Der Duft der Rosen
letzten Nacht. Doch der Arzt hatte ihr strenge Ruhe verordnet, weshalb die Schwester sie zum Abschied drängte. Als sie hinausgingen, stand Miguel vor der Tür.
Zach presste die Kiefer aufeinander. “Wir müssen miteinander sprechen”, sagte er finster.
Miguel nickte nur. Er sah ausgezehrt aus und älter als seine neunundzwanzig Jahre. Seine Augen waren blutunterlaufen, das Gesicht ein bisschen aufgedunsen. Elizabeth fragte sich, ob er einen Kater hatte.
Da die Wartezone besetzt war, führte Zach sie aus dem Gebäude heraus. Draußen wurde es bereits heiß, was durchaus Zachs Stimmung zu entsprechen schien. Er nahm kein Blatt vor den Mund.
“Ihre Frau ist letzte Nacht fast gestorben.”
Miguel schluckte. “Ich weiß. Ich bin nach Hause gefahren, als ich davon erfuhr.”
“Sie meinen, sobald Sie aus der Kneipe zurück waren”, sagte Zach.
Miguel blickte zur Seite.
“Was ist los, Miguel?”, fragte Elizabeth. “Sie waren doch nie einer, der viel trinkt. Und seit Kurzem scheinen Sie ständig betrunken zu sein. Falls irgendwas nicht in Ordnung ist, können wir vielleicht helfen.”
Er strich sein glattes schwarzes Haar zurück. Es war ungewaschen und viel zu lang, als wäre es seit einiger Zeit nicht mehr geschnitten worden. “Ich weiß nicht, was nicht stimmt. Seit Kurzem bin ich so ruhelos, wissen Sie? Vielleicht wegen des Babys. Ich werde plötzlich wütend und weiß nicht, warum. Manchmal muss ich einfach weg.”
“Haben Sie und Maria Probleme miteinander?”
Er schüttelte den Kopf. “Ich liebe meine Frau. Ich habe sie vom ersten Moment an geliebt.”
“Was ist mit dem Baby? Wie stehen Sie dazu, ein Kind zu bekommen?”
“Ich will dieses Baby. Ich liebe es bereits jetzt. Maria hat letztes Jahr ein Kind verloren. Wir beide wünschen uns dieses Kind. Ich kann es kaum erwarten, Vater zu werden.”
“Wenn das so ist”, schaltete Zach sich ein, “dann sollten Sie Maria nicht daran hindern, aus dem Haus auszuziehen.”
Miguel versteifte sich. “Wovon reden Sie?”
“Sie ist völlig verängstigt, Miguel”, sagte Elizabeth. “Ich weiß, dass Sie nicht an Geister glauben, doch ich war gestern Nacht in dem Haus. Ich sah das kleine Mädchen – ich sah die schrecklichen Dinge, die sich in dem Raum abspielten. Maria kann dort nicht bleiben. Sie ist beinahe gestorben. Und sie wird sterben, wenn sie dort nicht auszieht.”
Miguel blickte zu Boden und schwieg ein paar Sekunden. Als er wieder aufsah, standen ihm Tränen in den Augen. “Es tut mir leid. Ich werde einen Ort für sie finden, an dem sie bleiben kann.”
“Sie kann bei mir wohnen.”
Er schüttelte den Kopf. “Sie ist gern mit ihresgleichen zusammen. Sie kann bei Señora Lopez wohnen. Sie und ihr Mann leben in einem der anderen Häuser. Sie haben ein zweites Schlafzimmer und keine Kinder. Auf die Art bin ich in der Nähe, wenn Maria mich braucht.”
Elizabeth dachte kurz darüber nach und hielt den Vorschlag für einen guten Kompromiss. Maria konnte vermutlich damit leben. Sie warf Zach, dessen Kiefer noch immer verspannt wirkte, einen Seitenblick zu. Er nickte leicht mit dem Kopf.
“In Ordnung”, sagte Elizabeth. “Wenn Maria aus dem Krankenhaus entlassen wird und außer Gefahr ist, kann sie bei Señora Lopez wohnen. Doch ich möchte Ihr Wort, Miguel. Sie werden nichts tun, was sie aufregen könnte. Und Sie hören mit dem Trinken auf.”
Er schluckte wieder und blickte schuldbewusst zur Seite. “Ich verspreche es.”
“Danke.”
Mit ihrem Gepäck im Kofferraum und dem beruhigenden Gefühl, dass Marias dringlichste Probleme gelöst waren, verließen sie das Krankenhaus und fuhren auf den Highway. In Santa Clarita legten sie einen Stopp ein, um im Red Lobster zu Mittag zu essen, dann fuhren sie weiter nach Van Nuys, wo der Detective lebte, der an dem Fall des vermissten Mädchens gearbeitet hatte.
Ian Murphy hatte die Verabredung auf drei Uhr gelegt. Wenige Minuten vorher hielten sie vor dem kleinen Reihenhaus in einer Vorortsiedlung gleich neben dem Freeway.
“Bist du bereit?”, fragte Zach, als er den Sicherheitsgurt löste. Er war leger gekleidet. Seine Miene war undurchdringlich. Doch obwohl das schon den ganzen Morgen so gewesen war, hatte sie immer wieder seine Augen auf sich gespürt und bemerkt, wie die goldenen Sprenkel in ihnen funkelten, als würden sie gleich ein Feuer entfachen.
Elizabeth empfand die gleiche Hitze, sobald sie ihn nur ansah. Sie hatte sich vom ersten Moment an zu Zach hingezogen
Weitere Kostenlose Bücher