Der Duft der roten Akazie
Delirium«, fuhr sie fort. »Du hast von Kalifornien gesprochen, von Nancy und davon, dass du für sie einen Mann getötet hast. Mir hast du weisgemacht, du hättest nie jemanden umgebracht. Das war gelogen.«
»Ja«, räumte er ein. »Das war gelogen. So etwas erzählt man schließlich nicht der Frau, die man liebt, oder? Nicht, wenn man möchte, dass sie einem vertraut – wenn sie einem vertrauen muss, um zu überleben.«
»Ich habe dir, was Doktor Rawlins’ Warnung anging, auch vertraut, und er wäre beinahe ermordet worden. Vielleicht wäre es besser für mich gewesen, wenn die Polizei Eben und Nancy verhaftet hätte.«
»Und mich?«, beendete er den Satz mit einem spöttischen Grinsen.
»Es könnte ja sein, dass du schuldig bist.«
»Nein«, sagte er. »Ich habe Rawlins’ Hütte nicht angesteckt. Das war sicher Nancys Werk. Und von ihren Geschäften in Sawpit Gully habe ich erst erfahren, als Eben es mir erzählt hat. Ich bin nur deinetwegen hingefahren. Ich dachte, es wäre das Risiko wert. In diesem Punkt habe ich einen Fehler gemacht, doch ich konnte das nicht wissen. Meine einzige Schuld ist, Eben zum Bruder zu haben und mich für ihn verantwortlich zu fühlen. Schließlich hat er früher für mich gesorgt.«
»Und Nancy?«
Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Über sie weißt du ja Bescheid. Ich habe dir alles geschildert.«
»Du hast mir verschwiegen, dass du für sie einen Mann getötet hast.«
Als er vor Schmerzen das Gesicht verzog, war sie versucht, ihn aufzufordern, sich wieder im Zelt schlafen zu legen und ihre Frage zu vergessen. Doch dafür war es zu spät.
»Du kennst Nancy«, meinte er leise. »Sie hat etwas an sich, eine Schlagfertigkeit und Klugheit, die anziehend wirkt. Als ich mit ihr zusammen war, hat sie dafür gesorgt, dass ich mich wie der Größte gefühlt habe. Ich habe auf ihr Lokal aufgepasst und Störenfriede vor die Tür gesetzt. Es gefiel ihr, wenn ein Mann seine Fäuste gebrauchen konnte. Du weißt nicht, wie es bei uns Leuten aus Sydney zuging. Wir haben unsere eigenen Gesetze gemacht. In manchen Teilen von San Francisco hatten nur wir das Sagen.«
»Wer war der Mann, den du umgebracht hast?«
Die Frage holte ihn in die Gegenwart zurück. Er warf ihr einen beinahe amüsierten Blick zu, als bewundere er ihre Beharrlichkeit.
»Nur ein Gast. Nancy befürchtete, er könnte sich an die Behörden wenden. Er wisse Dinge über sie, die sie Kopf und Kragen kosten würden. Die Amerikaner haben, was das Aufknüpfen von Gefangenen betraf, nicht lange gefackelt. Manchmal gab es nicht einmal eine Gerichtsverhandlung. Nancy hat mir eingeredet, sie habe Angst davor, verhaftet und hingerichtet zu werden. Er oder ich, sagte sie. Sie hat mich gebeten … sie hat mich regelrecht angefleht.«
Er holte Luft. »Es war nicht so, wie du meinst. Ich bin nicht in der Absicht zu ihm gegangen, ihn zu töten. Ich wollte nur mit ihm reden und ihm drohen. Aber er hat sich geweigert, mit mir zu verhandeln. Stattdessen hat er mir Dinge über Nancy verraten, die ich nicht hören und nicht glauben wollte. Da habe ich ihn geschlagen. Er hat sich gewehrt. Alles hätte noch ein glimpfliches Ende nehmen können, wenn er kein Messer gehabt hätte. Es war eines dieser großen Bowiemesser, mit denen die Goldgräber in Kalifornien so gern herumfuchteln. Als er es zückte, war die Sache klar. Er oder ich.«
»Und du hast gesiegt.«
»Ich habe gesiegt. Danach habe ich die Leiche in die Bucht geworfen und Nancy gemeldet, ich hätte getan, was sie von mir verlangt hat. Allerdings hatten sich meine Gefühle für sie dadurch geändert. Ich habe etwas Dunkles in ihr erkannt. Es war wie ein Schatten. Und ich beobachtete, wie sie diesen Schatten auf andere übertrug, bis sie nichts Gutes mehr in sich hatten. Also habe ich San Francisco verlassen und bin in die Hügel gegangen, um nach Gold zu graben. Erst in Sawpit Gully habe ich sie wiedergesehen.«
Als Ella ihn forschend musterte, war sein Blick klar. »Ich bin froh, dass du mir das alles anvertraut hast. Wenn wir zusammenbleiben wollen, muss ich die Wahrheit über dich wissen.«
Er lachte und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Rippen. »Die tun noch verdammt weh.«
»Was ist mit dem Rest?«
Vorsichtig tastete er Gesicht und Nase ab. »So einigermaßen. Die Rippen sind am schlimmsten.«
»Eddie sagt, wir könnten nach Melbourne reiten und dort ein Schiff nach Sydney nehmen. Das würde nicht so lange dauern und wäre weniger
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