Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
gemeint. Wenn er müde ist, ist er immer bärbeißig, so war er schon als kleiner Junge.«
»Ich habe das Gatter wirklich nicht offen gelassen, Mrs. Hawker«, beteuerte Abbey unter Tränen. »So etwas würde ich nie tun!«
»Das weiß ich doch, Kindchen.«
»Aber wie kommt es dann, dass es offen war?«
»Keine Ahnung, aber Jack wird das schon herausfinden.« Sybil tätschelte ihr begütigend die Hand.
Das kann ich mir nicht vorstellen, dachte Clementine und wandte hastig das Gesicht ab, damit keiner ihre diebische Freude über das Gelingen ihres Plans sah.
»Die Böcke sind bestimmt nicht weit weggelaufen«, warf Ralph ein. »Jack wird sie schon finden.«
»Hoffentlich«, schniefte Abbey bekümmert.
Ihr war vorher schon nicht gut gewesen, aber jetzt fühlte sie sich richtig elend, weil Jack böse auf sie war. Sie warf Clementine einen verdrossenen Blick zu. Hatte sie sie ausgerechnet in Jacks Gegenwart fragen müssen, ob sie auf der Koppel gewesen war? Es schien fast, als hätte Clementine es darauf angelegt, sie in Schwierigkeiten zu bringen.
Abbey, die keinen Bissen herunterbrachte, ließ sich von Sybil überreden, wenigstens eine halbe Scheibe Toastbrot zu essen. Als sie mit Clementine und Ralph gefrühstückt hatte, sagte Sybil:
»Ich schlage vor, wir fahren gleich in die Stadt.«
»Mir ist die Lust vergangen«, murmelte Abbey kläglich.
»Aber wir können sowieso nichts tun, Kindchen. Niemandem ist geholfen, wenn wir hier herumsitzen. Und bis wir zurück sind, werden sie die Böcke bestimmt wiedergefunden haben.«
»Meinen Sie wirklich?« Abbey würde das zu gern glauben.
»Aber ja! Elsa soll gleich zum Stall laufen und Michael sagen, dass er uns den Buggy bereit machen soll.«
»Na schön.« Abbey war nicht begeistert, aber sie sagte sich, dass sie unterwegs ja nach den entlaufenen Böcken Ausschau halten könnte. Sie ging nach oben und zog sich um.
Als sie einige Minuten später aus dem Haus trat, sah sie Clementine mit Sybil bei dem Buggy stehen, den Michael vor die Tür gefahren hatte. Abbey, die nicht gewusst hatte, dass Clementine auch mitkommen würde, versteinerte.
Sybil bemerkte ihre säuerliche Miene. »Oh, ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass Clementine uns begleiten wird. Sie hat ja praktisch all ihre Sachen bei dem Feuer verloren, deshalb braucht sie auch ein neues Kleid für den Tanzabend.«
Abbey schwieg. Sie war immer noch wütend auf Clementine wegen der Geschichte mit Jack. Sie kletterte nach hinten, damit Sybil und Clementine nebeneinander sitzen und plaudern konnten. Ihr war ohnehin nicht nach Reden zumute.
Nicht weit vom Haus entfernt fuhren sie an Elias und Jack vorbei, die zu Pferde das Gelände absuchten.
»Schon irgendeine Spur von den Böcken?«, rief Sybil ihrem Sohn zu.
»Nein«, gab Jack bissig zurück.
»Ich werde unterwegs nach ihnen Ausschau halten«, versprach Abbey, Jack würdigte sie keines Blickes. Seine feindselige Haltung verletzte sie tief, aber im Moment konnte sie nichts dagegen tun. Er gab ihr die Schuld für den Verlust seiner Tiere. Das Schlimmste aber war, dass sie seinen Verdacht nicht zurückweisen konnte, weil sie sich selbst nicht mehr hundertprozentig sicher war, ob sie das Gatter tatsächlich zugemacht hatte.
Samstagmorgens herrschte reger Betrieb in Clare, weil viele Farmer mit ihren Familien zum Einkaufen in die Stadt kamen. Die drei Frauen schlenderten inmitten des Gedränges über den Bürgersteig und betrachteten die Auslagen in den Schaufenstern. Abbey fühlte sich nach wie vor unwohl und tappte mehr oder weniger lustlos hinter Sybil und Clementine her. Vor dem Laden, in dem die Erzeugnisse der Landfrauenvereinigung verkauft wurden, wandte sich Sybil zu ihren beiden Begleiterinnen um und sagte, sie würde sich drinnen gern nach etwas Passendem für den kleinen Gerald umsehen.
»Ich warte solange hier draußen«, sagte Abbey.
Sybil musterte sie besorgt. »Sind Sie sicher?«
»Ja, ja, gehen Sie nur.«
Sybil zögerte, weil Abbey blass und elend aussah. »Wie Sie meinen.« Sie wandte sich an Clementine. »Würden Sie vielleicht bei Abbey bleiben?«
»Aber ja.« Abbey war anscheinend böse auf sie, und sie hätte gern unter vier Augen mit ihr gesprochen.
»Das ist nicht nötig«, sagte Abbey hastig. »Gehen Sie nur mit hinein und helfen Mrs. Hawker beim Aussuchen.«
»Das macht mir wirklich nichts aus«, versicherte Clementine, »ich wollte sowieso mit Ihnen reden.«
Sybil hatte kaum den Laden betreten, als Abbey
Weitere Kostenlose Bücher