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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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geholfen, wenn er umgebracht wird? Soll er doch seine Untaten auf eine andere, heilsamere Art büßen. Ich würde auf ein mildes, günstiges Schicksal hoffen.«
    »Darauf würde ich an deiner Stelle – an der Stelle der besagten Mutter, meine ich – auch hoffen. Aber ich bin keine Mutter. Ich muss andere Menschen beschützen.«
    »Also wirst du deine Pflicht tun?«
    »Es gibt mehr als nur eine einzige Pflicht in diesem Fall, und es stellt sich die Frage, welche ich erfüllen soll.«

    »Du zögerst?«
    Er nickte. Vaonila war auf der richtigen Spur und hatte die Wahrheit über Tupu erahnt. Doch von der Hochzeit konnte sie nichts wissen und auch davon nicht, dass Tristans Zukunft auf dem Spiel stand, wenn Tupu sein Geheimnis über die heimliche Ehe preisgab. Am liebsten hätte er sie gefragt, was sie an seiner Stelle täte. Vaonila auf seiner Seite zu haben, würde ihm manches leichter machen. Doch eine solche Überlegung war schlichtweg unmöglich. Er konnte nicht verlangen, dass eine Mutter ihren eigenen Sohn auslieferte, und sei es nur in einem Gespräch.
    »Ich danke dir«, sagte sie zum Abschied und legte ihre Hand auf seine.
    Am achten Tag nach den Morden erschien, ohne Vorankündigung, Oberst Rassnitz auf Savaii. Natürlich hatte Tristan gleich nach der Tat einen Bericht nach Apia geschickt, der dort, wie nicht anders zu erwarten war, für erhebliche Unruhe sorgte. Zum ersten Mal seit vielen Jahren waren Deutsche in Samoa von – vermutlich – Einheimischen getötet worden, und der Gouverneur sowie Oberst Rassnitz wünschten, laufend über den Stand der Ermittlungen unterrichtet zu werden. Zu Löblichs und der Nonnen Beerdigung waren jedoch außer Tristan keine hochgestellten Persönlichkeiten erschienen, nur ein paar Siedler und alle Dorfbewohner von Pataivai. Den meisten Deutschen war Ordinarius Löblich entweder zu anrüchig gewesen oder zu unorthodox in seinem Verhalten, und mehr als eine förmliche Beileidsbekundung an die Diözese abzuschicken brachten sie nicht zustande.
    »Herr Leutnant«, begann Rassnitz mit leicht gerötetem Kopf. »Was unternehmen Sie eigentlich gegen die Rebellen? Zuerst ein Überfall mit Blutbeuteln auf die Gouverneursgattin nebst totem Polizisten, jetzt drei ermordete Geistliche. Schlafen Sie hier nur, oder wie?«

    »Diese Überfälle hätten genauso gut auf Upolu passieren können, Herr O…«
    »Ich bin noch nicht fertig«, schnitt ihm Rassnitz das Wort ab. »Wir haben es mit Zügen eines Aufstands zu tun, ist Ihnen das eigentlich klar? Mit herkömmlichen polizeilichen Ermittlungen kommen wir nicht weiter.«
    »Darf ich sprechen, Herr Oberst?«
    »Jetzt dürfen Sie.«
    »Ich habe eine Belohnung für Hinweise auf den oder die Täter ausgesetzt. Wir haben alle Leute von Pataivai, die am nächsten am Geschehen waren, einzeln befragt. Und wir …«
    »Haben Sie jemanden in Haft genommen?«
    »Wie ich bereits sagte, gibt es vom Täter derzeit noch keine Spur.«
    »Das war nicht die Frage. Ob Sie irgendjemanden in Haft genommen haben, will ich wissen.«
    »Ich verstehe nicht, Herr Oberst. Wieso sollte ich irgendjemanden …«
    »Um Druck auszuüben selbstverständlich. Herrgott, Sie kapieren wohl gar nichts ! In Deutsch-Südwestafrika haben wir während des Herero-Aufstandes ganze Dörfer arretiert und Einzelne erschossen, wenn sie uns nicht mit Informationen weiterhelfen wollten.«
    »Unschuldige?«, staunte Tristan. »Sie haben unbeteiligte Menschen erschossen, nur um die Rebellen …«
    »Im Krieg gibt es keine Unschuldigen und Unbeteiligten, Leutnant.«
    »Ich bezweifle, dass wir Krieg haben, Herr Oberst. Wie viele Mau gibt es wohl in ganz Samoa? Dreißig? Vierzig? Hier leben mehr als hunderttausend Einheimische.«
    »Sie sind zu weich«, sagte Rassnitz mit blitzenden Augen. »Ich habe das mehrmals dem Gouverneur gesagt, aber bei dem hatten Sie bisher einen Stein im Brett, warum auch immer.
Seit Ihrem schändlichen Verhalten gegenüber Fräulein Hanssen hat sich das zum Glück geändert. Ihr Betragen in dieser Sache war ausgesprochen unehrenhaft und …«
    »Ich versichere Ihnen, Herr Oberst, dass Fräulein Hanssens Behauptungen …«
    »Was fällt Ihnen ein, mich zu unterbrechen?«, schrie Rassnitz. »Nehmen Sie Haltung an, Leutnant.«
    Tristan stand augenblicklich gerade wie ein Pfahl, so wie es ihm in den Jahren seiner Militärlaufbahn eingetrichtert worden war.
    »Sie«, fuhr Rassnitz leiser, aber wutschnaubend fort, »haben keinerlei Anstand, keine Ehre. Ihr Bruder

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