ist er denn?«
»Im Waschhaus«, keuchte Abbey. »Er versteckt sich unter dem Waschtrog. Er hat eine schlimme Wunde am Hinterbein.«
»Kommen Sie, ich werde es mir anschauen, dann sehen wir weiter.«
Die beiden hetzten zur Waschküche zurück. Elias kniete sich hin und guckte unter den Trog. Max lag apathisch auf der Seite. Die Blutlache rings um sein Bein war noch größer geworden.
Elias besah sich das Bein und sagte kein einziges Wort. Schließlich stand er auf. »Ich hol mein Gewehr.«
»Was?« Abbey starrte ihn fassungslos an. »Aber wozu denn?«
»Er hat Schmerzen. Er muss von seinen Qualen erlöst werden. Er macht’s sowieso nicht mehr lange.«
Abbey brachte vor Bestürzung kein Wort hervor. »Sie können ihn doch nicht einfach erschießen«, stammelte sie.
»Das ist das Barmherzigste, was ich für ihn tun kann«, erwiderte Elias sachlich.
Abbeys Bestürzung schlug in Wut um. »Nein, kommt nicht infrage! Max gehört Mr. Hawker, und wenn jemand diese Entscheidung treffen wird, dann er! Er liebt Max, er wird alles versuchen, um ihn zu retten, das weiß ich genau.«
»Ich bin der Vormann und Jacks rechte Hand. Ich treffe hier die Entscheidungen, wenn er nicht da ist«, gab Elias grimmig zurück. »Jack wird bestimmt nicht wollen, dass ich zusehe, wie der Hund verblutet.« Damit drehte er sich um und polterte aus der Waschküche.
Abbey war wie betäubt. Sie schaute Max an, der sie aus seinen großen braunen Augen ansah, als flehte er sie um Hilfe an. Er hatte sicherlich schreckliche Schmerzen, aber er hatte es trotz allem bis nach Hause geschafft, und jetzt wollte Elias ihn erschießen? »Das werde ich nicht zulassen, Max, hab keine Angst, er wird dir nichts tun.«
Abbey blickte sich gehetzt um. Da die Tür zur Waschküche kein Schloss hatte, musste sie sich anders behelfen. Sie schob mit aller Kraft den Schrank, dann den Tisch vor die Tür. Keuchend stand sie da und schnappte nach Luft. Da kam Elias zurück. Wütend rüttelte er an der Tür. Abbey stemmte sich mit aller Kraft gegen den Tisch.
»Verschwinden Sie!«, schrie sie außer Atem. »Hier kommen Sie nicht rein! Wenn Sie dem Hund schon nicht helfen wollen, dann lassen Sie es mich wenigstens versuchen.«
»Machen Sie auf!«, donnerte Elias. »Haben Sie nicht gehört? Aufmachen, sonst breche ich die Tür auf!«
»Hauen Sie ab!«, kreischte Abbey hysterisch. Obwohl sie sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegenstemmte, rutschten Tisch und Schrank langsam, Zentimeter für Zentimeter, zur Seite. Gegen einen kräftigen Mann wie Elias kam sie nicht an. »Verschwinden Sie!«
»Was ist denn hier los?«, fragte plötzlich jemand.
Abbey fiel ein Stein vom Herzen, als sie Jacks Stimme erkannte. Ein Glück, dass er zurückgekehrt war.
»Was soll das, Elias? Was machst du denn da?«
»Jack!«, schrie Abbey, bevor Elias antworten konnte. In ihrer Aufregung merkte sie nicht einmal, dass sie ihn beim Vornamen genannt hatte. Dazu hatte sie sich bisher noch nicht durchringen können, obwohl er es ihr schon angeboten hatte. »Max ist hier drin! Er ist schwer verletzt.«
»Was?«
Abbey schob erst den Tisch, dann den Schrank so weit zur Seite, dass Jack hereinschlüpfen konnte. Er sah Abbey verwirrt an – er verstand
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