Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Tor zur Rückseite des Hauses gingen, sagte Clementine: »Ich hoffe, Sie nehmen mir die Bemerkung nicht übel, Sybil, aber sind Sie nicht beunruhigt, weil Abbey und Jack die Nacht in der Scheune verbrachten? Ganz allein ?«
Sybil blickte verwirrt drein. »Weshalb sollte ich beunruhigt sein?«
»Nun, ich denke, eine unverheiratete junge Frau sollte ohne Anstandsdame gewiss nicht die ganze Nacht mit einem Mann zusammen sein«, sagte Clementine in überheblichem Ton.
»Die beiden haben sich um den Hund gekümmert, Clementine.« Sybil sah sie argwöhnisch an. »Was genau wollen Sie eigentlich damit andeuten? Mein Jack ist ein Gentleman.«
»Jack ist ein Mann, Sybil, und ich bezweifle, dass er standhaft bleibt, wenn Abbey es wirklich darauf anlegt und sich ihm an den Hals wirft.«
»Clementine! Das ist aber nicht nett von Ihnen.« Sybil schaute sie überrascht an. So hatte sie die junge Frau noch nie reden hören.
»Sie werden das doch nicht dulden unter Ihrem Dach«, fuhr Clementine unbeirrt fort. »Ich denke nur an Abbeys Ruf. So etwas schickt sich einfach nicht.«
In diesem Punkt musste Sybil ihr allerdings Recht geben. »Na schön, ich werde mit Abbey reden.«
»Eine kluge Entscheidung.« Clementine nickte eifrig. »Verstehen Sie mich nicht falsch, ich sage das nicht, weil ich eifersüchtig wäre. Ich weiß, dass Jack mich liebt, aber ich will nicht, dass die Leute anfangen, über mich zu klatschen, und irgendwelche Gerüchte in die Welt setzen. Und am Ende stehe ich wie eine dumme Gans da.«
Sybil ging ein Licht auf. Clementine sorgte sich allem Anschein nach mehr um ihren eigenen Ruf als um den von Abbey.
Nachdem Sabu, dem man immer noch ansehen konnte, wie erbost er war, dass Jack ihm mit Rauswurf gedroht hatte, ihnen wortlos das Frühstück serviert hatte, bat Sybil Abbey um ein Gespräch unter vier Augen. Jack war zu seinen Schafböcken zurückgeeilt und hatte das Frühstück für Fred Roundtree mit hinausgenommen. Tom, der nach seinen Rindern sehen wollte, weil einige Kühe kurz vor dem Kalben standen, war nach Hause geritten, würde aber zum Mittagessen zurück sein. Jack hatte ihm versprochen, ihm am Nachmittag weiter bei der Anlage seines Brunnens zu helfen, weil William, der mit Martha nach dem Mittagessen nach Parrallana zurückkehren wollte, erst den Brandschutt beseitigen musste, bevor sie mit dem Wiederaufbau beginnen konnten. Sowohl Jack als auch Tom würden ihm in den nächsten Tagen beim Fällen der dafür notwendigen Bäume behilflich sein.
Sybil und Abbey zogen sich mit ihrem Tee ins Wohnzimmer zurück.
»Was gibt es denn, Mrs. Hawker?« Abbey war ein bisschen flau im Magen, deshalb stellte sie ihre Tasse hin, ohne auch nur an ihrem Tee genippt zu haben.
Sybil kam geradewegs zur Sache. »Abbey, Sie haben jetzt zweimal die Nacht mit meinem Sohn in der Scheune zugebracht«, sagte sie behutsam. Sie wollte die junge Frau, die sicherlich nichts Unrechtes getan hatte, nicht tadeln, sondern ihr lediglich zu verstehen geben, dass sie ihren Ruf aufs Spiel setzte.
Abbey machte große Augen.
»Ich weiß, dass Jack ein Gentleman ist«, fuhr Sybil fort, »aber Sie müssen an Ihren guten Ruf denken, Abbey.«
Abbey war niedergeschmettert. »Wir haben uns doch nur um Max gekümmert«, sagte sie, den Tränen nahe. »Ich versichere Ihnen, es ist überhaupt nichts passiert.« Sie dachte daran, wie Jack sie geküsst hatte, und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sie hoffte, Sybil würde es nicht bemerken.
»Das weiß ich doch, Kindchen, aber es wäre besser gewesen, Sie hätten es Jack allein überlassen, sich um Max zu kümmern.«
»Er war so durcheinander und halb krank vor Sorge, deshalb wollte ich ihn nicht alleinlassen«, stammelte Abbey. Ihre Unterlippe zitterte, und plötzlich brach sie in Tränen aus. Das überraschte sie genauso wie Sybil. Normalerweise hatte sie nicht so nahe am Wasser gebaut.
»Aber Kindchen, was haben Sie denn? So war es doch nicht gemeint«, sagte Sybil hilflos.
Übelkeit stieg in Abbey auf. »Entschuldigung«, brachte sie gerade noch heraus, schlug sich die Hand vor den Mund und stürzte aus dem Zimmer.
Sybil schaute ihr fassungslos nach. Als Clementine, die in der Küche gewesen war, Abbey vorbeirennen und zur Hintertür hinauslaufen sah, eilte sie ins Wohnzimmer und fragte verdutzt: »Was ist denn mit Abbey los? Sie ist ja ganz außer sich. Was hat sie gesagt?«
»Nicht viel«, erwiderte Sybil achselzuckend. »Ich kann mir offen gestanden auch keinen
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